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Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 30

 

(Beginn um 9.01 Uhr.)

 

Präsident Ernst Woller: Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich ersuche, die Plätze einzunehmen. Die 2. Sitzung des Wiener Landtages ist somit eröffnet.

 

09.01.29Entschuldigt sind heute zeitweise Herr Amtsf. StR Peter Hanke ab 11 Uhr, Frau Abg. Arapović von 9.30 bis 12 Uhr, Herr Abg. Florianschütz von 13 bis 17 Uhr und Herr Abg. Schober von 10 bis 12 Uhr.

 

09.01.47Wir kommen zur Fragestunde.

 

9.01.50†Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA - Frage|

Die 1. Frage (FSP-1155797-2020-KFP/LM) wurde von Herrn Abg. Maximilian Krauss gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. (Laut einem Zeitungsbericht vom 30. November 2020 haben nach einem Raubüberfall mit fünf Toten in Beirut zwei der mutmaßlich in Wien lebenden dringend Tatverdächtigen nach ihrer Flucht aus dem libanesischen Gefängnis die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Die zuständige MA 35 rechtfertigt sich damit, dass die Betroffenen die Staatsbürgerschaften mit falschen Identitäten erhalten haben. Welche konkreten Prüfmaßnahmen setzt die MA 35 bei der Verleihung von Staatsbürgerschaften, damit sie nicht über falsche Antragsunterlagen getäuscht wird?)

 

Ich ersuche dich um Beantwortung der Frage.

 

Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Schönen guten Morgen, Herr Klubobmann! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich danke für die Frage, weil sie eine gute Möglichkeit eröffnet, auch den gerade herausgekommenen Integrations- und Diversitätsmonitor kurz zu umreißen, weil genau die Frage der Staatsbürgerschaft in diesem Integrationsmonitor, der heuer zum fünften Mal herausgekommen ist, eine sehr wichtige Rolle einnimmt.

 

Die Frage der Annahme der Staatsbürgerschaft ist im Gesamtkontext eines Integrationsprozesses und einer Stadt, in der es sehr, sehr viel Einwanderung gibt, sehr wichtig. Mein grundsätzliches Verständnis ist, dass ich meine Integrationspolitik als Integrationsstadtrat auf Grundlage von Evidenz und Fakten machen möchte, und diese Evidenz und diese Fakten werden durch diesen Integrationsmonitor vorgelegt.

 

Ich halte eine faktenorientierte Integrationspolitik für sehr, sehr wichtig, anstatt einer Integrationspolitik, die auf Populismus, Spaltung und die nächste Schlagzeile schielt. Wenn man sich in diesem Bericht das Kapitel Staatsbürgerschaft genauer ansieht, dann wird ersichtlich, wie die Entwicklung der Einbürgerungsrate in den letzten Jahren stattgefunden hat. Sie war zum Beispiel im Jahre 2002 noch bei über 6 Prozent. Also 6 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, haben sich in einem Jahr dann einbürgern lassen, mittlerweile ist diese Rate bei unter 1 Prozent, das heißt, bei ungefähr 0,8 Prozent.

 

Die Anzahl der Menschen, die sich einbürgern lassen und eingebürgert werden, sinkt prozentual massiv, mit einem Faktor von 10. Das halte ich in einer Stadt, die auch von Einwanderung lebt, durchaus für problematisch, weil es auch bedeutet, dass immer weniger Menschen mitbestimmen und partizipieren können.

 

Mein Ziel als Integrationsstadtrat ist, eine gute Integration von Anfang an zu ermöglichen, aber es auch zu schaffen, dass Menschen, die zugewandert sind, zum Beispiel bei Wahlen auch mitbestimmen können. Bei der Wahl 2020 gab es weniger Wahlberechtigte als 2015, obwohl der Zuzug seit 2015 doch relativ beachtlich war. Das liegt daran, dass es eben auch weniger Einbürgerungen gegeben hat.

 

Bei einem Teilaspekt der Frage bin ich ja durchaus Ihrer Auffassung, nämlich dass eine Staatsbürgerschaft ein hohes Gut ist und davor auch Integration stattfinden muss. Die Staatsbürgerschaft ist aber auch ein Zeichen dafür, dass man sich integrieren möchte, dass man auch Teil der Gesellschaft werden möchte. Damit ist es ein Geschenk für die Person, die die Staatsbürgerschaft bekommt, aber auch ein Geschenk für uns als Gesellschaft, wenn Wienerinnen und Wiener, die hier schon länger leben, sagen, ja, ich möchte österreichischer Staatsbürger, ja, ich möchte österreichische Staatsbürgerin werden.

 

Die Frage war auch, welche konkreten Änderungen ich im Staatsbürgerschaftsverfahren vorhabe. Nachdem das Bundesmaterie ist, ist die rechtliche Änderung recht schwierig oder hier in Wien gar nicht umzusetzen, weil es ein bundesgesetzlicher Rahmen, ein Bundesgesetz ist und in dieses wurde sehr, sehr oft und in den letzten Jahren auch integrationshindernd eingegriffen. Wofür ich mich in Wien einsetzen werde, ist, dass es bundesweit ein integrationsförderndes Staatsbürgerschaftsrecht gibt, mit Kriterien, mit Integrationsanforderungen, aber auch wirklich mit der Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen.

 

Was wir in Wien machen können, ist, die Verfahren auch effizienter, transparenter, rascher und kundInnenfreundlicher abzuwickeln, mit der MA 35, die Unglaubliches leistet und auf Grund der Herausforderungen in dieser Gesetzesmaterie auch unglaublich viel zu tun hat. Nicht nur das, es kommen auch immer wieder neue Aufgaben dazu. Zum Beispiel wird der Brexit mit nächstem Jahr eine zusätzliche Belastung für die MA 35 sein, für die wir auch gut vorgesorgt haben.

 

Es gibt aber auch eine neue Möglichkeit für Nachkommen von NS-Opfern, die Staatsbürgerschaft zu beantragen. Dafür wurden Ressourcen geschaffen, aber natürlich sind das alles zusätzliche Herausforderungen, und die MA 35 hat auf Grund dieser Herausforderungen in manchen Bereichen einfach auch zu lange Verfahrensdauern, die wir schrittweise verkürzen wollen. Dafür wird es in einem ersten Schritt im nächsten Jahr eine Personalbedarfsanalyse geben, um zu schauen, in welchen Bereichen der MA 35 Personal benötigt wird, in welchen Bereichen es sehr gut funktioniert, in welchen Bereichen es Handlungsbedarf gibt.

 

Wir haben in das Koalitionsprogramm auch einige Maßnahmen hineingeschrieben, die damit zu tun haben, zum Beispiel die Weiterentwicklung eines EWR-Zentrums und auch, und darauf zielt die Frage ja auch ab, die Frage von Hürden für die Staatsbürgerschaft.

 

Die Frage der Gebühren für die Staatsbürgerschaft ist so geregelt, dass es Bundes- und Landesgebühren gibt, und ja, es ist auch mein Verständnis, dass es nicht vom finanziellen Vermögen und vom finanziellen Ein

 

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