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Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 64

 

wohl hier im Landtag abgebildet - missachtet wird, verfassungswidrig ist.

 

Also kann man einmal als ersten Punkt zusammenfassen: Jede Regelung ist bundesverfassungswidrig, die sich mit dem wahren Willen der Landtagsmehrheit nicht deckt.

 

Richtig angesprochen wurde der § 126 Abs 2 Wiener Stadtverfassung, der Zusatzanträge und Abänderungsanträge unterscheidet. Ich habe das damals auch schon im Ausschuss gesagt: Bei einem Abänderungsantrag ist klar, dass er sich mit einem Thema näher befassen muss, denn es muss ja das Thema abgeändert werden. Das heißt, es muss ein bestehendes Thema reduziert oder verändert werden. Das hat Kollege Stürzenbecher im Ausschuss dahin gehend angesprochen, dass er gesagt hat, es sei ein enger Zusammenhang mit der behandelten Materie (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Inhaltlicher beziehungsweise systematischer Zusammenhang!) - inhaltlicher Zusammenhang, Herr Kollege, haben Sie gesagt; danke, dass Sie es bestätigen - notwendig. Kollege Schicker ist, glaube ich, jetzt hier in die gleiche Richtung gegangen.

 

Beim Ergänzungs- oder Erweiterungsantrag hingegen ist das eben nicht der Fall. Beim Ergänzungs- oder Erweiterungsantrag zeigt oder sagt ja schon die reine Wortinterpretation, dass es um einen Themenbereich geht, der eben bislang nicht umfasst ist.

 

Ich habe mir jetzt sagen lassen, was einer der Gründe war, dass im § 126 Abs 2 Wiener Stadtverfassung steht: „zu jedem einzelnen Teil gestellt werden kann.“ Da muss man das Ganze aber systematisch sehen, und „jeder einzelne Teil“ - hier geht es ja im Wesentlichen um den zweiten Abstimmungsvorgang - ist eine reine Bestimmung der Effizienz der Auseinandersetzung mit einzelnen Themenblöcken, im Gegensatz zur ersten Lesung eben, hat aber jetzt nichts damit zu tun, dass wir irgendwie thematisch eng gebunden sind.

 

Richtig erwähnt ist auch worden, dass das Ermittlungsverfahren, das hier angesprochen wird, systematisch im V. Hauptstück angesiedelt ist und daher unzweifelhaft ein Zusammenhang besteht, der eine gemeinsame Behandlung zulässt.

 

Dem Kollegen Schicker muss ich ganz ausdrücklich widersprechen und auch den Aussagen von Kollegen Stürzenbecher im Ausschuss. Es besteht eben keine ausdrückliche oder sonstige Vorschrift, und zwar im gesamten Rechtsbestand nicht, dass ein Zusatzantrag in einem spezifischen oder besonders engen Kontext zum vorliegenden Gesetzesvorschlag stehen muss. Wie gesagt, Art 95 der Bundesverfassung normiert auch nicht, dass ein Landtagsausschuss damit befasst werden müsste. Und da komme ich jetzt darauf zurück, was ich am Anfang angesprochen habe, nämlich dass damals noch unterschiedliche Stimmverhältnisse im Ausschuss und hier im Landtag bestanden - wir haben es ja bis heute in der Früh nicht gewusst, dass der Kollege Akkilic hier im Landtag überläuft. (Abg David Ellensohn: Wir auch nicht!) - Ja, ich glaube es Ihnen. (Ironische Heiterkeit bei den Abgen David Ellensohn und Dipl-Ing Martin Margulies.) Da bin ich heute nicht so.

 

Der Ausschuss, und da muss man nämlich ein bisschen tiefer graben - Kollege Schicker wäre vielleicht gut beraten, mir zuzuhören und nicht in sein Handy zu schauen –, hat nämlich kein Vetorecht. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Ihre Kollegen fotografieren die ganze Zeit!) - Ja, ja, aber die passen ja auch dabei auf, Herr Kollege Schicker. Sie könnten etwas dazulernen. Der Kollege Jung weiß es schon, samt der Kamera. (Abg Mag Wolfgang Jung, in Richtung des Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Aber ich könnte Sie filmen, wenn Sie es wollen!)

 

Der Ausschuss hat nämlich - und das werde ich Ihnen gleich erklären anhand eben dieser unterschiedlichen Stimmen, die gegeben waren - keinerlei Vetorecht. Das heißt, der Ausschuss darf bundesverfassungsrechtlich nicht in die Lage versetzt werden, Gesetze oder Gesetzesinitiativen zu verhindern. Der Initiativantrag ist eine solche Gesetzesinitiative, und wenn das stimmen würde, was Kollege Stürzenbecher und Kollege Schicker sagen, könnte der Ausschuss den Antrag derartig auf ein Minimum reduzieren und hier im Landtag der wahre Wille überhaupt nicht mehr gebildet werden. Es wäre vollkommen unmöglich, und man würde damit dem schlechteren Gremium, nämlich dem Ausschuss, eine Art Vetorecht geben über das bessere Gremium, den Landtag. In die Richtung hat es auch Kollege Margulies, glaube ich, zu argumentieren versucht, dass eben der Landtag das höchste Gremium im Lande Wien ist (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Na selbstverständlich!) - und nicht der Ausschuss. Genau in die Richtung Vetorecht geht aber die Argumentation des Kollegen Schicker und genau in diese Richtung geht die Argumentation des Kollegen Stürzenbecher. Diese sind einfach methodisch nicht haltbar.

 

Aber wenn wir jetzt von der Methodik weggehen und uns der Realpolitik zuwenden, möchte ich den Kollegen Kopietz auch auf den Brauch hier hinweisen. Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass diese Situation hier so besteht. Ich erinnere zum Beispiel an die Wiener Verfahrensnovelle 2001, kundgemacht im LGBl 91/2001. Ich erinnere auch an das Wiener Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Dienstrecht und innere Verwaltung, kundgemacht im LGBl 33/2013. Das ist nicht lange her. Darunter ist auch das Wiener Volksbefragungsgesetz geändert worden, und zwar hat die Änderung letztendlich drei punktuelle Änderungen vorgesehen, nämlich: Sie sollte den Rechtszug an das Wiener Landesverwaltungsgericht normieren. Also: nur Rechtszug an das Wiener Landesverwaltungsgericht. Und man braucht sich jetzt nicht zu wundern: Es gab einen Antrag von GRÜNEN und SPÖ - zwar als Abänderungsantrag bezeichnet, inhaltlich aber ein Zusatzantrag -, mit dem acht weitere umfängliche Änderungen eingefügt worden sind. Darunter: Briefabstimmung, Stimmauszählung, Niederschrift von Volksbefragungsergebnissen - also alles Dinge, die mit einem Rechtszug an das Wiener Landesverwaltungsgericht überhaupt nichts zu tun haben. Und wer hat diesen Antrag zugelassen? - Sie werden sich nicht wundern - ich weiß es -: Es ist die Person, die hier vor uns sitzt. Es war Herr Prof Kopietz.

 

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