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Landtag, 28. Sitzung vom 05.10.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 28

 

lich mit Religionen beschäftigen, mit allen großen Weltreligionen, aber auch darüber hinaus über Grundprinzipien der Religionen, aber auch, ganz wichtig, über Atheismus und über Strömungen von Werten, die nicht auf Religion gebunden sind. Das heißt, auf Strömungen, wie der Aufklärungen, die Werte unserer Gesellschaft geschaffen haben, die nicht religiös bedingt sind. Es ist wichtig, diese Werte, die auch nicht religiös bedingt sind, zu vermitteln, weil das sind die wichtigen Werte. Es sind Werte wie Menschenrechte, Werte wie Demokratie, Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Werte wie die Gleichheit zwischen Mann und Frau. Das sind Grundprinzipien, die in einem Ethikunterricht auf jeden Fall vermittelt werden müssen. Aber das Wichtigste eines Ethikunterrichts ist, mündige Bürgerinnen und Bürger in dieser Schule mit diesem Unterricht zu fördern, weil das ist das, was unsere Gesellschaft braucht, Jugendliche, die selbstständig denken können und auch kritisch hinterfragen, was passiert. Deshalb setzen wir uns sehr stark für einen Ethikunterricht ein und bitten hier um breite Zustimmung, dass man das auch bundesweit implementieren kann. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

In der Bildungsdiskussion ärgert mich besonders der Hickhack zwischen den Parteien und den Fraktionen, jetzt vor allem der Hickhack zwischen Bundesregierung und Rot-Grün in Wien, weil wir haben so große Herausforderungen im österreichischen Bildungssystem, und vor allem im Wiener Bildungssystem, dass ich mir erwarten würde, dass man gemeinsame Sache macht, dass man gemeinsam schaut, wie man in einen Reformpfad kommt, dass man die Schulen in Österreich auch verbessert. Hier gibt es gute Beispiele von anderen Städten, wie zum Beispiel Bremen, wo es auch große Missstände gab und wo man es geschafft hat, über Parteigrenzen hinweg ein Bildungspaket zu schnüren und über zehn Jahre hinweg auch überparteilich einen gemeinsamen Pfad zu bestreiten.

 

Was machen wir stattdessen in Österreich? Die Wiener Stadtregierung geht in eine ganz andere Richtung als die Bundesregierung in der bildungspolitischen Frage. Auch in Fragen, wo es dringend Unterstützungspersonal bräuchte, wie zum Beispiel Sozialarbeiter, schiebt man sich gegenseitig die Schuld zu. Das ist nicht die Bildungspolitik, die ich mir erwarten würde.

 

Auch der jetzige Vorschlag der Bundesregierung ist kein großer Wurf. Es ist kein großer Wurf, wenn man es hier nicht schafft, über die Parteigrenzen hinweg Unterstützung zu bekommen.

 

Es ist kein großer Wurf der Bundesregierung, wenn man wieder verpflichtende Noten an den Volksschulen einführt. Es gab über 1.000 Schulversuche an Volksschulen, die die Noten aus gutem Grund abgeschafft haben. Diese Autonomie an den Schulen sollte beibehalten werden. Hier halte ich nichts davon, dass man sagt, jede Volksschule muss verpflichtend wieder Ziffernnoten einführen. Hier möchte ich die Freiheit der einzelnen Schulen auch gewährleisten. (Beifall bei den NEOS.)

 

Auch der Vorschlag des Wiederdurchfallens ist eine reine Symboldiskussion, wo man versucht, zu zeigen, wir wollen Disziplin und Härte wieder an die Schulen bekommen. Aber wirkliche Probleme wird das nicht lösen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Haben Sie etwas gegen Disziplin?)

 

Noch weniger werden Probleme dadurch gelöst, dass man das Türschild der Schule austauscht und jetzt statt der Wiener NMS eine leistungsorientierte NMS einführen möchte. Allein die Wortänderung wird zu keiner Reform führen. Das ist das, was mich an der österreichischen Bildungsdiskussion stört, dass man so oft rein über Worte und rein über Türschilder streitet, anstatt dass man sich anschaut, wie man die österreichischen Schulen wirklich verbessern kann. (Beifall bei den NEOS.)

 

Um hier von dem parteipolitischen Hickhack im Kleinen abzugehen, schlagen wir einen großen Bildungsgipfel und auch einen langfristigen Bildungspfad, der auch über Parteigrenzen hinweg gemeinsam gegangen wird, vor. Wir beantragen als Start einen großen Bildungsgipfel als Start eines Reformprozesses, der dringend notwendig ist, vor allem für die Stadt Wien dringend notwendig ist. Wenn wir uns die Situation an den Pflichtschulen anschauen und rein die objektiven Daten sehen, die wir haben, dass 60 Prozent der Wiener Pflichtschülerinnen und Pflichtschüler die Bildungsstandards in Deutsch nicht erreichen, dann müssen wir endlich aufwachen, weil es ist eine alarmierende Zahl, wenn über die Hälfte der Schülerinnen und Schüler die Bildungsziele in Deutsch nicht erreichen. Wenn man sich anschaut, dass von den Absolventen der Wiener Pflichtschulen über ein Drittel arbeitslos ist, auch fünf Jahre nach Schulabschluss, dann haben wir hier eine ganze Generation an Pflichtschülerinnen und Pflichtschülern, die kaum Perspektiven haben. Da müssen wir uns dringend Gedanken machen, weil das ist ein alarmierendes Zeichen! (Beifall bei den NEOS.)

 

London hatte vor 15 Jahren eine ähnliche Situation. Es war in Großbritannien die Region mit den schlechtesten Bildungsstandards, mit den schlechtesten Leistungen an den Schulen. Damals hat man es geschafft, bundesweit gemeinsam mit lokalen Akteuren einen Reformprozess vor allem für die Großraumregion London auf die Beine zu stellen. Innerhalb von zehn Jahren hat man es geschafft, die Region von den Leistungen, die an den Schulen erzielt werden, vom letzten Platz ins oberste Drittel zu bringen. Das heißt, man sieht an diesem Beispiel von London, dass es mit gemeinsamer Kraftanstrengung und dem Willen zu Reformen durchaus möglich ist, auch Ballungsregionen, in denen es viele Herausforderungen gibt, bildungspolitisch zu verbessern. Hier sollten wir uns ein Vorbild an einem so großen Mut nehmen, auch bildungspolitisch etwas zu verändern und nicht nur im Kleinen immer Pflaster auf die Wunden zu heften, sondern im Großen auch einmal eine Reform anzustreben.

 

Dementsprechend setzen wir uns dafür ein, dass es einen Ethikunterricht an Wiener Schulen gibt, dass er schnell eingeführt wird und dass wir es mittelfristig schaffen, einen wirklichen Reformplan für die Wiener Schulen auf den Tisch zu legen. Hier appelliere ich auch an alle Fraktionen, gemeinsam daran zu arbeiten. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

 

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