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Landtag, 42. Sitzung vom 28.01.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 72

 

schen Integration, der immer wieder in den letzten 25 Jahren stattgefunden hat, der uns auch letztendlich den Brexit eingebrockt hat. Und ja, es ist richtig, Brexit war eine demokratische Entscheidung, und die gilt es auch zu respektieren. Aber erinnern wir uns doch einmal alle gemeinsam, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist und was wir da im Vorfeld gelesen haben. Da ist ein Bus durch London gefahren, da ist oben gestanden, 350 Millionen Pfund zahle Großbritannien pro Woche in die Europäische Union. Das ist absurd, das ist die Unwahrheit. Die Menschen haben es geglaubt, und der Kampagnendirektor der Leave Campaign, Dominic Cummings, hat in zahlreichen Interviews gesagt, dieser Satz war wahrscheinlich ausschlaggebend für den Ausgang der Abstimmung. Ja, das war eine demokratische Entscheidung, ja, diese demokratische Entscheidung ist natürlich zur Kenntnis zu nehmen, basierend ist sie aber auf Unwahrheiten und auf Manipulationen.

 

Heute, rückblickend kennen wir auch die Zusammenhänge zwischen der Brexit-Kampagne und der Trump-Kampagne, sowohl methodisch als auch personell. Datenunternehmen wie Cambridge Analytica haben tausendfach, millionenfach illegal Daten von Social Media im großen Stil abgesaugt, sie analysiert und dann ganz individuell zugeschnittene Botschaften eingespielt, um das Verhalten der Menschen ganz gezielt zu beeinflussen. Und da sehen wir schon eine große Herausforderung der Europäischen Union, nämlich diese Desinformationskampagnen. Und da ist für mich ganz klar, was es in Europa braucht, um diesen Desinformationskampagnen entgegenzutreten: Bildung, Bildung, Bildung. Sie kennen das: Flügel heben! Aber letztendlich braucht es nicht nur Bildung, Bildung, Bildung, sondern es braucht auch in allen Politikbereichen auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene, aber auch auf lokaler Ebene - und da werden wir morgen im Gemeinderat wieder eine schöne Möglichkeit haben, im Rahmen des Petitionsberichtes darüber zu sprechen - ein Mehr an Beteiligung. Denn je mehr Menschen sich beteiligen, desto widerstandsfähiger wird auch Politik als Gesamtes werden.

 

Und natürlich können wir hier im Wiener Rathaus nicht über die Europäische Union sprechen, nicht über 25 Jahre Österreich in der EU sprechen, ohne den Vorstoß von Landeshauptmann Bürgermeister Ludwig zu erwähnen, der gesagt hat, überall dort, wo die Stadt Wien als Arbeitgeber auftritt, sollen jene bevorzugt werden, die in Wien leben. Ich persönlich finde das befremdlich. Ich persönlich finde das diskriminierend. Ich persönlich finde das falsch. Ich möchte nicht in einem Wien leben, in dem es darauf ankommt, wen du kennst oder woher du kommst, sondern einzig, was du in diese Stadt einbringen kannst.

 

Ja, die Europäische Union hat viele Unzulänglichkeiten, das ist keine Frage. Ich halte aber das politische Konzept der Europäischen Union, der europäischen Integration, eine starke Union, basierend auf den europäischen Werten für alternativlos. Wir brauchen eine mutige, eine selbstbewusste Europapolitik. - Auf in die nächsten 25 Jahre. Alles Gute! (Beifall bei den NEOS. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Alternativlos ist … wer nicht über Alternativen nachdenkt!)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Zu Wort gelangt Frau Abg. Hungerländer. - Bitte sehr.

 

13.40.16

Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Abgeordneter zum Europäischen Parlament! Geschätzte Damen und Herren!

 

Ich möchte zu Beginn an meinen Vorredner anschließen, der ja sehr schön die Bedeutung der Demokratie für die Europäische Union und in der Europäischen Union herausgestrichen hat. Ich möchte das deswegen tun, weil heute ein gutes Beispiel ist, wie teilweise schmissig wir hier mit unserer Demokratie umgehen, mit diesem Wert der Demokratie, wenn ich in die Reihen der Abgeordneten blicke und leere Reihen und absolutes Desinteresse sehe, und das leider besonders bei der SPÖ, die dieses wichtige Thema an sich auf die Tagesordnung gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist traurig, dass wir dem demokratischen Umgang nicht mehr Wert beimessen.

 

Nichtsdestotrotz, 25 Jahre EU-Mitgliedschaft von Österreich ist ein sehr, sehr schönes Thema, um Bilanz ziehen zu können. Das haben meine Vorredner mehr oder weniger auch getan, auch der österreichische Botschafter hat einen sehr faktenbasierten Beitrag in einer Rede dazu geleistet, Dr. Selmayr hat in der „Presse“ dazu geschrieben, Paul Schmidt im „Standard“ und auch weitere zahlreiche Artikel sind in diversen österreichischen Medien erschienen. Sie alle kommen mehr oder weniger bei einem Teil überein, nämlich 25 Jahre Österreich in der EU ist eine Erfolgsgeschichte, aber keine friktionsfreie. Oder in den süffisanten Worten der „NZZ“: „Es ist ein Jubiläum, dessen Erwähnung höchstens ein ebenso mildes wie desinteressiertes Erstaunen auslöst.“

 

Das ist eine leider zutreffende Analyse, aber gleichzeitig eine extrem erstaunliche, hat doch Österreich sehr, sehr durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union vorrangig in wirtschaftlichen Belangen profitiert. Ich muss die ganzen Vorteile, die wir durch die Mitgliedschaft haben, nicht noch einmal aufzählen, das hat der Herr Bürgermeister bereits in epischer Breite gemacht. Ich glaube, es könnte niemand sagen, wie es Österreich heute ohne die Europäische Union gehen würde, und nur wenige könnten seriöserweise sagen, wie es der Union ohne uns, Rot-Weiß-Rot, gehen würde. Klar ist erstens, dass mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die Erweiterung der Union Richtung Osten begonnen hat, und zweitens, dass die EU heute ohne Österreich ein frappantes Loch in ihrer Mitte hätte, und zwar ein größeres und vor allem unlogischeres als es die Schweiz ist. Es würde nämlich ein ganz prägender Teil der europäischen Geschichte und der europäischen Kulturentwicklung fehlen.

 

Es wurde die Europäische Union nicht als Geschichts- und auch nicht als Kulturverein gegründet, sondern als Wirtschaftsgemeinschaft und als großes Friedensprojekt. Damit konnten die deutsch-französischen Spannungen zumindest in ihrer militärischen Hinsicht kanalisiert werden, eingebettet werden, aber die Geschichte lehrt uns leider auch, dass wirt

 

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