«  1  »

 

Landtag, 19. Sitzung vom 29.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 19

 

Bei uns geht es darum, dass wir natürlich sehr exponiert sind. Es sind knapp 90 Prozent der Beschäftigten in der Daseinsvorsorge und daher mit dem Bundesdienst nicht vergleichbar, sondern sehr vergleichbar mit der normalen Arbeitswelt.

 

Wenn hier die Verkehrsbetriebe Thema waren und kritisiert worden sind, wir haben dort besonders strenge Vorschriften, was Medikamente, Blutdruck oder andere Dinge betrifft, bei Schichtbetrieb, Stress, Nachtbetrieb, und so weiter, und so fort. (Abg. Markus Ornig, MBA: Aber nicht im Spital! Spitäler interessieren Sie nicht!) - Sie haben die Verkehrsbetriebe zitiert! Ich repliziere nur!

 

Was mich an der ganzen Geschichte ärgert, ist, Sie verstehen einfach nicht, dass es auf der einen Seite um ein Sozialsystem und auf der anderen Seite um Menschen geht, die oft die Pension auf Grund schwerer Erkrankungen nur monatelang erlebt haben, Menschen, die schwere Herzinfarkte hinter sich gebracht haben, Menschen mit Schlaganfällen, mit Störungen im Sprachzentrum oder in Bewegungsabläufen. Es tut mir ehrlich gesagt weh, wie Sie hier teilweise zynisch und für mich auch menschenverachtend diskutieren! Dass wir ein Sozialsystem haben, das wir uns leisten können und dass wir die Menschen sozusagen auch gut in den Ruhestand begleiten können, das fehlt mir in Wirklichkeit in der gesamten Diskussion! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wenn man hier auch über den öffentlichen Bereich spricht, dann muss man auch darüber reden, wie in der Privatwirtschaft die Altersstruktur ausschaut. Schauen wir es uns einmal an. Wir haben ein Pensionssystem, wo im Allgemeinen aus der Alterspension das Durchschnittsalter 61,6 ist. Bei uns in der Stadt Wien ist es übrigens 61,91, bei den Bauern interessanterweise nur 59,6.

 

Wir haben bei der Invalidität ein durchschnittliches Pensionsantrittsalter bei den Frauen, und es sind bei uns überwiegend Frauen, von 52,8 im ASVG, bei uns von 55,08. Im Privatbereich gehen 70 Prozent der Menschen, die vorzeitig in die Pension gehen müssen, wegen Krankenstand oder Arbeitslosigkeit. Das heißt, dort überlässt man die Menschen der öffentlichen Hand, den Steuerzahlern. Da kümmern sich die Firmen, die Ihre Parteien wunderbar subventionieren, gar nicht um die Leute und entledigen sie in Wirklichkeit in Richtung öffentliche Hand! Das ist auch ein untragbarer Zustand, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Da erleben wir gerade ein neues Phänomen, das ich bei der Gelegenheit auch ansprechen möchte, nämlich die Kurzarbeitszeit-Arbeitslosigkeit, dass sich immer mehr Firmen der Menschen einfach zwei Monate lang entledigen und sie sozusagen der Arbeitslosenversicherung überlassen. Das sind mittlerweile, weil da immer von Millionen gesprochen wird, 450 Millionen EUR pro Jahr, die die Firmen an Schäden verursachen, weil sie die Menschen zwei Monate in Arbeitslosigkeit entlassen und dann mit einem Recall wieder zurückholen. Das würde ich auch gerne in dem Zusammenhang diskutieren, weil ich finde, das ist eine unverschämte Angelegenheit!

 

Wir haben heute auch schon über die Frage der Pensionssicherungsbeiträge diskutiert. Es ist hier schon mehrfach darüber diskutiert worden. Man kann das alles nachlesen. Ich werde jetzt nicht alles wiederholen. Aber vielleicht doch noch einmal in Erinnerung gerufen, wir haben als Stadt Wien 2005 als erstes Bundesland höhere Pensionssicherungsbeiträge eingeführt, während der Bund es erst 2015 gemacht hat. Wir zahlen bis zu 12.000 EUR Bruttopensionen mehr. Das sind im Übrigen Altpensionen. Neupensionen von 12.000 EUR gibt es nicht mehr, weil die Pensionsmaßnahmen greifen. Wir zahlen mehr an Pensionssicherungsbeiträgen als der Bund, mehr an Pensionssicherungsbeiträgen als Niederösterreich. Ich denke, man sollte das bei der Gesamtdiskussion auch nicht vergessen.

 

Man sollte auch nicht vergessen, zu welchen Arbeitsbedingungen und Entgeltbedingungen die Kolleginnen und Kollegen vor 30, 40 Jahren in den öffentlichen Dienst gegangen sind, wo man sie vielfach belächelt hat, weil man in der Privatwirtschaft das Drei-, Vier-, Fünffache verdient hat und wir in Wirklichkeit immer die gesamte Lebensverdienstsumme betrachtet haben.

 

Zu den Stadtwerken und dem Sozialplan, der dort gemacht wurde: Darüber kann man natürlich diskutieren, ob das rechtzeitig passiert ist, ob man nicht vorher hätte einschreiten können. Alles richtig. Aber es ist, glaube ich, in unserer Verantwortung als Stadt auch notwendig, wenn man feststellt, dass Menschen auf ihren Arbeitsplätzen nicht mehr gebraucht werden, dass diese Tätigkeiten nicht mehr benötigt werden, dass wir, wenn diese Arbeitsplätze wegfallen, einen sozial verträglichen Umgang machen. So sind Sozialpläne vernünftig ausgehandelt worden. Sozialpläne, die es im Übrigen in der gesamten E-Wirtschaft in den letzten 20 Jahren in der gesamten Republik gegeben hat. Sozialpläne, die es auch heute noch in der Industrie und in anderen Bereichen gibt, die im Übrigen auch steuergeldfinanziert sind. Denn jede Kurzarbeitsgeschichte, jede andere Geschichte ist einfach auch über Steuergeld finanziert. Ich glaube, dass sich die Menschen auch einen würdigen und guten Umgang verdient haben.

 

Ich möchte mich auch bei den Beschäftigten der Stadt Wien bedanken. Denn ich glaube, das, was hier passiert, dass man einfach glaubt, mittels Überschrift „Bürokratie“ Klientelpolitik zu machen, indem man den öffentlichen Dienst trifft, ist unfair. Wir haben viele Tausende Beschäftigte, die hervorragend arbeiten. Wir haben im kommenden Jahr rund 5.200 Beschäftigte, die über 60 Jahre sind und bei dieser Stadt Dienst versehen. Ich glaube, das wird in der Diskussion auch immer übersehen. Ich möchte mich auch bei diesen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich bedanken! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wenn die ÖVP hier auch immer von der Harmonisierung spricht - und ÖVP und Harmonisierung sind immer eine Drohung und ein Drohgespenst -, dann reden wir auch einmal tatsächlich über das Pensionsrecht, das wir haben, und welche Nachteile sich denn aus dem Pensionsrecht ergeben. Das muss man auch immer wieder erwähnen. Wir haben bereits gleiches Pensionsantrittsalter, was Frauen und Männer betrifft. Wir brauchen 47,5

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular