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Landtag, 49. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 44

 

Wert verloren haben, mit denen diese Stiftung ausgestattet wurde und auch der größte Teil des Stiftungsvermögens verloren gegangen ist. Wenn wir uns die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg anschauen, als dann die Stadt Wien in sehr, sehr verantwortungsvoller Weise die Sache hier insofern übernommen hat, als man sichergestellt hat, dass dort der Stiftungszweck eingehalten wird, dass die neurologische Betreuung vor allem von Kindern und Jugendlichen gewährleistet wird. Wenn wir uns dann den Vergleich von 1962 anschauen, der heute schon angesprochen wurde, und auch den Bescheid von 1956, dann sehen wir, dass mit diesen Maßnahmen ein Ziel verfolgt wurde. Nämlich dort die bestmögliche medizinische Versorgung von Menschen mit Krankheiten im neurologischen Bereich sicherzustellen und die Anlage an sich mit diesem wunderschönen Garten, der ja, glaube ich, von niemandem in Diskussion gestellt wird. Das ist schon etwas, das zeigt, mit welch großem Verantwortungsbewusstsein hier auch schon in den 20er Jahren und früher ans Werk gegangen wurde.

 

Und es zeigt auch, wie eingangs schon erwähnt, die Parallelität zur österreichischen Geschichte. Schauen wir uns an, wie das jüdische Erbe vor allem in den 20er Jahren, Anfang der 30er Jahre war, wie stark die Wissenschaft, die Kunst, die Kultur von der jüdischen Tradition, vom jüdischen Geist und von der Bereitstellung von Wissen, von Können, von schöpferischer Kraft geprägt waren, dann sehen wir das hier auch an der Geschichte dieser Stiftung ganz besonders.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles, was nach dem Krieg und nach dem Beginn der Zweiten Republik passiert ist, haben wir sehr, sehr gut dokumentiert. Es liegen hier die Dokumente vor, es sind Bescheide ausgestellt worden. Diese Bescheide konnten beeinsprucht werden, konnten theoretisch bis in die Höchstgerichtsbarkeit getragen werden. Wir haben hier sozusagen auch die Rechtssicherheit und das, dem wir aus der jüdischen Geschichte heute auch verpflichtet sind, nämlich die Verantwortung, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten, hat hier auch eine ganz konkrete Entsprechung gefunden.

 

Wo es historisch interessant wird und wo wir wirklich noch vieles aufzuarbeiten haben, das ist vor allem das, was in der Zeit der Monarchie, in der Zeit der Ersten Republik und vor allem auch in der Zeit nach 1938 passiert ist. In diesem Sinne hat die Historikerkommission eine sicher spannende, eine sicher faszinierende, aber auch eine sehr tiefgreifende Herausforderung. Daher freut es mich auch ganz besonders, dass wir in der Zusammensetzung dieser Kommission auch eine gewisse gesellschaftspolitische Breite erkennen können.

 

Wenn ich mir das publizistische Werk der einzelnen Mitglieder der Kommission anschaue, dann sehen wir schon aus diesem publizistischen Werk, dass hier viele gesellschaftspolitische und historische Zugänge abgedeckt werden. Ich halte es in der jetzigen Situation für eine sehr, sehr richtige, eine sehr vernünftige Entscheidung, eine Kommission mit dieser Breite, auch mit dieser inhaltlichen Breite zusammenzusetzen. Die werden sicher eine sehr, sehr spannende Herausforderung zu bewältigen haben, es wird eine faszinierende Arbeit sein. Und wenn wir heute mit so einer sensiblen Thematik umgehen müssen, dann müssen wir uns auch auf die Exaktheit der einzelnen Ergebnisse verlassen können.

 

Historikerinnen und Historiker sind für die Exaktheit ihrer wissenschaftlichen Arbeit berühmt, sehr zum Leidwesen mancher Studierenden, aber das gehört so und das ist wichtig so. Daher Kompliment, alles Gute, wir schauen mit großem Interesse, mit großer Spannung und großer Zuversicht auf die Ergebnisse dieser Historikerkommission.

 

Präsident Ernst Woller: Bitte das Rednerpult zu desinfizieren, Gerhard. - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gara. Ich erteile ihm das Wort.

 

14.16.38

Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geehrter Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte auch ganz kurz auf die Thematik eingehen. Wir haben ja im März diesen Jahres eine Sondersitzung einberufen, die sich genau mit der Thematik der Causa Rothschild-Stiftung beschäftigt hat. Wir wurden damals dafür kritisiert, dass wir das einberufen haben. Ich denke, dass das auch ein wichtiger Baustein war und ist, der letztendlich zu dem führt, was jetzt hier auch berichtet wurde, nämlich der Einsetzung einer Historikerkommission beziehungsweise einer Expertenkommission. Ich halte das für wichtig, richtig und absolut sinnvoll, um einfach dieses Thema auch wirklich von unabhängiger Stelle aufzuarbeiten.

 

Sie wissen, Transparenz ist für uns ein ganz hoher Wert, denn wir haben, das haben meine Vorredner schon gesagt, hier auch eine besondere Verantwortung bei der Aufarbeitung, gerade auch vor dem Hintergrund unseres jüdischen Erbes. Was mir noch wichtig ist - Sie haben es gesagt, Herr LR Hacker -, ist dieses aktive Zugehen und Einbinden der Erben, soweit wie möglich, denn soweit wir erfahren haben, wissen die noch nichts von der Einsetzung einer solchen Expertenkommission. Auch das Thema der Akteneinsicht war bislang noch ein sehr großes Fragezeichen.

 

Ich schließe mich auch den Ausführungen von Kollegen Ulm an, dass die Frage des Untersuchungszeitraums - wenn wir quasi nur bis in die 50er Jahre gehen - schon auch erweitert gehört. Ich glaube, hier geht es auch um ein umfassendes Bild der gesamten Causa, dass wir hier auch ein Stück zurückschauen. Zumal ja abseits 1956, als die Stadt die Stiftung wieder eingerichtet hat - das haben wir auch kritisiert -, das aber eigentlich im Sinne des Stiftungswillens nicht ein unabhängiges Kuratorium war.

 

Ich halte es für wichtig, dass die Expertenkommission breit aufgestellt ist, mit den Experten, die auch Kritiker sind. Ich glaube, auch das ist wichtig, denn das zeigt schon auch ein Stück weit den Willen der Stadt, in dieser Richtung mehr Transparenz walten zu lassen. Wir sind auf das Ergebnis gespannt.

 

Noch einmal der Wunsch nach dieser Kontaktaufnahme, soweit irgendwie möglich. Ich nehme an, dass das auch mehrmals versucht wird. Ich glaube, dass das

 

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