«  1  »

 

Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 231 von 251

 

Der Herr Präsident wird mir erlauben, das zu erwähnen: Ich bin ein gebranntes Kind. Für mich als Zöllner und Beamten war es der erste wirkliche große Anschlag auf den Rechtsstaat, als Polizisten an der Grenze gestanden sind, als die Einwanderer oder Flüchtlinge, wie immer man diese Personen nennt, hereingekommen sind und wir gesagt haben, Grenzbalken auf für die Menschlichkeit!

 

Jetzt fällt mir der Vorname nicht ein, ich bin nämlich auch schon seit rund 40 Stunden wach. - Ja, jetzt weiß ich es wieder! Henryk Broder hat in einem Artikel im September gesagt: „Wer nur Mitleid hat, hat keinen Verstand.“ - Das ist genau das, worauf wir immer hinaus wollten: Man muss in all diesen Situationen auch immer mitdenken. Wir haben uns durch unser Verhalten nämlich Probleme eingehandelt, die wir auch jetzt hier mitbehandeln.

 

Mir ist aufgefallen, als wir für diese „Lange Nacht der Bürgerrechte“ unsere Redner genannt haben, dass die erste Reaktion war: Was wollen diese Querulanten von uns? Das gibt’s ja nicht! Das ist ja unglaublich! - Das war die erste Reaktion, und im Hinblick darauf möchte ich schon sagen: Auch für uns ist es nicht besonders lustig, die ganze Nacht nicht zu schlafen und hier zu sein! Aber das Thema ist uns wichtig, weil es ein grundsätzliches Thema ist. Ich werde die wichtigen Passagen aber nur auszugsweise verlesen, weil diese in der Nacht schon mehrfach vorgetragen worden sind, und zwar durchaus von sehr kompetenten Kollegen auch in mehrstündigen Referaten.

 

Ihr Zugang ist jedenfalls falsch! Wir sind Opposition, und wir haben unsere Kommentare zu machen! Wir sind keine Querulanten, die jetzt per Hetz oder nur weil es lustig ist, das Ganze um 24 oder 30 oder wie viel Stunden auch immer hinauszögern, sondern wir erachten das als etwas ganz Wichtiges. So etwas machen wir ja nicht jeden Tag.

 

Was mir gefehlt hat, ist ein bisschen Selbstreflexion. Wenn nämlich einer hier im Saal ernsthaft behauptet, dass diese Gesetzesänderung mörderisch ausgereift ist, dann glaube ich ihm das nicht. Und im privaten Gespräch hört man das auch von roter Seite.

 

Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel und lese Ihnen dazu Abs. 1 des Entwurfs vor, damit wir wissen, wovon wir sprechen: „Soweit dies zur vorübergehenden Unterbringung einer größeren Anzahl von Personen auf Grund von bereits eingetretenen oder bevorstehenden Ereignissen, insbesondere Naturereignissen“, und so weiter.

 

Dazu hat Kollege Pawkowicz eine fast philosophische Abhandlung über die möglichen Naturereignisse gehalten, hat von Kometen, und so weiter gesprochen. - Wenn man ein bisschen nachdenkt und da hineinschreibt, dass man eine Ausnahme von der Bauordnung braucht, weil es eine Naturkatastrophe geben kann und weil man die Leute dann schnell unterbringen möchte, dann wird jeder sagen, das ist völlig logisch! Wenn man aber die Formulierung „Naturereignisse“ wählt, dann sollte man sich vielleicht doch überlegen, ob das das richtige Wort ist!

 

Betreffend unbestimmte Gesetzesbegriffe will ich auch gar nichts weiter ausführen. Ich meine nur, dass man sich doch selbst fragen muss, wenn man die Anrainerrechte und das Baurecht außer Kraft setzt, ob es dafür tatsächlich einen triftigen Grund gibt! - Ich habe den mehrstündigen Ausführungen des Kollegen Pawkowicz nach meiner schweren Müdigkeitsphase dann doch genauer gelauscht: Er hat gesagt, dass Herr Landesrat Ludwig die Bereitstellung von 13.000 Wohnungen bis 2018 plant, wir aber 140.000 Personen allein in der Grundversorgung und als Asylwerber hier haben. Das kann sich also überhaupt nicht ausgehen, denn dann würden zehn auf eine Wohnung kommen! Und das kann auch nicht die Attraktivität sein, von der Herr Chorherr gesprochen hat!

 

Somit haben wir sowieso schon ein Problem, aber dieses Problem hatten wir schon vorher! Ein Jahr vor der Wahl hat es geheißen: Wien ist eine Smart City. Wir werden 2 Millionen Einwohner haben, also bauen wir quasi noch 10 Mal die Seestadt Aspern. - Jetzt haben wir dazu noch geschätzte 140.000 bis 180.000 Flüchtlinge beziehungsweise Asylwerber mit Asylstatus bis 2018 - ich habe mir das jetzt auch nicht mehr so genau gemerkt -, und jetzt sollten irgendwo die Wohnungen herkommen.

 

Das ist auch nicht so lustig! Bei den Bürgerversammlungen weht der SPÖ und der rot-grünen Stadtregierung durchaus ein rauer Wind entgegen. Zu solchen Versammlungen wird dann meist statt der Stadträtin der Flüchtlingskoordinator geschickt, der das dann immer ausbaden muss. Wenn Sie aber jetzt mit dieser Novelle Bürgerversammlungen verhindern wollen und den Bürgern das einfach vor die Nase stellen, dann wird das auch nicht unbedingt zu einer Wählermaximierung beitragen, meine Damen und Herren!

 

Bei der Stadt Wien ist das ja gang und gäbe. Es ist alles entglitten: Die Islam-Vereine sind irgendwie entglitten, die Kindergärten sind entglitten. Als ich zuletzt ferngesehen habe, nämlich gestern in der Früh „Puls TV“, was nicht unbedingt ein rechter Sender ist, ist es um Drogen und Sex in Islam-Kindergärten gegangen, und der Sprecher hat gesagt, dass es in jeder anderen Stadt und in jedem anderen Land deswegen schon lange Rücktritte gegeben hätte, man in Wien aber nicht einmal eine Antwort aus dem Rathaus bekommt. - Das ist so! Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wien ist mit dem sozialen Wohnbau ab 1919 groß geworden. Wien war jahrzehntelang eine rein sozialdemokratisch geführte Stadt, und ich verstehe ja, dass es schwierig ist, wenn man etwas sozusagen als sein geistiges und sonstiges Eigentum betrachtet, umzudenken und festzustellen, dass es vielleicht auch noch andere Parteien gibt. Es sind gar nicht mehr so viele, und Sie sehen ja, dass es immer schwieriger wird! Wir sind 34 Abgeordnete und haben einen Vizebürgermeister und 3 Stadträte, wir können den Verfassungsgerichtshof anrufen, was wir auch tun werden, wir können den Rechnungshof anrufen, was wir tun, und wir können Untersuchungsausschüsse beantragen.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular