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Landtag, 8. Sitzung vom 30.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 64

 

Ihnen vorhin ja auch entsprechend zitiert habe. Wenn man den Satz als Ganzes nimmt, dann wird das bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen für Wien keinerlei Schwierigkeiten machen. Außerdem brauche ich das Ihnen nicht zu erklären, Finanzausgleichsverhandlungen laufen völlig anders, nicht nach dem von Ihnen jetzt zitierten Schema.

 

9.44.00†Lhptm Dr. Michael Häupl - Frage|

Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann.

 

Wir kommen zur 5. Anfrage (FSP – 02048-2016/0001 – KNE/LM), die von Abg. Christoph Wiederkehr gestellt und an den Herrn Landeshauptmann gerichtet ist. [Insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung der Parkraumbewirtschaftung (aber auch bei der Umgestaltung der Mariahilfer Straße) wurden in der Vergangenheit bereits öfters Bürger_innenbefragungen auf Bezirksebene abgehalten. Die betreffenden Bezirksvorsteher_innen agierten hierbei de facto im rechtsfreien Raum, da eine Volksbefragung auf Bezirksebene in der Wiener Stadtverfassung nicht vorgesehen ist. Zwar kann eine Volksbefragung gemäß § 112a WStV lokal eingegrenzt werden, diese kann jedoch nur betreffend Angelegenheiten im Wirkungsbereich der Gemeinde abgehalten werden und bedarf eines Beschlusses des Gemeinderates (oder muss von 5 % der Wahlberechtigten verlangt werden). Wie stehen Sie zur Einführung eines rechtlichen Rahmens für Volksbefragungen auf Bezirksebene, die durch die Bezirke selbst initiiert werden können?]

 

Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr. Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter!

 

Zunächst darf ich festhalten, dass der Durchführung von bezirksweisen Befragungen beziehungsweise Umfragen, soweit es sich dabei lediglich um Meinungsumfragen handelt, die der politischen Orientierung dienen, weder die Bundesverfassung noch die Wiener Stadtverfassung entgegenstehen. Das Ergebnis einer derartigen Umfrage beziehungsweise Befragung ist freilich rechtlich nicht bindend. Die von Ihnen angesprochene Einführung eines rechtlichen Rahmens für Volksbefragungen auf Bezirksebene, der über eine solche Befragung hinausgeht, stünde nach Ansicht von Rechtsexpertinnen und -experten allerdings in einem gewissen Spannungsverhältnis mit dem verfassungsrechtlichen Effizienzprinzip und den bestehenden Befugnissen des Gemeinderates, für einen bestimmten Teil des Stadtgebietes, sohin auch für einen Bezirk, eine Volksbefragung anzuordnen. Hier wird die Gefahr einer Zuständigkeitskonkurrenz gesehen, die der in der Wiener Stadtverfassung verankerten und sich auch aus der Bundesverfassung ergebenden Stellung des Gemeinderates als oberstes Organ der Gemeinde zuwiderlaufen könnte. Auch ist auf Art. 117 Abs. 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes hinzuweisen, wonach die Landesgesetzgebung in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorsehen kann. Bekanntermaßen sind in Wien auf Bezirksebene auch Unionsbürgerinnen und -bürger wahlberechtigt. Daher wäre laut hiesigen Expertenmeinungen bei der Einführung einer Volksbefragung auf Bezirksebene durch die Bezirke auch dieses Spannungsfeld zu lösen.

 

Warum ich Ihnen das erzähle? – Es ist ein durchaus exemplarischer, nicht vollzähliger Hinweis darauf, welche Rechtsdiskussionen in dem Zusammenhang geführt werden. Nichtsdestotrotz haben die beiden Regierungsparteien – in ihrer Regierungsvereinbarung nachzulesen, ich glaube, auf Seite 130 – beschlossen, gemeinsam darüber in strukturierter Form nachzudenken; auch über die Frage eines entsprechenden Rechtsrahmens. Denn natürlich war die Diskussion dazu hinlänglich bekannt, was sich in Zusammenhang mit der Befragung rund um die Mariahilfer Straße abgespielt hat. Das Ganze ist vorläufig eine Diskussion unter und mit Juristen. Ob das am Ende des Tages dann zielführend sein wird, das werden wir sehen.

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Wir kommen damit zur 1. Zusatzfrage, und diese wird von Herrn Abg. Dr. Ulm gestellt.

 

9.46.55

Abg. Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Ich glaube, Volksbefragungen, Volksabstimmungen sind etwas Wichtiges, Bezirksdemokratie ist etwas sehr Wichtiges. Dieser Meinung sind nicht nur die NEOS und die ÖVP, sondern auch Rot-Grün. Das steht nämlich im Regierungsübereinkommen; ein großer dicker fetter Punkt: „Bezirksdemokratie stärken“ – Wie könnten wir diese besser stärken als mit einem gesetzlichen Rahmen für Volksbefragungen und Volksabstimmungen?

 

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, wann wird es soweit sein, dass dieses rot-grüne Regierungsübereinkommen in diesem Punkt umgesetzt wird? (Abg. Christian Oxonitsch: Wir haben noch vier, fünf Jahre Zeit!)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr. Michael Häupl: Ich fürchte, ich werde redundant werden müssen, denn ich habe gerade vorhin gesagt: Ja, selbstverständlich sind auch wir dieser Auffassung, aber momentan ist das noch eine Diskussion auf der Ebene der Juristen, das muss ausgeräumt werden. Ich meine, das ist ja nicht so, dass man da jetzt hergehen und sagen kann, dass das lauter Blödsinn ist, was seitens der Juristen vorgetragen wird. So weit würde nicht einmal ich gehen, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass wir schauen wollen, dass wir zu dem Zeitpunkt, zu dem es als nächstes wirksam wird, das heißt in der nächsten Periode, ein gesichertes, neues System haben.

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abg. Dr. Kickert. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 

9.48.23

Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann!

 

Ich fürchte, mir fehlt die Kreativität des Abg. Ulm, um der Redundanz in diesem Bereich auszuweichen, trotzdem versuche ich, genauso wie Herr Ulm, mein Bestes: Welche Aspekte wären denn aus Ihrer Sicht, jetzt abgesehen von den schon vorher angesprochenen rechtlichen Problematiken, wie zum Beispiel der Zuständig

 

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