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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 93

 

Ich möchte nun aber vom Thema Corona weggehen und ein bisschen in ein Thema hineingehen, das uns im vorigen Jahr auch des Öfteren beschäftigt hat. Ich darf da eine Passage zitieren, die für mich in dieser Begrifflichkeit null nachvollziehbar war. Und zwar steht da drinnen: „Im Mai griffen rechtsnationalistische Jugendliche im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten politisch aktive Menschen an.“ Und dann geht es eben weiter.

 

Meine Damen und Herren, wenn ich mir das so durchlese, dann muss ich feststellen, dass das eigentlich an der Wirklichkeit und an der Wahrheit ziemlich vorbeigeht. Wenn man das liest, könnte man vielleicht als Erstes zu der Annahme gelangen, da gehe es um irgendwelche Hooligans oder um irgendeine Skinhead-Szene. Es war aber schlichtweg so, dass dort türkische Graue Wölfe herumgelaufen sind. Es waren Typen dabei, die „Allahu akbar“ gerufen haben und dann durch den 10. Bezirk gelaufen sind, die dann in Silvesternächten Schaufenster eingeschlagen haben, Mistkübel angezündet haben, diese quer durch die Straßen geworfen haben, die Kircheneigentum beschädigt haben, auch bei so mancher Kirche in Favoriten ins Weihwasser uriniert haben. Da, meine Damen und Herren, halte ich politische Korrektheit für vollkommen unangebracht, insbesondere auch in einem Bericht, in dem es um Kinder und Jugendliche geht. Ich halte das eigentlich für einen unverantwortlichen Euphemismus, dass man hier so realitätsfremd ist und aus politischer Korrektheit nicht die Dinge oder die Personen gewissermaßen beim Namen nennt. Wenn man das nicht tut, dann - das behaupte ich an dieser Stelle schon ganz offen - ist man nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, wenn man offensichtlich seine Augen davor verschließt.

 

Im Zusammenhang mit dem Ganzen - ich und unsere Fraktion, wir kritisieren das heute auch nicht zum ersten Mal -: Das Thema politischer Islam kommt in diesem Bericht eigentlich überhaupt nicht vor. Es ist mittlerweile durchaus gang und gäbe, dass man sich mit dem Thema befasst, insbesondere bei Jugendlichen. Es gibt eine Vielzahl von Studien dazu, es gibt auch eine Vielzahl von Studien zu Antisemitismus seitens Migranten. Und um vielleicht einmal im Wording der aktuellen Situation zu bleiben: Migrantischer Antisemitismus ist mittlerweile in Österreich beziehungsweise in Europa die dominierende Variante, wenn man es einmal so nennen will. Auch dieser Bereich wird hier vollkommen ausgelassen, dies ist aber ein sehr brennendes Thema. Es gibt dazu Studien - unlängst eine aus Innsbruck, aber auch welche aus Deutschland -, wonach 60 Prozent aller, die in der 1. Generation in Österreich sind, antisemitische Vorbehalte haben. Wir haben das bei der jüngsten Krise in Israel gesehen: Die, die als Erste auf der Straße waren, die israelische Fahnen verbrannt haben, die mit eindeutigen Parolen unterwegs waren, das waren nicht irgendwelche Glatzerten oder sonst irgendetwas in dieser Richtung, sondern die kamen aus eindeutigen Bevölkerungskreisen - und auch das wird in diesem Bericht null angeführt.

 

Ich finde das insofern auch recht verwunderlich, weil es mittlerweile auch Personen gibt, die aus den Fesseln, aus den Ketten vielleicht, die in der Vergangenheit aus der politischen Korrektheit heraus auferlegt wurden, einfach ausbrechen. Ich darf zum Beispiel nur an Frau Wiesinger erinnern, die ja selbst sozialdemokratische Personalvertreterin war, die mittlerweile Bücher über dieses Thema schreibt. Hier in diesem Bericht in der Stadt Wien kommt das aber genau nicht vor, meine Damen und Herren. Ich glaube, hier gibt es einiges an Aufholbedarf und hier muss man unbedingt nachziehen.

 

Relativ detailliert im Bericht angeführt sind Zahlen zum Konsumverhalten, auch zum Thema Gewalt. Das ist löblich, ist sehr anschaulich, aber auch da, bin ich der Meinung, könnten wir nachziehen, insbesondere beim Thema Gewalt. Selbst bei Jugendzentren, die jetzt von der Stadt auf die Beine gestellt wurden beziehungsweise subventioniert werden, gibt es Betreuer, dort gibt es Pädagogen, die sagen: Ja, natürlich, in manchen Kulturkreisen ist das Thema Gewalt durchaus vorherrschender oder ausgeprägter als in anderen. - Auch da würde ich mir wünschen, dass man in Zukunft vielleicht eine Aufschlüsselung einführt, was insbesondere den Migrationshintergrund anbelangt. Ich kenne Präsidenten oder Obleute von Fußballvereinen, die selbst durchaus sagen: Ja, so um die Generation U8 bis U10 herum geht es in den Fußballvereinen, aber wenn die dann in die Pubertät kommen, dann werden halt die Probleme sehr gerne mit den Fäusten oder eben nicht mehr mit Worten ausgetragen. Deshalb halten wir in diesem Gewaltbereich eine dahin gehende Aufschlüsselung auch für notwendig.

 

Insgesamt, glaube ich, wäre es auch notwendig, den Bericht in Zukunft mehr auf Zahlen zu stützen, um dem Ganzen auch mehr Nachvollziehbarkeit zu verleihen.

 

Ja, das war einmal ein Aspekt, wo man ein bisschen den Eindruck hat, dass es in diesem Bereich eine gewisse politische Schlagseite gibt. Es gibt aber auch noch eine zweite Facette, die mir - sage ich ganz offen - eigentlich am sauersten aufgestoßen ist. Und zwar gibt es da auf Seite 48 ein Kapitel unter dem Titel „Jugendgerechte Polizeiarbeit - ein Widerspruch?“ Und der Untertitel lautet: „Die Polizei: immer dein Freund und Helfer?“ Und da habe ich mir schon gedacht: Servus Kaiser, was steht da jetzt alles drinnen und was kommt da jetzt daher?

 

Also grundsätzlich sage ich Ihnen ganz offen: Wir hatten jetzt zuvor das Thema des Erlernens von Partizipation, Demokratiekultur, und so weiter, und so fort. Wenn in einem Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Exekutivorgane oder deren Vertrauenswürdigkeit in Zweifel gezogen werden - und dies, wie gesagt, von einer Anwaltschaft -, dann halte ich das für sehr, sehr bedenklich. Also ich bin der Meinung - und ich hoffe, wir sind da alle 100 Abgeordnete einer Meinung -, dass es sehr wichtig ist, ein vertrauensvolles Verhältnis zur Legislative, zur Judikative und zur Exekutive in diesem Land zu etablieren, dass wir dieses Vertrauen fördern sollen und nicht mit irgendwelchen Thesen oder Überschriften da Zweifel streuen sollten.

 

Worum geht es im Endeffekt? - Darum: Es geht um einen Fall, in dem ein 16-jähriger Schüler von einem Exekutivbeamten auf 1.700 EUR Schadenersatz und Verdienstentgang verklagt wird. Und dann kommt es:

 

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