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Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 85

 

können, halte ich das aus! Aber, bitte, wenn Sie sagen, es ist für Sie unerträglich, sich unsere Debattenbeiträge anhören zu müssen, ganz offen gesagt, dafür werden Sie gar nicht einmal schlecht bezahlt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ich bitte schon, dass wir hier auch intellektuelle Redlichkeit in der Debatte weiter voranstellen, weil nur so werden wir zu einem Modell kommen, das in der Sozialpolitik sicherstellt, dass den Ärmsten der Armen - da sind wir d'accord - geholfen wird, aber dass dieser kleine Prozentsatz, der vielleicht Sozialhilfe falsch versteht - ich sage es einmal sehr vorsichtig - dazu bewogen wird, wieder an einer Leistungsgesellschaft teilzuhaben. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich feststellen, dass Herr Abg. Jung ab jetzt wegen des Besuches eines Begräbnisses entschuldigt ist.

 

Nächste Debattenrednerin ist Frau Abg. Hebein. Bitte darum.

 

11.48.42

Abg. Birgit Hebein (GRÜNE)|: Werte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Sehr geschätzte Volksanwaltschaft, auch ich möchte Sie herzlich begrüßen und Ihnen vorweg natürlich für Ihre enorm wichtige Arbeit danken. Sie sind quasi, und nennen sich auch so, eine Rechtsschutzeinrichtung, wo jede Bürgerin/jeder Bürger in Wien zu ihren Rechten kommen muss und kommen kann. Das ist individuell sehr entscheidend. Darüber hinaus zeigen Sie natürlich Systemlücken auf und machen Verbesserungsvorschläge. Das kann nur in unser aller Interesse sein. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken! Weiters finde ich auch die präventive Menschenrechtskontrolle, die Sie seit einigen Jahren machen, sehr wichtig. Hier geht es um Kontrolle von Menschenrechten, die Sie immer wieder durchführen. Auch hier sei Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sehr gedankt.

 

Ich werde, wie schon angekündigt, meinen Kollegin David Ellensohn ergänzen und vor allem über die Mindestsicherung sprechen. Auch hier sieht man, dass Sie konkret an einzelnen Schicksalen aufzeigen, wie enorm wichtig es ist, dass Menschen die Mindestsicherung erhalten. Hier geht es um Existenzen. Jedes einzelne Schicksal, das nicht zu seinem Recht kommt, ist eines zu viel. Sie betonen aber gleichzeitig, und das halte ich auch für außerordentlich wichtig, dass die MA 40 eine gute Arbeit leistet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sehr engagiert sind und es in den meisten Fällen zu guten Lösungen gekommen ist.

 

Was Sie aber auch aufzeigen und klar machen, ist, dass die Mindestsicherung sicher kein Mittel zur Armutsbekämpfung ist, dass es nicht heißt, wenn man das Minimum zum Leben hat, dass man dadurch automatisch an der Gesellschaft teilhaben kann. Es betrifft dann natürlich alle Bereiche, wie Bildung, Wohnen, Teilhabe und Perspektiven für die Zukunft.

 

Es stimmt, die Zahlen steigen und sie sind sehr ernst zu nehmen. Insofern muss und werde ich auch gerne auf die aktuelle Diskussion eingehen, die jetzt auf politischer Ebene sehr intensiv geführt wird, und noch ein paar Fakten festhalten, weil ich das für sehr wichtig finde.

 

Das eine ist, vor allem an die ÖVP gerichtet, vielleicht halten wir einmal fest, dass mehr als die Hälfte der MindestsicherungsbezieherInnen Kinder, Menschen mit schwerster Behinderung, Menschen, die keinen Pensionsanspruch haben und kranke Menschen sind. Das ist einmal das eine.

 

Das andere ist, dass die meisten Menschen, meine Vorredner haben es schon gesagt, 80 bis 90 Prozent, ein Einkommen haben, aber von diesem nicht leben können. Das heißt, wir reden hier nicht davon, dass Familien 2.000 EUR kriegen und nichts tun, sondern wir reden davon, dass es eine durchschnittliche Aufzahlung von 300 EUR in Wien gibt. Das halte ich für total wichtig, weil ich nicht will, und das habe ich Ihnen persönlich gesagt, Frau Abg. Korosec, dass wir hier eine Neiddebatte schüren, und diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, weil ich nicht will, dass wir auf Menschen hinuntertreten, die es eh schon schwer genug haben, sondern klar zu machen, dass die Mindestsicherung ein Rechtsanspruch unter bestimmten Bedingungen ist, in Wien übrigens unter sehr strengen Bedingungen, notwendige Unterstützung zu bekommen.

 

Was heißt das konkret? Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, dass es Sanktionsmaßnahmen geben soll, wenn jemand die Arbeit nicht annimmt, gibt es bereits. Ich bitte Sie, auch das zur Kenntnis zu nehmen. Die Arbeitsbereitschaft ist eine der Voraussetzungen, um überhaupt Mindestsicherung zu erhalten. Wenn sich jemand weigert, Arbeit anzunehmen, wird zuerst ein Viertel gekürzt, dann die Hälfte, bis zur Kürzung der gesamten Mindestsicherung.

 

Was ich auch sehr wichtig und entscheidend finde, weil das vor allem in der medialen Debatte immer wieder vermischt und auch bewusst von der FPÖ angeheizt wird, ist, dass EU-BürgerInnen keinen Anspruch auf eine Mindestsicherung haben, weil man dazu eine Aufenthaltsbewilligung braucht und man diese nur bekommt, wenn man eine Arbeit hat. Das heißt, unsere Mindestsicherung ist an das Sozialversicherungssystem gekoppelt.

 

Noch etwas, Herr Abg. Juraczka, ich weiß nicht, ob Sie selektiv zuhören. Mein Kollege Ellensohn hat davon gesprochen, dass es höhere Arbeitseinkommen braucht, dass die Reallöhne sinken und es dringend notwendig ist, wenn man wirklich Armut bekämpfen will, dass es höhere Löhne gibt, dass es Mindestlöhne gibt, von denen „man und frau“ leben kann, dass wir endlich sachlich über eine Arbeitszeitverkürzung reden, dass wir endlich darüber reden, dass Arbeit geschaffen wird, von der alle Menschen leben können, und dass wir nicht bereit sind, in einem der reichsten Länder, in einer der reichsten Städte immer wieder nach unten zu treten und auf die Menschen, die es eh schon schwer genug haben, noch verstärkt Druck auszuüben. Bitte nehmen Sie das einmal sachlich zur Kenntnis! Wir haben mit Frau Abg. Korosec vorher auch vereinbart, wir versuchen es einmal sachlich.

 

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