«  1  »

 

Landtag, 23. Sitzung vom 26.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 52

 

beitslose Menschen sind erpressbar. Lohndumping bringt nur der Wirtschaft etwas und spaltet die ArbeitnehmerInnenklasse. Ältere arbeitslose Menschen, und da sprechen wir von Menschen über 50, sind schwer vermittelbar. Das ist keine Neuigkeit. Je länger sie arbeitslos sind, umso weniger Chancen haben sie, wieder in diesen ersten Arbeitsmarkt zurückzukommen. Und in der Zwischenzeit ist der Zug abgefahren und ihre Kenntnisse entsprechen nicht mehr den Herausforderungen. Ob das eine Ausrede ist oder eine Tatsache, für beides können diese arbeitslos gewordenen Menschen nichts.

 

Die Stufenleiter für ältere arbeitslose Menschen geht rasant nach unten. Ohne Pilotprojekt, ohne Versuche, wenigstens im zivilgesellschaftlichen Bereich irgendwo in einem Auffangbecken zu landen, sich letztlich dann doch noch prostituieren zu müssen und gedemütigt jeden Job annehmen zu müssen, geht es weiter zum Arbeitslosenbezug, vielleicht noch mit ein paar Krankenständen sich über Wasser zu halten, in die nicht mehr vorhandene Notstandshilfe, sofort in die Mindestsicherung. So schafft man Abhängigkeiten und so schafft man ein Heer von Menschen, die für alle anderen gesellschaftliche Loser sind.

 

Eine Regierung, die das verschuldet, setzt die Menschenrechte außer Kraft. Art. 23: Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls - und das ist ein wichtiger Satz - ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.

 

Ich weiß sehr wohl, wovon ich spreche, ich habe 18 Jahre lang erwerbslose Frauen durch die schwierigsten Zeiten ihres Lebens begleitet, damit sie sich eine neue Existenz aufbauen konnten, und das zu Zeiten, in denen das AMS noch von Menschen geleitet wurde, die Widerstand geleistet haben, wenn ihnen von Regierungsseite die Daumenschrauben angelegt worden sind. Und falls das uralte Vorurteil daherkommt: Jeder kann arbeiten, wenn er nur will, dann fahre ich Ihnen über den Mund! Würden Sie, jeder von uns, die wir hier sitzen, wenn es überhaupt noch einen Job wie diesen gibt, Toilettenbetreuerin in einem öffentlichen WC werden wollen? Würden Sie Ihre letzten Arbeitsjahre damit verbringen wollen, zwischen Mindestsicherung und hin und wieder einem McJob zu pendeln? Oder noch besser gesagt: Wollen Sie den verankerten Berufsschutz gleich in den Mistkübel schmeißen und sämtliche anderen Arbeitsrechte auch?

 

Falls das Argument zur Abschaffung des Programmes heißt, es kostet zu viel und es bringt zu wenig, dann rechnen Sie besser gegen, was die Arbeitslosigkeit kostet. Wer übrigens jemals „Die Arbeitslosen von Marienthal“ gelesen hat, weiß sehr gut, was Arbeitslosigkeit mit Menschen anstellt. Sie macht krank. Sie demütigt und sie macht Menschen wütend, wenn sie nicht schon in die Depression versunken sind. Arbeitslosigkeit zu verschulden, ist eines der größten Vergehen in einem modernen Staat. Arbeitslosigkeit von älteren Menschen zu verschulden, genauso wie Jugendarbeitslosigkeit, ist eine gefährliche Zeitbombe, die Ihnen irgendwann um die Ohren fliegt. Die Jungen ohne Zukunft werden zu Recht auf die Barrikaden steigen, die Alten werden in die Armut rutschen, und nichts ist teurer als die Armut selbst. Diese Regierung wird sich dafür vor ihren WählerInnen rechtfertigen müssen. (Abg. Mag. Günter Kasal: Aber geh! Das sagt die Glaskugel, gell?!) Sie hat Schicksale auf dem Gewissen und einen Staat, der sich weder um Menschenwürde noch um ein soziales Miteinander schert. - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Juraczka. - Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 

14.39.23

Abg. Mag. Manfred Juraczka (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Bevor wir diesen zweiten Plenartag abschließen, gönnen Sie mir wenige Sekunden Ihrer Aufmerksamkeit! Wir haben in den letzten zwei Tagen eigentlich relativ wenige Geschäftsstücke behandelt. Ging es gestern hauptsächlich darum, Subventionen zu verteilen, so waren es heute ganze vier Geschäftsstücke. Dafür haben wir uns sehr intensiv damit beschäftigt, wie Rot-Grün sich über diese neue türkis-blaue Bundesregierung empört. - Das soll so sein, ich habe auch ein gewisses Verständnis dafür. Wir seitens der Opposition waren gerne Zeugen des berühmten Wettbewerbs: Wer empört sich am besten? - Ich glaube, die Siegerehrung wird es irgendwann morgen am frühen Nachmittag geben.

 

Auch davon, wer moralisch hochwertiger ist als die Opposition, durften wir Zeugen werden. Meine Damen und Herren, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man vielleicht in Gruppentherapien das Trauma des 15. Oktober besser abarbeiten kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren der Stadtregierung! Man kann Dringliche zum eigenen Wirkungsbereich machen - ja, das geht -, man kann Debatten zum eigenen Wirkungsbereich machen - ja, das geht -, und man kann Arbeit zum eigenen Wirkungsbereich, nämlich zur Stadt Wien oder zum Land Wien, machen. Meine Damen und Herren, ich erwarte mir in den nächsten Sitzungen, dass wir wieder das tun, wofür wir gewählt wurden, Arbeit für diese Stadt statt dem Aufarbeiten von irgendwelchen Traumata! - Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

 

14.41.00 Die Debatte über die Besprechung des Dringlichen Antrages ist somit beendet. Diesen Antrag weise ich zur Behandlung der Amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Frauen zu.

 

Es liegen zwei Beschlussanträge vor.

 

Ein Beschlussantrag, eingebracht von den Grünen und der SPÖ, betrifft die Beibehaltung der Notstandshilfe. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. Ich bitte jene Damen und Herren des Landtages, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, das ist mit Stim

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular