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Landtag, 23. Sitzung vom 26.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 52

 

on 20.000 zu erhalten. Diese wurde nun ausgesetzt. Und was jetzt?

 

Früher hätte man Frau Z. in absehbarer Zeit in Pension geschickt. Sie hätte ihren Lebensstandard halbwegs erhalten können, auch ihre Selbstachtung. Heute geht das nicht mehr. Die Wege in Früh- und Invaliditätspension wurden spürbar erschwert. Noch kann sie darauf hoffen, die fehlenden Jahre in der Notstandshilfe zu überbrücken. Wenn die Bundesregierung wie angekündigt die Notstandshilfe abschafft, bleibt aber nur mehr der Weg in die Mindestsicherung. Die bekommt sie nur, wenn sie nichts mehr hat. Nach geltender Rechtslage müsste sie ihre Ersparnisse aufbrauchen, den Bausparvertrag auflösen, ihr kleines Auto womöglich verkaufen. In der Wohnung könnte sie noch bleiben, allerdings nach sechs Monaten BMS-Bezug würde das Sozialamt ins Grundbuch gehen. Viel würde letztendlich von einem Leben harter Arbeit nicht übrig bleiben.

 

Sie empfindet das Ganze aus tiefstem Herzen als unfair. Sie hat hart gearbeitet, hat gespart, sich trotz widrigster Umstände einen bescheidenen Wohlstand aufgebaut und Eigentum erworben. Sie glaubte immer, sie sei gemeint gewesen, wenn Politiker davon sprachen, den kleinen Mann - ich gendere es jetzt -, die kleine Frau oder die hart arbeitenden Leute zu beschützen. Sie fühlt sich im Stich gelassen. Sie hat nie damit gerechnet, ein Sozialfall zu werden. Vielleicht hat sich Frau Z. bis vor einigen Monaten, als die Neiddebatte im Zuge der Reform der Mindestsicherung geführt wurde, auch gedacht, dass eine Deckelung von 1.500 EUR genug sei, mehr kontrolliert werden müsse und gemeinnützige Arbeit wie Schnee schaufeln und Laub rechen für Mindestsicherungsbezieher verpflichtend sein müsste. In dem Moment, in dem Frau Z. auf das Sozialamt gehen muss, wird sie diesen Mindestsicherungsbeziehern sehr nahe kommen. Schlagartig wird ihr bewusst werden, wie klein der Abstand zwischen gesellschaftlicher Mitte und dem Rand geworden ist und wie schnell man selbst an den Rand rutschen kann.

 

Ein Schicksal, wie es zig Tausende gibt. Mit der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe scheut Schwarz-Blau nicht davor zurück, die älteren Arbeitslosen zu dezimieren und hart erarbeitetes Vermögen einzukassieren. Perspektiven und Menschenwürde werden diesen Betroffenen genommen. Hingegen will die schwarz-blaue Bundesregierung Vermögen aus Millionen, Erbschaftssteuern oder hohe Finanzgewinne unter gar keinen Umständen anfassen. Umverteilung ist dieser Regierung kein Anliegen, maximal eine Umverteilung von unten nach oben.

 

Ich kann nur die Bundesregierung eindringlich auffordern, die Notstandshilfe beizubehalten. Bekämpfen wir gemeinsam, meine Damen und Herren, die Armut und nicht die Armen. Gehen wir gemeinsam den Wiener Weg, denn eine sozial polarisierende Gesellschaft bringt Nachteile für alle Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Emmerling. - Bitte, Frau Abgeordnete.

 

13.19.44

Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ja, es war schon ein sehr emotionaler Einstieg der Kollegin Hebein, die ja auch mit einem Appell geendet hat, dass wir uns als Opposition gut überlegen müssen, auf welcher Seite wir denn stehen wollen. Das stört mich schon insofern, als man hier versucht, jedem und jeder gemäß seinem ideologischen Weltbild eine rechts-links Rolle überzustülpen. Und dagegen möchte ich mich schon verwehren, da wir immer dafür sind, faire, nachhaltige Lösungen umzusetzen und hier auch sehr evidenzbasiert entscheiden, welche Lösung wohl dann die beste sein möge. (Beifall bei den NEOS.)

 

Wir NEOS haben auch im Parlament immer schon eine Reform des derzeitigen Systems, also Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung gefordert - nur um vorweg zu schicken, dass wir diese derzeitige Regelung generell hinterfragenswert finden. Wir glauben auch, dass es Sinn macht, Arbeitslosengeld beziehungsweise Notstandshilfe zu begrenzen, und zwar, weil die Arbeitslosenversicherung dazu dient, Menschen, die arbeitslos geworden sind, auf der einen Seite eine soziale Absicherung zu geben, ihnen dann aber auch ein Serviceangebot zur Verfügung zu stellen, um sie möglichst rasch wieder in Arbeit zu bringen. Wenn sich aber diese Arbeitslosigkeit in einen dauerhaften Zustand entwickelt, in eine Langzeitarbeitslosigkeit, ist das eine ganz andere Problematik. Das heißt, dieser Mensch braucht wahrscheinlich ganz andere Maßnahmen und Instrumente, um aus dieser Situation wieder herauszukommen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Da stelle ich natürlich auch eine Aktion 20.000 in Frage, der wir auch kritisch gegenübergestanden sind. Das ist vielleicht eine sozialpolitisch gute Maßnahme, und es gibt viele Beispiele - Sie haben sie aufgezählt -, dass viele Menschen dadurch wieder Anschluss gefunden haben. Aber ich glaube, wirklich langfristig und nachhaltig ist es nicht das richtige Mittel, um Arbeitslose wieder nachhaltig in einen Arbeitsprozess zu bringen, denn es handelt sich um eine Förderung, und ist hier das Geld weg, ist auch der Job wieder weg. Ich glaube, was wir in diesem Bereich vollkommen außer Acht lassen und was vollkommen unterbeleuchtet ist in Österreich, ist, dass wir nicht über Bildung diskutieren und auch den Bereich der Erwachsenenbildung ansprechen. Qualifikation ist bei uns in Österreich immer erst dann gefragt, wenn es eigentlich zu spät ist. Wenn ich in der Situation bin, dass ich meinen Job verliere, wird gefragt: Was ist denn eigentlich deine Qualifikation? Bei uns hört die Bildungsdiskussion entweder mit 15, 18 oder vielleicht noch am Ende eines Studiums mit 25 Jahren auf, aber der Bereich der Erwachsenenbildung wird vollkommen vernachlässigt. Deswegen glaube ich auch, dass das System, das wir vorgestellt haben, LELA 5000 genannt, ein Chancenkonto für lebenslanges Lernen, eine gute Maßnahme sein könnte, um eben diese Qualifikationsmängel von vornherein zu reduzieren. (Beifall bei den NEOS.)

 

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