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Landtag, 43. Sitzung vom 12.03.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 14

 

Was ist seitdem passiert? Zunächst wurde die Stiftung nach Stiftungswillen auch von einem unabhängigen Stiftungskuratorium geleitet. Durch die Arisierung durch die Nazis ist diese Stiftung untergegangen und wurde 1957 wiedererrichtet. Allerdings wurde dieses unabhängige Kuratorium nicht mehr wiedererrichtet, sondern die Verwaltung der Stiftung wurde einfach ins Umfeld der Stadt einverleibt, obwohl der Stifterwille ganz klar ein anderer war, nämlich, dass es ein unabhängiges, vom Stifter eingesetztes Kuratorium geben soll. Diese ursprüngliche Organisation ist im Stifterbrief festgehalten, wo das Kuratorium so festgelegt wird: Es soll aus zwölf Personen bestehen und neun von diesen zwölf Personen sollen durch die Stifterfamilie bestellt werden. Die anderen drei sollen von der öffentlichen Hand bestellt werden, aber nur unter Einbindung des Stifterwillens.

 

Und was sehen wir heute? Keine einzige Person aus diesem Kuratorium wurde von der Stifterfamilie nur ansatzweise legitimiert oder bestellt. Ganz im Gegenteil, die Erben der Stiftung sagen ganz klar, dass der Stifterwille hier nicht mehr beachtet wird und dass sie nicht damit d‘accord gehen, dass diese Stiftung mittlerweile innerhalb der Stadt verwaltet wird. Sie wollten eine Unabhängigkeit haben, die von der Stadt auch nicht respektiert wurde. Es wurde von der Stadt leider nie der Versuch unternommen, nach der Nazi-Zeit das Kuratorium wieder so zu errichten, wie es die Stifter haben wollten. Ganz im Gegenteil, man ist davon abgegangen und 2017 hat man sogar die Statuten der Stiftung so geändert, dass das Vermögen an die Stadt fällt, wenn die Stiftung aufgelöst wird. Das ist eine massive Missachtung des Stifterwillens, den wir durch diese Änderung der Satzung 2017 sehen. Was hier gemacht wird, ist, dass man sich selbst als Magistratsabteilung sowohl in die Rolle setzt, die Stiftung zu führen, und gleichzeitig auch die Stiftungsatzung verändert. Das ist eine Inkompatibilität, das ist ein In-sich-Geschäft, das hier eigentlich nichts zu suchen hat. Was ist das Ergebnis davon? Die Stiftung wird nicht von einem Kuratorium, sondern vom Wiener Magistrat verwaltet, und die Stadt Wien ist Letztbegünstigter der Stiftung. Das ist im krassen Widerspruch zum Stifterwillen und damit auch eine Missachtung des Stifterwillens. (Beifall bei den NEOS.)

 

Der Stiftungserbe, ein Enkel von Rothschild, der erst vor ein paar Jahren auf die Thematik intensiver gestoßen ist und sich jetzt auch darum kümmert, möchte den ursprünglichen Zustand der Stiftung wiederherstellen. Das ist sehr verständlich, aber die Stadt kooperiert nicht, der Nachfahre der Stiftung hat nicht einmal Einsichtsrecht in die Akten bekommen. Und das halte ich schon für respektlos dem Erben gegenüber, dass dieser nicht einmal die Möglichkeit bekommt, in die Akten einzusehen, das ist eine eindeutige Missachtung des Stifterwillens.

 

Es geht in diesem Rechtsverfahren nicht nur um eine juristische Frage, die natürlich die Gerichte zu entscheiden haben, sondern es geht auch um die grundsätzliche Frage, wie gehen wir mit diesem Erbe, wie gehen wir mit diesem Teil der Geschichte um. Hier sagt der Nachfahre von Rothschild auch klar, ihm fehlt die nötige Sensibilität in der Erinnerungskultur, weil zum Beispiel noch immer keine Gedenktafel am Rosenhügel erläutert, was denn die Hintergründe waren. Es ist das Mindeste, vor Ort auch eine Gedenktafel anzubringen, im Sinne einer Erinnerungskultur. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ein weiteres großes Thema in dieser Causa ist die Frage, wie mit dem Vermögen der Stiftung umgegangen wurde, vor allem, wie mit den Gebäuden umgegangen wurde, die vom Stifter auch in dem Gedanken überlassen wurden, für die Gesundheitsversorgung der Wienerinnen und Wienern einen Mehrwert zu bieten. Was ist passiert? 2001 ist ein Teil des Stiftungserlöses oder der Stiftungsmasse, das Maria-Theresien-Schlössel im 19. Bezirk, um 6 Millionen EUR von der Stiftung verkauft worden. Die Stiftung wurde schon vom Magistrat verwaltet, und an wen ist verkauft worden? An die Stadt. Das heißt, die Stiftung, verwaltet durch die Stadt, verkauft an sich selbst, und die Gewinne aus diesen Erlösen wurden nach Streitigkeiten dem Krankenanstaltenverbund überwiesen. Damals haben sehr zu Recht auch die GRÜNEN ein Prüfersuchen an das Kontrollamt gerichtet, um die Hintergründe zu analysieren, und sie haben klar von der Enteignung der Rothschild-Stiftung gesprochen, das heißt, diese klaren Worte hat die Grüne Fraktion damals 2005 gefunden.

 

Aber bei diesem einen Grundstück, das verkauft wurde, ist es nicht geblieben, sondern das geht noch weiter. Beim Maria-Theresien-Schlössel haben wir uns angeschaut, wie hoch der Kaufpreis war: Es waren damals 92 Millionen EUR für 10.500 m², das ist ein Quadratmeterpreis von 315 EUR, nach einem Schätzgutachten. Das kennen wir ja auch in vielen anderen Bereichen der Stadt, es gibt Schätzgutachten, die oft weit weg vom Marktpreis sind, auch hier ist der durchschnittliche Preis in der Gegend ungefähr sechs Mal so hoch. Das heißt, hier hat man das Vermögen der Stiftung zu günstig verkauft, an sich selbst, und somit das Vermögen der Stiftung auch sich selbst einverleibt.

 

Was jetzt befürchtet wird, ist, dass das kein Einzelfall ist, sondern dass es weitergeht, nämlich am Areal des Rosenhügels, wo es weitere Gebäude der Stiftung gibt und wo jetzt schon eine Abtrennung der Bauplätze passiert. 2 Bauplätze am Rosenhügel sind schon abgetrennt und 172 Bäume gefällt worden, und hier ist ganz klar auch verständlich, dass sich die Nachfahren des Stiftungsgründers Sorgen machen, was mit der Nervenheilanstalt am Rosenhügel, was mit dem Grundstück passiert: Versucht man auch hier wieder, das Stiftungsvermögen zu verscherbeln, zu verkaufen, und somit auch die Stiftung zu schädigen?

 

Wir hatten die erste Gerichtsverhandlung in dieser Causa, wo auch die Richterin ganz klar den Stiftungswillen gefährdet sieht, das heißt, nicht nur die Erben und wir, sondern auch die Richterin hat das mündlich als ihre Sorge geäußert. Sie versucht natürlich abseits des Gerichtlichen zu einer Einigung zu kommen. Und dort hin geht auch unser Appell: Schauen wir, dass wir behutsam mit diesem historischen Erbe umgehen, schauen wir, dass endlich Gespräche stattfinden, schauen wir, dass wir einen Runden Tisch mit den Stiftungserben machen, um eine gemeinsame Lösung zu finden, um die Erben

 

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