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Landtag, 6. Sitzung vom 13.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 34

 

Die Abgeordneten Dr. Kurt Stürzenbecher, Ing. Christian Meidlinger, Yvonne Rychly, Katharina Weninger und Markus Ornig haben am 2. September 2021 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend eine Abänderung des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 und des Gesetzes über die Organisation der Abgabenverwaltung und besonderer abgabenrechtlicher Bestimmungen in Wien eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke zugewiesen.

 

09.12.07Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens. Ich eröffne die Debatte. Zur Begründung als Erstrednerin hat sich Frau Abg. Mag. Malle zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich bemerke, dass ihre Gesamtredezeit 30 Minuten beträgt. Ich ersuche um die Begründung.

 

9.12.25

Abg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE)|: Herr Präsident! Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Auch im Namen unserer Fraktion möchte ich an dieser Stelle noch einmal unsere tiefe Betroffenheit angesichts der traurigen Nachrichten ausdrücken, die uns in den letzten Wochen erreicht haben.

 

Zum heutigen Sonderlandtag: In Wien ist die Schule ja bereits vor einer Woche gestartet, in anderen Bundesländern geht sie heute wieder los. Im Namen der GRÜNEN Wien darf ich allen SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern einen schönen und sicheren Schulstart wünschen. Dass die Schule in Präsenz und ohne Schichtbetrieb starten kann, freut uns, die Mehrheit der Eltern und vor allem auch die vielen jungen Menschen, die die Maßnahmen so solidarisch mitgetragen haben.

 

Und doch ist diese Pandemie noch nicht vorbei. Mitten in einer Pandemie kündigt die rot-pinke Stadtregierung zwei Wochen vor Schulschluss eine Reform im Bildungsbereich an, die auch der Grund ist, warum wir heute diesen Sonderlandtag einberufen. Wir wissen, Sie hätten dieses Thema gerne weg, sonst hätten Sie Ihre Reform nicht kurz vor Schulschluss kommuniziert, wahrscheinlich um die Kritik aller Beteiligten möglichst leise zu halten. Der Protest der Eltern und der Kinder war trotzdem laut. Fast 3.000 Leute, Eltern, LehrerInnen und Kinder, haben sich zum Schulschluss trotz Corona gegen Ihre Politik gestellt. Und auch heute stehen diese Eltern, wie wir gerade gehört haben, vorm Rathaus.

 

Über den Sommer ist der Protest also keinesfalls verschwunden. Eine Mutter schrieb uns, ich zitiere: „In den beiden Elternabenden meiner Kinder ist mir erst bewusst geworden, wie viel gestrichen wurde. Mein jüngerer Sohn ist in einer neuen Klasse, eine Englischstunde weniger, kein Teamteaching mehr.“ Wir hätten wirklich mit sehr vielem gerechnet, aber nicht, dass der erste Sonderlandtag der GRÜNEN seit zirka elf Jahren sich mit einer verkorksten Bildungsreform der NEOS befassen muss. Warum verkorkst? Transparenz, mehr Chancengerechtigkeit, bessere Planbarkeit, das waren die Anliegen eurer sogenannten Bildungsreform und das klingt aufs Erste ja gar nicht einmal so schlecht. Kurz zum Hintergrund: Der Bund finanziert LehrerInnenplanstellen, für das kommende Schuljahr sind das 130 mehr in Wien, die vom Bund bezahlt werden, Wien verteilt dann diese Stunden. Dieses System sollte reformiert werden, indem nun angeblich klarer sein sollte, welche Schulen aus welchen Gründen welche Mittel bekommen. Das klingt auch zuerst einmal noch recht gut. Was aber in der Theorie gut klingt, hat sich in der Praxis als Riesenflop und vor allem als Etikettenschwindel herausgestellt. Wieso?

 

Erstens: Jede Schule erhält ein Basiskontingent, das bisher nach der Anzahl der Klassen berechnet wurde. Nun zählt die Anzahl der SchülerInnen mit einem Teilungsfaktor von 25. Da nicht mehr die Klassen, sondern je 25 Kinder zählen, hat das zur Folge, dass die kleineren Klassen, Schulen, die kleine Klassen haben, finanziell bestraft werden. Sie zwingen die Schulen, ihre Klassen anzufüllen. Das macht nicht nur individuelle Förderung für alle Kinder, speziell im Integrations- und Inklusionsbereich, schwieriger. Ihre Reform bewirkt, dass Gutes bestraft wird. Statt diese Schulen vor den Vorhang zu holen, statt von diesen Schulen zu lernen, kürzt man ihnen die Mittel. Gleichwenig Chancen für alle - ist das eure Auffassung von Gerechtigkeit? Ist das euer Minichancenindex, gute Projekte einzusparen, sie wegzukürzen, den Schulen jede Motivation zu nehmen, jemals wieder ein Projekt einzureichen? Eine Reform ist per definitionem, ich zitiere: „eine sukzessive, planmäßige und gewaltlose Umgestaltung und Verbesserung bestehender Verhältnisse.“ Zitat Ende. Wenn sich die Verhältnisse aber nicht verbessern, ist entweder die Reform schlecht oder es ist keine Reform. Diese Reform ist eine der größten Rückschritte in der Wiener Bildungspolitik seit Langem, meine Damen und Herren, und zwar mit den NEOS!

 

Zweitens: Es soll zweckgebundene Mittelstunden für Deutschklassen, et cetera geben. Mittel auf Grund der Ergebnisse bei den Bildungsstandardtestungen fallen in diese Kategorie, die in einem Index dargestellt werden. Leider sind die Bildungsstandardtestungen aus 2016 ziemlich veraltet. Einige Schulen waren damals noch nicht einmal gebaut. Wie fair, wie vergleichbar sind denn eigentlich eure Zahlen, darf man sich fragen.

 

Drittens: Gibt es dann noch Zuschüsse für Inklusionen, Projekte, darunter fallen beispielsweise auch die Mehrstufenklassen? Das ist auch so ein Bereich, in dem gekürzt wird. Ausgerechnet bei den Mehrstufenklassen, die sich gerade bei SchülerInnen, die im normalen System unter- oder überfordert sind, so bewährt haben und extrem wichtig für den Aufbau sozialer Kompetenzen sind, wird gekürzt ohne Not. Daher bringen wir heute den Antrag ein, damit alle Schulen ihre Mehrstufenklassen weiterführen können.

 

Liebe NEOS, ihr nennt eure Reform selbst Minichancenindex und die Idee, Kindern, die mehr brauchen, mehr zu geben ist gut. Allerdings habt ihr allerdings entweder das Ziel auf dem Weg dort hin vergessen oder ihr schafft es ganz einfach nicht dort hin. Warum? Mit eurer Reform, die mehr Gerechtigkeit im Schulsystem herstellen soll, verlieren - ich nenne es bewusst, verlieren, den neoliberalen Verwertungslogiken entsprechend redet man ja dieser Tage gerne von Gewinnern und

 

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