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Landtag, 7. Sitzung vom 23.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 62

 

(Beginn um 9.04 Uhr.)

 

Präsident Ernst Woller: Schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Die 7. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

09.05.04Entschuldigt sind ganztägig Frau Lhptm-Stv.in Gaál, Herr Amtsf. StR Hacker, die Abgeordneten Aslan, Berner, Kickert und Laschan. Zeitweise entschuldigt ist Herr Amtsf. StR Hanke ab 11 Uhr, die Frau Abg. Bakos ab 15 Uhr, Abg. Novak bis 10 Uhr, Abg. Otero Garcia bis 12 Uhr und Abg. Oxonitsch bis 11 Uhr.

 

09.05.38 Wir kommen zur Fragestunde.

 

9.05.56†Lhptm Dr. Michael Ludwig - Frage|

Die 1. Anfrage (FSP-745268-2021-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Berger gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Der medialen Berichterstattung war vor kurzem zu entnehmen, dass die MA 35 als Staatsbürgerschaftsbehörde insgesamt 17 Verfahren einleitete, um mutmaßlichen IS-Kämpfern die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Bisher haben neun Personen diese rechtskräftig verloren. Für Wien sei die Sache laut Landesregierung nun so gut wie erledigt. Der Herr Landeshauptmann hat aber noch vor kurzem gesagt: 'Wer sich einer Terrororganisation anschließt und an Kampfhandlungen des IS beteiligt, hat meiner Ansicht nach alle Rechte der österreichischen Staatsbürgerschaft verloren.' Schätzungen der Sicherheitsbehörden zufolge waren es insgesamt etwa 300 österreichische Staatsbürger, die sich als Kämpfer der Terrormiliz anschlossen. Etwa 100 sind zurückgekehrt, viele leben in Wien. Warum wird gegen die anderen IS-Kämpfer kein Aberkennungsverfahren eingeleitet?)

 

Ich ersuche den Herrn Landeshauptmann um die Beantwortung.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Hoher Landtag!

 

Bevor ich die 1. Anfrage beantworte, möchte ich nur eine grundsätzliche Stellungnahme abgeben. Als Bürgermeister und Landeshauptmann bin ich der Republik Österreich verpflichtet und der Bundesgesetzgebung genauso wie den Entscheidungen des Gemeinderates und des Landtages in Wien. Ich habe mich auch in der Vergangenheit nie unter Druck setzen lassen, nicht von politischen Parteien, nicht von Medien und auch nicht von Aktivitäten auf der Straße. Das sage ich deshalb, weil ich auch die Gewährleistung abgeben möchte, dass wir in Zukunft auch hier in diesem Haus politische Entscheidungen so treffen, dass die Mandatarinnen und Mandatare das freie Mandat auch entsprechend ausüben können.

 

Wir werden aus dem Grund heraus die Sicherheitsvorkehrungen verstärken. Ich bedauere das deshalb, weil das Wiener Rathaus nicht nur Sitz von Politik und Verwaltung ist, sondern auch ein sehr offenes Haus, das vor Corona-Zeiten bis zu 1.000 Veranstaltungen durchgeführt hat für die Wiener Bevölkerung und für viele Menschen, die zu uns in die Stadt gekommen sind, und man sollte sich gut überlegen, ob man durch Aktivitäten diese Offenheit des Hauses beeinträchtigt und gefährdet. Denn sicher muss sein, dass die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die Landtagsabgeordneten unbeeinflusst auch von versuchtem Druck auf die Entscheidungen der politischen Gremien ihrer Arbeit folgen können. Von daher werde ich sicherstellen, dass die Sicherheit des Rathauses und damit auch die Sicherheit der Mandatarinnen und Mandatare in Zukunft gewährleistet sein werden.

 

Jetzt zur Beantwortung der Frage 1. Sehr geehrter Herr LAbg. Berger! Zu der von Ihnen angesprochenen Thematik der Staatsbürgerschaftsaberkennung gegenüber IS-Kämpfern oder ehemaligen IS-Kämpfern möchte ich grundsätzlich bemerken, dass Staatsbürgerschaftsbehörden nur dann ein Verfahren zur Überprüfung des staatsbürgerschaftsrechtlichen Status beziehungsweise ein Entziehungsverfahren einleiten können, wenn es einen entsprechenden Sachverhalt zu potenziellen IS-Kämpfern gibt. Wir sind da im engen Dialog auch mit den sicherheitspolizeilichen Organisationen, insbesondere mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

 

Ich betone das deshalb, weil wir hier diesen Informationsfluss benötigen, um die Entscheidungen dann in der Magistratsabteilung 35 auch zu treffen. Das sind sehr komplexe Verfahren. Ich habe das gestern schon bei der Anfragebeantwortung im Gemeinderat dargestellt, dass die MA 35 sehr schwierige, sehr komplexe Verfahren zu begleiten hat. Diese zählen zu den besonders schwierigen, weil hier Kampfhandlungen im Ausland auch entsprechend dargestellt werden müssen, um eine entsprechende Aberkennung der Staatsbürgerschaft einleiten zu können. Von der Magistratsabteilung 35 wurden bisher 17 einschlägige Entziehungsverfahren eingeleitet. Ich möchte das vielleicht noch unterteilen. In neun Fällen ist die ausgesprochene Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits rechtskräftig geworden, in zwei Fällen ist das Beschwerdeverfahren gegen die Entziehung beim Verwaltungsgericht Wien noch anhängig, und in einem Fall wurde der Bescheid vom Verwaltungsgericht Wien letztlich aufgehoben. In einem weiteren Fall war das Verfahren einzustellen wegen der Minderjährigkeit der belangten Person. In den übrigen vier Fällen sind die Entziehungsverfahren momentan noch im Laufen und laut Information der Magistratsabteilung 35 sind die Rückmeldungen anderer Behörden oder auch der Verfahrensparteien, die in diesem Verfahren mit einbezogen sind, noch abzuwarten.

 

Die Magistratsabteilung 35 hat von anderen Behörden insgesamt 98 Personen im Hinblick auf einen Zusammenhang mit IS mitgeteilt bekommen. Abgesehen von den bereits erwähnten 17 Fällen ergab sich beim Rest der Fälle bereits eine erste Prüfung und zwar in die Richtung, dass hier keine Grundlage für ein Entziehungsverfahren besteht, und zwar aus unterschiedlichen Gründen. Zum einen: Es lag keine österreichische Staatsbürgerschaft vor, die zu entziehen sein könnte. Zum Zweiten: Es lag keine Doppelstaatsbürgerschaft vor. Das ist eine Voraussetzung für die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Es gibt die Zuständigkeit eines anderen Bundeslandes oder nach Auskunft des LVD gibt es keine Beweise, dass an Kampfhandlungen tatsächlich teilgenommen wurde.

 

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