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Landtag, 39. Sitzung vom 01.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 19

 

das ist die höchste rechtliche Ordnung in unserer Gesellschaft! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Der Verfassungsgerichtshof hat bitte sehr nicht nur mit der Meinungsfreiheit argumentiert. Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Gleichheitsgrundsatz im Art 7 unserer Bundesverfassung argumentiert, weil er gesagt hat, ein absolutes Bettelverbot, das nicht differenziert ist und ohne Ausnahmen ist, ist unsachlich und verletzt daher unseren Gleichheitsgrundsatz und damit aber auch die Europäische Menschenrechtskonvention. Damit hat der Verfassungsgerichtshof die Bettelverbote, die absoluten Bettelverbote in jenen Ländern, die ein absolutes Verbot vorsehen, auch als verfassungswidrig aufgehoben. Also überall, wo Menschen missbraucht werden und ausgebeutet werden, bestimmt das Landes-Sicherheitsgesetz sehr wohl, dass bestimmte Formen des Bettelns verboten sind. Dazu gehört das Verbot der Kinderbettelei, das ist in Wien verboten, und die organisierte - (Abg Mag Wolfgang Jung: Aber es geht nicht in der Praxis!) Schauen Sie, zur Praxis komme ich noch. -, die gewerbsmäßige und die aggressive Bettelei. Das Eisenbahngesetz verbietet darüber hinaus das Betteln in den U-Bahnen und in den Straßenbahnen.

 

Es ist daher nicht richtig, so wie Sie es in Ihrem Antrag beschrieben haben, dass nur das gewerbsmäßige Betteln in Wien mit dem Wiener Landes-Sicherheitsgesetz verboten ist. Lesen Sie das Gesetz genau, denn Ihrer Meinung nach besteht ja das Problem darin, dass bettelnde Menschen nicht bestraft werden können, weil man ihnen, so wie ich es heute des Öfteren gehört habe, die Gewerbsmäßigkeit nicht nachweisen kann. Erstens einmal ist nicht nur das gewerbsmäßige Betteln verboten, sondern auch das aufdringliche und aggressive. Lesen Sie das Gesetz, das steht so ausdrücklich drinnen. Und zweitens einmal stimmt es einfach nicht, dass der Tatbestand der Gewerbsmäßigkeit in der Praxis nicht nachgewiesen werden kann. Es ist in der Praxis eher das Gegenteil der Fall, dass der Tatbestand der Gewerbsmäßigkeit sehr leicht angewendet wird. Das ist ja auch der Grund, weshalb es jetzt ein Vorhaben von Seiten der Justiz gibt, den Begriff der Gewerbsmäßigkeit zu entschärfen. Denn momentan ist es so, dass die erste Straftat bereits ausreicht, um als gewerbsmäßiger Straftäter zu gelten, wenn die Behörden und die Staatsanwaltschaft der Meinung sind, dass der Täter die Tat öfter verwirklichen wollte. Die Betonung liegt auf „öfter verwirklichen wollte“. Und jeder, der sich in der Praxis damit auseinandersetzt, weiß, dass das so stimmt. In der Praxis ist es so, dass das in den meisten Fällen so angenommen wird. Daher haben wir in der Praxis eher das gegenteilige Problem, dass die Gewerbsmäßigkeit fast immer angenommen wird, wenn auch die Tat zum ersten Mal begangen wurde. Und wenn Sie ernsthaft mit … (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Schrecklich! Schrecklich!) Nein, es ist die Wahrheit. Sie kennen sich nicht aus. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Schrecklich!) Wenn Sie sich ernsthaft mit dem Landes-Sicherheitsgesetz vertraut gemacht hätten (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ja genau!), dann wüssten Sie, dass Wien bereits strenge Regelungen hat, wenn es darum geht, Ausbeutung von Menschen zu unterbinden. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Zahnlos!) Daher tun Sie bitte nicht immer so, als ob bei uns jeder machen könnte, was er will, und es keinen Rechtsstaat gäbe! Phänomene wie Menschenhandel sind zudem im Strafgesetzbuch geregelt und das Sicherheitspolizeigesetz gibt es ja auch noch. Das regelt die Gefahrenabwehr und den vorbeugenden Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum. Aber immerhin haben Sie mittlerweile verstanden, dass ein allgemeines Bettelverbot nicht im Einklang mit unserer Rechtsordnung ist.

 

Jetzt sprechen Sie in Ihrem Antrag von einem sektoralen Bettelverbot. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Und der rote Bürgermeister in Saalbach setzt es um!) Anscheinend ist das absolute Bettelverbot jetzt nur mehr ein langfristiges Ziel von Ihnen geworden. Und jetzt führen Sie das Salzburger Beispiel an. Erstens handelt es sich am Beispiel Salzburg nicht um eine Gesetzesänderung, sondern um eine Verordnung. Sie wollen aber eine Gesetzesnovelle. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das geht ja nicht anders!) Und zweitens … Warten Sie, hören Sie mal zu. Und zweitens möchte ich Sie auch (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie haben ja keine Ahnung bitte!) darauf aufmerksam machen, wenn Sie schon beim Vergleichen sind und das Salzburger Gesetz oder die Salzburger Verordnung so rühmen, dann möchte ich Ihnen sagen, dass das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz weiter geht und strengere Vorschriften betreffend Bettelei aufweist als das Salzburger (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Was regen Sie sich so auf!), denn das Salzburger kennt zum Beispiel nicht das Verbot der gewerbsmäßigen Bettelei.

 

Außerdem wird die Verordnung so gestaltet sein müssen, dass sie nicht ein allgemeines Verbot an bestimmten öffentlichen Orten beinhalten darf, weil sie dann wieder nicht verfassungskonform wäre. Es stellt sich daher überhaupt die Frage, ob nicht auch ein sektorales Bettelverbot nicht auch ein absolutes in sich trägt. Aber das wird der Verfassungsgerichtshof sicher auch entscheiden. Es könnte auch durchaus sein, dass der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung kommt, dass die Festlegung von Bettelverboten für bestimmte Bereiche des öffentlichen Raums nämlich zu einem absoluten führen könnte, denn auch jene Bettlerinnen und Bettler wären davon betroffen, die sich in einer Notlage befinden und weder organisiert sind noch gewerbsmäßig sind noch aufdringlich sind. (Abg Gerhard Haslinger: Wo sitzen die? Wo sitzen die? Bitte wo sitzen die?)

 

Bei der Fülle der Gesetze, die ich heute aufgezählt habe, Landes-Sicherheitsgesetz, Eisenbahngesetz, Sicherheitspolizeigesetz, Strafgesetzbuch, die umfassend das Thema Menschenhandel, die umfassend das Thema Bettelei behandeln - und in den U-Bahnen, Straßenbahnen ist das aggressive, aufdringliche, gewerbsmäßige Betteln verboten. Deshalb verstehe ich nicht ganz, was dieser Antrag soll. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Reden Sie nur weiter!) Aber es gehört offenbar zu den Eigenheiten der FPÖ, dass sie reflexartig immer alles verschärfen will, wurscht was. Dahinter steckt nun mal ein Gesellschaftsmodell (Abg Mag Jo

 

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