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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 89

 

rung einer neu angemieteten Wohnung gestellt. Derzeit beziehen Sie als Haushaltseinkommen Bedarfsorientierte Mindestsicherung. In dem Ansuchen haben Sie angegeben, auf Grund der Anmietungskosten für eine Wohnung eine einmalige Unterstützung zu benötigen. Des Weiteren wird um die Übernahme der Kaution und der Mietvertragsvergebührung angesucht - Hilfe in besonderen Lebenslagen, ist als eine einmalige finanzielle Unterstützung bei unvorhergesehenen und unverschuldeten Notlagen gedacht. Dass bei der Anmietung einer Wohnung Kosten entstehen, ist absehbar, weshalb hier nicht von einer unvorhergesehenen unverschuldeten Notlage ausgegangen werden kann.

 

Zudem sind etwaige Förderungen immer im Vorhinein mit der MA 40 abzuklären. Nachträglich ist dies nicht möglich. Aus dem genannten Grund muss Ihr Ansuchen für die Übernahme der Kaution und der Mietvertragsvergebührung abgelehnt werden. Weiters ist der Lebensbedarf in der monatlich zur Anweisung kommenden BMS inkludiert und Hilfe in besonderen Lebenslagen für Lebensbedarf nicht vorgesehen, da dieser Bedarf bereits durch die Mindestsicherung abgedeckt ist. Daher wird Ihr Ansuchen abgelehnt – Zitat Ende.

 

Wenn man diese Zeilen hört, wird man wohl kaum davon sprechen können, dass hier irgendwelche Unterstützungsleistungen willkürlich und ohne Vorlage irgendwelcher Belege vergeben werden. Das Gegenteil ist der Fall. Und ich sage Ihnen auch ganz offen: Ich habe Mitleid mit dieser Familie, und es tut mir sehr leid, dass wir hier nicht weiterhelfen können. Natürlich verstehe ich die Intention des Bescheides und vor allem auch die rechtskonforme Anwendung der geltenden Regeln durch die MA 40. Da gibt es überhaupt nichts zu kritisieren, das ist vollkommen in Ordnung und auch richtig so. Aber dennoch ist das Ergebnis für Menschen, die sich subjektiv in einer Notlage befinden, frustrierend. Ich persönlich finde das traurig.

 

Herr Juraczka! Genau um diese Empathie geht es hier bei dem ganzen Thema. Wir haben Verständnis für Menschen in schwierigen Lebenssituationen und versuchen, ihnen nach Möglichkeit zu helfen, Sie eben leider nicht. Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, waren immer schon gegen die Mindestsicherung. Und jetzt, wo vermehrt auch Flüchtlinge Mindestsicherung bekommen, wird der Widerstand natürlich immer größer und Sie bedienen sich immer aller möglichen absurden Märchengeschichten, um Ihren Sozialabbau voranzutreiben. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist zwar konsequent in der Haltung, aber mit Anstand, sozialem Bewusstsein und Verantwortung für Menschen, die Hilfe brauchen, hat das überhaupt nichts zu tun. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und von Abg. Birgit Hebein.)

 

Wie der Begriff Mindestsicherung schon sagt, ist diese soziale Leistung das Mindeste, was Menschen für die Absicherung Ihrer Existenz brauchen. Es ist das Mindeste, um Menschen vor absoluter Armut und Obdachlosigkeit zu schützen. Ich spreche bewusst von absoluter Armut. Denn wie Sie sicher wissen und wie Kollege Ellensohn schon erwähnt hat, liegt die Grenze, ab der Menschen in Österreich gemeinhin als armutsgefährdet gelten, weit über der Mindestsicherung. Die Armutskonferenz hat errechnet, dass einer Person, der die volle Höhe der Mindestsicherung ausbezahlt wird, nach Abzug der Fixkosten lediglich 4 EUR am Tag bleiben.

 

4 EUR am Tag für Lebensmittel, Hygieneartikel, Kleidung und was sonst noch so anfällt. Da geht sich nicht einmal mehr ein Cappuccino beim Starbucks aus. Sieht das für Sie wirklich nach einer sozialen Hängematte aus? Wer das behauptet, verhöhnt Menschen, die auf das letzte soziale Netz angewiesen sind und die ohnehin jeden Euro zehn Mal umdrehen müssen. (Beifall von Abg. Christian Oxonitsch.)

 

Da können Sie mit noch so absurden Unterstellungen daherkommen, da können Sie noch so viele Misstrauensanträge gegen unsere Landesrätin stellen, da können Sie noch so oft in die Presse gehen und irgendetwas erzählen oder mit irgendeiner feigen Dringlichen Anfrage heute im Landtag auftreten; wir werden nicht zulassen, dass Sie mit Menschen so umgehen! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Natürlich greifen Sie bei Ihrer Kampagne für den Sozialabbau auch auf diese abstrusen Unterstellungen zurück und versuchen damit, ihn weiter zu befeuern, eh klar, aber kommen wir einmal zum Kern der Sache. Was passiert denn, wenn wir die Mindestsicherung wirklich so kürzen, wie Sie sich das vorstellen? Also jetzt einmal, Herr Kollege Juraczka, ganz ohne Empathie für die persönlichen Konsequenzen für die Einzelnen, denn da kommen wir bei Ihnen sowieso nicht weiter: Nehmen wir einfach einmal die Konsequenzen, die das für die gesamte Gesellschaft mit sich bringt. Nun, natürlich würden wir Menschen damit direkt in die Obdachlosigkeit schicken. Es würden Slums entstehen und auch die Kriminalität würde weiter steigen. Da stellt sich die Frage, ob Sie das wirklich wollen. Das frage ich Sie ernsthaft.

 

Denn wenn dem so ist, dann geben Sie das endlich offen und ehrlich zu! Hören Sie auf, sich hinter irgendwelchen semisubtilen Anfragen zu verstecken, in denen Sie der MA 40 mangelnde Kontrolle unterstellen oder irgendwelche Verschwörungstheorien konstruieren, laut denen die Frau Landesrätin geheime Weisungen an ihre Mitarbeiter erteilen würde. Stellen Sie sich bitte endlich hin und erklären Sie der alleinerziehenden Mutter, dass Sie einfach keinen Wert auf soziale Leistungen für die Mindestsicherung legen. Stellen Sie sich hin und erklären Sie dem Arbeitslosen, dass Ihnen das soziale Netz in unserem Land ein Dorn im Auge ist! Stehen Sie dazu, dass Sie steigende Obdachlosigkeit, Kriminalität oder die Bildung von Slums in Kauf nehmen, weil Sie nun einmal die Lobby der Reichen und Superreichen in unserem Land sind und die der Rest einfach nicht schert! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Es gibt einen einzigen Punkt in der ganzen Debatte um die Mindestsicherung, in dem ich mit der ÖVP übereinstimme. Ja, der Unterschied zwischen der Mindestsicherung und manchen Löhnen ist zu gering. Aber bitte, die Lösung kann doch nicht sein, dass wir Menschen die Existenzgrundlage nehmen. Die Lösung kann nur sein, dass wir endlich gemeinsam für gerechte Löhne und Gehälter sorgen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und

 

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