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Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 64

 

Oder: Das Wiener Kindertagesheimgesetz 2003, wo es damals, vor zwölf Jahren, um die Kindergruppenhöchstzahl gegangen ist, um sonst überhaupt nichts - und dann ist ein Zusatzantrag gestellt worden, der sich auf die religiöse Herkunft der Kinder bezogen hat, sich also überhaupt nicht mit der Kindergruppenhöchstzahl befasst hat. Und, Herr Klubobmann Schicker, ich frage Sie: Wurde dieser Antrag damals zugelassen? - Selbstverständlich ist dieser Antrag zugelassen worden! Wir verlangen daher heute, dass Prof Kopietz auch diesen Antrag zulässt! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Herr Klubobmann, Ihre problematische Verfahrensweise - auch das möchte ich wiederholen - zeigt sich ja auch bei der persönlichen Rechtsabwägung des Präsidenten in diesem Haus. Erst vor zwei Jahren gab es einen Beschluss in diesem Haus über ein Gesetz mit einem holprigen Namen, nämlich über das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Dienstrecht und innere Verwaltung. Ja, worum ging es denn da? Auch das möchte ich wiederholen: Da ging es darum, unsere 20 Gesetze in Wien an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit anzupassen. Und was ist dann passiert? - Dann ist natürlich ein Zusatzantrag eingebracht worden, meine Damen und Herren, und zwar von Ihnen selbst, von der SPÖ gemeinsam mit den GRÜNEN ist dieser Zusatzantrag eingebracht worden, in dem es darum gegangen ist, das Volksbefragungsgesetz ganz umfangreich in ganz anderen Punkten zu novellieren. In diesem Zusatzantrag sind acht weitere Punkte vorgeschlagen worden, die überhaupt nichts mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu tun haben. Und, meine Damen und Herren, trotzdem ist natürlich vom Präsidenten dieses Hauses, vom Wiener Landtagspräsidenten Harry Kopietz dieser Antrag damals selbstverständlich zugelassen worden, weil er natürlich zugelassen werden musste.

 

Meine Damen und Herren! Herr Prof Kopietz! Es zeigt also die juristische Betrachtung der Ordinarien in Wien und in Linz, aber es zeigt auch Ihre eigene Praxis, Herr Prof Kopietz - dass Sie natürlich in der Vergangenheit diesen Antrag, genau den gleichen Zusatzantrag, zugelassen haben -, dass Sie heute aus politischer Opportunität, aus Angst davor, eine Abstimmungsniederlage in diesem Haus zu erleiden, diesen Antrag nicht zulassen. Und das ist ein reiner Willkürakt, Herr Prof Kopietz! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Und, Herr Klubobmann, wenn dieses Gesetz - und das ist ja der entscheidende Punkt, der weit über den heutigen Tag hinausreicht - heute rechtswidrig beschlossen wird, weil es mit einem Verfahrensmangel behaftet ist, weil eben ein Zusatzantrag hier rechtswidrig nicht zugelassen wird, dann führt das dazu, Herr Klubobmann (Zwischenruf von Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely.), Frau StRin Wehsely, dass der Verfassungsgerichtshof das Ganze prüfen wird und prüfen muss. Denn die Nichtzulassung eines solchen Antrages ist ja keine Nichtigkeit, kein Verstoß gegen Ordnungsvorschriften, sondern der Verfassungsgerichtshof muss das aufgreifen, weil es - und das ist der Punkt, meine Damen und Herren und Herr Prof Kopietz -, würden Sie diesen Zusatzantrag heute zulassen, möglicherweise ein ganz anderes Abstimmungsverhältnis und möglicherweise auch ein ganz anderes Gesetz gäbe! (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Deswegen darf man es nicht zulassen, weil es ein ganz anderes Gesetz wäre! Es geht hier um dieses Gesetz!) Und weil Sie genau diesen Antrag daher nicht zulassen, ist das im Kern des Verfahrensrechts verfassungswidrig, Herr Kollege Schicker, und dafür solltet ihr euch eigentlich genieren, Herr Klubobmann! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Ich meine daher zum Abschluss, Herr Klubobmann Schicker und Herr Prof Kopietz: Wenn Sie diesen Antrag heute wirklich nicht zulassen, entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut unserer Wiener Stadtverfassung, aber auch entgegen der Geschäftsordnung und vor allem auch entgegen Ihrer eigenen bisherigen politischen Praxis (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Das stimmt ja nicht!) auf diesem hohen Amt da oben, wenn Sie ihn trotzdem nicht zulassen, dann werden wir uns überlegen, wegen dieser Verfassungswidrigkeit auch den Verfassungsgerichtshof anzurufen.

 

Und, meine Damen und Herren von der SPÖ, eines ist sicher: Wenn Sie das heute gegen das Gesetz, gegen Recht und Ordnung durchziehen, dann ist dieser Beschluss verfassungswidrig und dann sind Sie persönlich schuld, Herr Prof Kopietz, wenn die Wiener Wahl am 11. Oktober ungültig ist und wenn sie dann wiederholt werden und ein zweites Mal stattfinden muss! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Der nächste zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldete Abgeordnete ist Herr Abg Margulies. Ich erteile das Wort. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Vielleicht nehmen Sie einmal Stellung, Herr Präsident!) – Das wird geschehen.

 

14.41.07

Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Werte KollegInnen! Es ist jetzt schon einiges darüber gesprochen worden, dass es natürlich selbstverständlich war, dass solche Anträge gestellt werden dürfen, nicht nur seit es diese Koalition gibt, sondern auch zuvor. Eigentlich kann ich mich nicht erinnern, dass jemals ein Zusatz- oder Abänderungsantrag nicht gestellt werden durfte. Das war selbstverständlich! Der Antrag zur Änderung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist ja schon genannt worden. Was da selbstverständlich als Zusatzantrag oder Abänderungsantrag möglich war und was nicht, das möchte ich kurz zitieren. Ich zitiere zunächst den ursprünglichen Antrag, der gelautet hat:

 

„Art 13 Das Gesetz über die Durchführung von Volksbefragungen …, zuletzt geändert …, wird wie folgt geändert: § 4 Abs 4 lautet: ‚Gegen Bescheide im Sinne der Abs 2 und 3 ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig.‘

 

Zweitens: In § 5 Abs 1 2. Satz wird das Wort ‚Rechtsmittelentscheidung‘ durch die Wortfolge ‚Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien‘ ersetzt.

 

Drittens: In § 7 Abs 2 letzter Satz wird nach dem Ausdruck ‚LGBl für Wien Nr 16‘ die Wortfolge ‚in der jeweils geltenden Fassung‘ eingefügt.“

 

So weit das Gesetz, das zur Diskussion gestanden ist. Und jetzt der von Prof Kopietz selbstverständlich zugelassene Abänderungsantrag. - Ich entschuldige

 

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