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Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 76

 

er mir da sicher auch nicht beantwortet hätte, aber er hat es in der Fragestunde leider auch nicht getan. Das Sozialhilfe-Grundgesetz ist seit 1. Juli 2019 in Kraft, und die Länder haben prinzipiell sieben Monate Zeit, um das entsprechende Ausführungsgesetz zu erlassen. Genau diese Formulierung steht auch im Grundgesetz, das ich mir vorhin noch einmal angeschaut habe.

 

Ausführungsgesetze sind innerhalb von sieben Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu erlassen und in Kraft zu setzen. Ich meine, das wäre relativ eindeutig gewesen, und ich habe ihn heute in der Fragestunde gefragt, weil er auch davor immer wieder gesagt hat, nein, er muss es eben nicht und das wäre kein Ausführungsgesetz. Da ich keine Juristin bin, wollte ich da ein bisschen Aufklärung in der Sache haben, weil ich mich einfach zu wenig auskenne. Ich habe es als juristische Spitzfinderei bezeichnet, wie man damit juristisch umgeht, ich wollte das inhaltlich nicht bewerten, und er hat dann gemeint, das ist sicher keine juristische Spitzfindigkeit, wenn es darum geht, Armut von 35.000 Kindern abzuwehren.

 

Ja, es sei jetzt einmal dahingestellt, was ich von dieser Aussage halte. Ich war dementsprechend enttäuscht, keine Antwort darauf zu bekommen, wie er seine Aussage begründet, es nicht machen zu müssen. Ich habe auch gefragt, welche Konsequenzen es denn hätte, wenn er es nicht machen würde, und er hat auch das nicht beantwortet. Ich finde, und das ist schon richtig, dass der Umgang mit diesem demokratischen Recht und mit dem Interpellationsrecht, das wir hier haben, nicht gut ist. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

 

Ich glaube, es ist, was das Sozialhilfegesetz - oder nennen wir es jetzt auch die Mindestsicherung - betrifft, inhaltlich klar, was wir davon halten: Wir haben sehr, sehr oft in diesem Haus darüber gesprochen, wir haben natürlich auch im Parlament, im Bund das neue Sozialhilfegesetz abgelehnt. Das hat viele verschiedene Gründe, sie liegen, glaube ich, auf der Hand, da gibt es nicht sehr viel, was wir da noch diskutieren müssen. Man merkt es auch jetzt an den Parolen, die hier in den Raum geworfen werden. Aus meiner Sicht kann ich zumindest davon sprechen, dass man sich davon ganz gut distanzieren kann und auch muss. Uns war immer wichtig, das Thema Kinder hervorzuheben. Das haben wir auch beim letzten Mal gesagt, und das ist ja eigentlich die Frage, die ich StR Hacker heute stellen wollte, weil wenn er das Ausführungsgesetz umsetzen müsste, hätte ich ihn gerne gefragt, wie er denn damit umgeht, dass wir diese Deckelung der Kinderbeiträge haben, wie Wien darauf reagieren wird, um diese Deckelung wieder auszugleichen. Und ich wollte ihm dahin gehend natürlich auch unsere Unterstützung anbieten, weil wir nicht wollen, dass durch dieses Gesetz Menschen in Armut getrieben werden, aber vor allem auch nicht, dass Kinder unterschiedlich bewertet werden, und wir werden Mittel und Wege finden, das abzuwenden. Wir wollen, dass sie, egal, welchen Hintergrund sie haben oder wie vielte sie in einer Reihe sind, trotzdem die gleichen Chancen haben. Es sind ja relativ viele Kinder in der Mindestsicherungsbeziehung, ein Drittel der Wiener MindestsicherungsbezieherInnen. Die Mehrkindfamilien sollen bestraft werden, und ich finde, die Kinder sind es, die unseren Fokus brauchen.

 

Es ist heute auch der Tag der Kinderrechte, ich weiß ich nicht, ob der Zeitpunkt gut gewählt ist, am Tag der Kinderrechte diese Debatte vom Zaun zu brechen, aber Kinder sind Zukunftsgestalter und brauchen eben genau jetzt die Werkzeuge, die sie für ihr Leben brauchen, um es eigenständig und selbstsicher und unabhängig meistern zu können. Deswegen müssen wir auch sicherstellen, dass Kinder hier nicht zu den Verlierern werden. Und am besten wäre, dass sie zu direkten LeistungsbezieherInnen werden. Das könnte man auch zum Beispiel durch Sachleistungen garantieren.

 

Das ist das, was ich heute eigentlich anmerken wollte. Wir haben jetzt diese absurde Situation mit der Frage: Muss das Gesetz jetzt umgesetzt werden oder nicht? - StR Hacker beziehungsweise auch andere Länder in Österreich haben sich für den Weg entschieden, den Verfassungsgerichtshof anzurufen. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, das Legalitätsprinzip sowie auch gegen das Wesen eines Grundsatzgesetzes. Das sind durchaus Punkte, die wir vollkommen teilen und auch so sehen. Dementsprechend müssen wir anscheinend warten, bis der Verfassungsgerichtshof sein Urteil verkündet.

 

Es haben mehrere Bundesländer, wie gesagt, ihre Ausführungsgesetze diesbezüglich nicht vorgebracht, ich kann Ihnen heute nicht sagen, wer hier, rein juristisch gesehen - vom Inhaltlichen sprechen wir nicht - auf der sicheren Seite ist. Meines Erachtens ist der Bundesgesetzestext relativ explizit, aber Gesetze sind auch erst dann wirksam oder gültig … Gültig sind sie vorher, aber in dem Fall werden sie wohl juristisch ausjudiziert werden müssen, um hier eine klare Aussage treffen zu können. Dementsprechend werden wir auch dem Antrag der FPÖ heute nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS sowie von Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi und Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Mag. Hungerländer zu Wort gemeldet. - Bitte, Frau Abgeordnete.

 

15.40.55

Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Vielen Dank. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete, die noch im Raum geblieben sind!

 

Danke für den Respekt, dass Sie uns auch zuhören und dass der Parlamentarismus zumindest in Ansätzen in diesem Haus noch hochgehalten wird.

 

Wir haben über das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz bereits ein wenig heute während des Tages gehört, und es begleitet uns die Diskussion eigentlich schon seit Sommer 2019, jetzt also wieder. Ich möchte ein wenig inhaltlich auf das Gesetz eingehen, um diesen vielen Schlagwörtern, die heute durch den Raum gegeistert sind, ein bisschen mit Zahlen entgegenzuwirken, und in einem zweiten Teil dann sagen, warum das Land Wien tatsächlich das Gesetz endlich umsetzen sollte.

 

Das neue Sozialhilfe-Grundsatzgesetz folgt den Grundsätzen der Sozialhilfelogik. Das ist einerseits Hilfe für Menschen, die sich selber nicht helfen können, au

 

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