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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 89

 

Neulich ist bei einer Podiumsdiskussion das Wort Vermögenssteuer gefallen und sofort setzte bei den anwesenden Freiheitlichen der Reflex ein: Das bedeutet, den Mittelstand schröpfen! Er hat nicht dazugesagt: Deswegen nehmen wir es der Mindestsicherungsbezieherin aus dem Sack, denn das wäre ja die Logik dahinter gewesen. Wenn das Wort Vermögenssteuer fällt, heißt es sofort, man nimmt die Leute mit 1.500 EUR Monatslohn aus. Nein, wir reden von Menschen, die über 500.000 EUR an Barvermögen haben. Da schauen ein paar. Sagen wir, 1 Million EUR. Soll man Menschen, die 1 Million EUR an Barvermögen haben, ein bisschen mehr wegnehmen als bis jetzt? Wahrscheinlich nicht. Soll man mit denen streiten, die 837,76 EUR im Monat bekommen? - Ja, sagt die Volkspartei.

 

Ich versteh es nicht, weil ich weiß, dass eine ganze Menge von der Volkspartei in die Kirche gehen, und ich weiß, was dort gepredigt wird, denn ich bin ja auch lange genug hingegangen. Als ich klein war, war ich katholisch. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Echt? - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich find's toll, dass die größten Antiklerikalen uns „christlich-sozial“ erklären!)

 

Ja, sowohl das „christlich“ wie auch das „sozial“ muss man in diesem Zusammenhang erklären. Christlich-Sozial heißen ja nur die in Bayern, wobei man es auch denen dort erklären müsste, aber Sie heißen ja zum Glück Österreichische Volkspartei, also es ist nicht ganz so ein Drama. Aber diese Wurzeln, im Ernst, wo sind die hin? Wo ist die Rede davon, dass man jenen, denen es schlecht geht, hilft? Ich höre immer nur, Attacke, Attacke und volle Unterstützung für die Freiheitlichen, die den Sozialstaat zusammenhauen wollen. Und gleichzeitig höre ich nur das Verteidigen von denen, die mehr haben.

 

Leute, wir werden gar nicht in der Lage sein, diesen Wirtschaftsstandard zu halten und halbwegs eine Sicherheit zusammenzubringen für die Mittelschicht und für diejenigen, die es momentan eine Spur besser haben, für das obere Drittel, wenn wir weiterhin zuschauen, wie unten mehr Leute rausrutschen oder mehr Leute hinaustreten. Was sollen denn die alle tun? Das werden nicht die Superdemokraten sein, die sagen: Das ist ja urleiwand, eure Demokratie, ist ja echt spitze! Ich kann zwar meine Rechnungen nicht bezahlen, ich fliege demnächst aus meiner Wohnung, aber ihr habt recht, eure Werte sind großartig.

 

Das kann man doch nicht erwarten, wenn wir in einem der reichsten Länder der Welt nicht einmal in der Lage sind, zu sagen, unser erstes Ziel ist nicht der Schutz von denen, die im Überfluss leben, sondern das erste Ziel ist, dass jeder Mensch, weil er ein Mensch ist, nicht in Armut leben muss. Und das sehe ich nicht.

 

Diesen Konsens kann ich nur bei Rot und Grün verorten, und dann wird es schon schwierig. Wissen Sie, es ist lustig, vom Wettbewerb zu reden, wenn momentan keine Arbeit oder nicht ausreichend bezahlte Arbeit vorhanden ist. Wenn es zehn Leute gibt, ihnen aber nur fünf Arbeitsplätze angeboten werden, dann braucht man über die, die ohne Arbeitsplatz bleiben, auch nicht schimpfen, wenn man ihnen keinen Arbeitsplatz anbieten kann. Momentan muss ich ja überhaupt niemanden drangsalieren, weil es ohnehin nicht genug bezahlte Arbeit gibt. Das kann man übrigens auch ändern, aber das wird ja die nächste Ausführung sein, wie wir nämlich die Arbeit untereinander aufteilen.

 

Ich finde insgesamt die Diskussion sehr bezeichnend dafür, wie momentan Politik gemacht wird. Es ist also ein super Sittenbild - leider, muss man sagen -, aber viel genauer kann man es gar nicht machen. Wenn irgendjemand daran interessiert ist, zu sehen, wer, wie und wofür steht, wären der gestrige und der heutige Tag ausgezeichnet.

 

Es gibt Leute, die machen sich echt Sorgen um die Leute, denen es schlecht geht, die arm sind. Und wir können auch nicht alles leisten, leider. Die meisten von uns würden noch mehr tun wollen. Es gibt aber auch ein paar, denen das völlig blunzenwurscht ist. Und das tut mir weh, weil ich weiß, dass Sie am Ende mehr kaputt machen, als Sie jetzt glauben. Sie treten nicht unten ein paar Leute raus, Sie hauen Ihre eigenen Säulen der Demokratie zusammen unter anderem. Das ist traurig. Deswegen ist es gut, dass in dieser Stadt Rot und Grün die Verantwortung übernehmen. Und ich bin froh, wenn es möglichst viele Koalitionen gibt, in denen zumindest die Freiheitlichen nichts zu sagen haben. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster ist Abg. Dr. Aigner zu Wort gemeldet.

 

18.05.51

Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Stadträtin!

 

Ich mache es jetzt ein bisschen so wie der Kollege Klubobmann Ellensohn, ich wende mich in erster Linie an die Kollegen und Kolleginnen der SPÖ, weil ich glaube, Ihnen ist der österreichische Sozialstaat auch wirklich ein Anliegen. Jeder, dem der Sozialstaat ein Anliegen ist, muss vor der Überdehnung und der Überspannung eigentlich Angst haben. Und das, was die Grünen, Ihr Koalitionspartner auf Landesebene, hier postulieren, ist: Wir schaffen mit unseren Sozialleistungen die Armut weltweit ab. (Beifall bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren, das wird uns nicht gelingen.

 

Wenn Sie sich gerade die Armutsproblematik anschauen: Es ist uns gelungen, die eigene Obdachlosenszene gerade in Wien mit sehr vielen Leistungen, vor allem Sachleistungen, aber auch Geldleistungen der Stadt Wien, weitgehend zurückzudrängen. Das nützt aber nichts, wenn autobusweise die Bettler ins Land gebracht werden. Diese Art von Armut kann man doch nicht verhindern, indem man den Leuten, die jetzt wieder vor der U-Bahn-Station - mittlerweile nicht mehr mit Kindern, sondern mit ruhiggestellten Hunden - sitzen oder sonst irgendwie um Almosen betteln, etwas gibt. Denn kaum sind die sozusagen von der Straße weg, kommt der nächste Schub.

 

Das Gleiche passiert im Endeffekt auch bei der Mindestsicherung. Ich gebe allen Kollegen und Kolleginnen recht, die sagen, das ist das letzte Netz für die, die nichts haben - aber für jene, die aus unserer Solidargemeinschaft kommen. Ich kann nicht hunderttausende Menschen versorgen, die aus dem Nichts kommen! Und für die, die vorher noch viel weniger hatten, sind 1.000 Eur

 

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