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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 84

 

ben, wo man stundenlang in einer Spitalsambulanz wartet, um dann herauszufinden: Da bin ich eigentlich falsch. Ja, das gibt es ja immer wieder. Wo es dann wochen- und monatelang braucht, bis man zu einer Diagnose kommt und dann endlich mit einer Therapie beginnen kann. Da sind ja dann viele sehr verzweifelt, wenn sie hier durch das Gesundheitssystem, das meiner Meinung nach im Übrigen ein ausgezeichnetes in Wien ist, durch dieses System dann irren und ihr Leiden in Wirklichkeit verlängert wird, und es auch fatale Folgen haben kann, wenn man zu spät draufkommt. Jetzt ist das mit den MR-Wartezeiten durch die strukturelle Bereinigung, durch die Änderung des Vertrages besser geworden. Das ist eine gute Sache, aber es gibt doch auch noch vieles in diesem Bereich zu tun.

 

Ich glaube zum Beispiel auch, dass es in diesem Zusammenhang sehr wichtig wäre, dass es eine Vielfalt geben sollte, ein Nebeneinander und Miteinander von guten Hausärztinnen und Hausärzten, die sich für ihre Patientinnen und Patienten engagieren, aber auch von Einrichtungen, wie immer sie heißen mögen, Primärversorgungszentren oder auch anders, aber nicht privat geführt, weil da schauen wir dann wieder in die Orthopädie, da kommt mir das Grauen, sondern natürlich in einem Kassensystem integriert. Aber da sind meiner Meinung nach, und da würde ich jeden hinschicken, der etwas Komplizierteres hat, wo er zum Beispiel ein Röntgen braucht und wo es schnell gehen muss, für mich bespielgebend und gut auch die Gesundheitszentren der Wiener Gebietskrankenkasse. Wenn ich eine Divertikulitis habe, also eine Entzündung des Darms, die Antibiotika braucht, sehr schmerzhaft ist und auch mit Abszessbildung fatal enden kann und was weiß ich, was alles, da würde ich niemanden zum Hausarzt schicken. Nicht, weil der schlecht ist, sondern weil da erst ein Ultraschall gemacht werden muss, und dann ein CT. Bis man den CT hat, ist man vielleicht an der Bauchfellentzündung, die dann entsteht, schon gestorben. Also das ist jetzt ein bisschen drastisch, aber in einem solchen Gesundheitszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse mit Radiologie dabei hat man am selben Tag die Diagnose und wandert dann ins Krankenhaus, wenn es notwendig ist. Und dieses Miteinander wäre das Ziel. Es gibt ja die guten Strukturen schon nebeneinander, und das noch zu vernetzen, glaube ich, wäre eine wichtige Aufgabe und die werden wir auch angehen.

 

Aber das Wichtigste ist aus meiner Sicht der Mensch, und das ist die sozialdemokratische Sicht, und zwar egal, ob er reich oder arm ist. Mir sind die Armen wichtiger, weil die Reichen können sich schon selber organisieren, und es sind auch mehr. Jeder Mensch, egal, woran er glaubt, welches Geschlecht er hat, wie alt er ist, welche Gesinnung er hat, muss im Mittelpunkt stehen als das Wichtigste in einem Gesundheitssystem. Aus diesem Grund freut es mich auch besonders, dass der Amtsf. StR Peter Hacker einen Schwerpunkt in Richtung auf unbedingte Kunden- und Kundinnenorientierung bereits für alle Organisationseinheiten formuliert hat. In diesem Sinne freue ich mich auf die künftige Arbeit in der Wiener Gesundheitspolitik und danke für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Diskussion. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Ich erteile nun der Frau Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz das Wort.

 

13.58.26

†Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete!

 

Ich danke ganz ausdrücklich für diese Debatte auf hohem Niveau. Es sind so viele Punkte angesprochen worden, die ich tatsächlich im Wiener Gesundheitswesen als ganz dringende Brennpunkte und auch notorische Mängel beurteile, Stichwort Kinder- und Jugendpsychiatrie. Das war gestern und heute auch schon ein Thema. Ich möchte mich für den Dank bedanken und werde meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gerne ausrichten, dass ihre Arbeit so wertgeschätzt wird. Denn Sie müssen wissen, wir sind sehr stark nachgefragt in Wien. Wir haben im Moment mit Jahresende 17 rund 3.800 Akten erledigt in einem Jahr, und 10.800 Menschen haben sich mit ihren Anliegen an uns gewendet. Also das Geschäft boomt, um es so zu sagen. Wir sind wirklich für jeden und jede Person da, egal, ob im Spital die Suppe kalt war, ob man nicht weiß, wo der Arzt offen hat oder ob es um einen schweren Behandlungsfehler, einen Todesfall geht. Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind für jeden da. Manche brauchen uns öfter, manche beschäftigen uns oft, und manchmal sind es die Leisen, auf die man ganz besonders schauen muss. Und weil da die Frau Abg. Däger sitzt, es sind nicht immer die, die am meisten laut schreien, die die größte Unterstützung brauchen, sondern oft sind es die, die mit schweren Beschwerden zu uns kommen und mit einer traumatisierten Erfahrung und dann zu mir sagen: Frau Patientenanwältin, ich war mir nicht sicher, ob ich damit kommen kann, denn ist es auch wirklich bedeutend genug?

 

Die Frau Abg. Meinhard-Schiebel hat das angesprochen, dass manche Angst haben, sich an uns zu wenden. Das höre ich auch. Das höre ich auch, und da werde ich zur Furie. Wenn es jemanden gibt, der mir sagt, ich traue mich da nicht mehr ins Spital oder zum Arzt oder zur Rettung oder wo immer hin, weil wenn ich mich jetzt beschwere, dann werde ich daraus einen Nachteil haben - das ist wichtig und das sagen wir den Patienten und Patientinnen und den Bürgern dieser Stadt und ich sage es auch hier noch einmal: Das ist ein Patientenrecht, sich bei der Patientenanwaltschaft zu beschweren, das Anliegen einzubringen. Wir sind weisungsfrei. Der Dienst ist kostenlos, wir haben eine landesgesetzliche Grundlage. Und jeder, der einem Patienten daraus einen Strick dreht, dass er sich an uns gewendet hat, der kriegt es mit uns zu tun, und da wissen wir auch alle Träger aller Spitäler und aller Einrichtungen, auch die Ärztekammer, jeden hinter uns, dass das nicht geht.

 

Ich will jetzt kurz auf die einzelnen Punkte eingehen und fange bei der Frau Abg. Laschan an. Sie haben zu Recht die Notwendigkeit eines vernünftigen Patientenleitsystems angesprochen. Das ist mir ein großes Anliegen. 1450 ist dazu die Telefonnummer, ein guter Anfang. Der Herr Stadtrat, wir kennen uns ja auch schon drei

 

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