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Landtag, 27. Sitzung vom 25.09.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 63

 

Ganz zu Beginn möchte ich mich namens meiner Fraktion recht herzlich dafür bedanken, dass Sie heute hier hergekommen sind. Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir eine wirklich großartige, kompetente und unbürokratische Zusammenarbeit pflegen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit, denn eines spürt man bei Ihnen immer: Es ist Ihnen eine Herzensangelegenheit, wenn wir ein Anliegen an Sie herantragen.

 

Wenn man uns, von der Opposition, des Öfteren schon nicht Glauben schenken mag, so wird doch hoffentlich die Kritik der Volksanwaltschaft, die freilich unsere Kritik in vielen Punkten bestätigt, ernst genommen. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die schönsten Reden, die größten Inserate nützen nichts, ja oftmals hilft nicht einmal der hier gerne so viel zitierte „Heilige Mercer“, wenn man keine Konsequenzen aus der Kritik zieht. Und die WienerInnen scheinen doch nicht mit allem so zufrieden, wie Sie es uns hier des Öfteren weismachen wollen. Das kann man auch daran ablesen, dass die Beschwerden im vergangenen Jahr wieder einen Höchststand erreicht haben.

 

Ich habe mir einige Punkte aus dem Bericht herausgenommen, auf die ich jetzt näher eingehen möchte.

 

Zunächst möchte ich zum Thema Jugendwohlfahrt kommen. Es ist ein Fakt, dass nicht alle Kinder in der Obsorge ihrer Eltern groß werden können. Das ist traurige Tatsache, das ist Realität, der wir uns stellen müssen, gerade weil Wien als Großstadt da ein besonderer Pool ist. Aber 14 Jahre für die Umstellung von Heimunterbringung auf Wohngemeinschaften zu brauchen, ist schon ein sehr langer Zeitraum, zumal man über Jahre über die Missstände in manchen Heimen – ich möchte namentlich nur das Heim „Pitten“ herausnehmen – Bescheid wusste. Mit der Heimreform des Jahres 2000 sollte eine Regionalisierung der Fremdunterbringung erfolgen und 1995 wurde damit begonnen, die Wohnplätze für Kinder und Jugendliche aus den Großheimen in Wohngemeinschaften auf ganz Wien zu verteilen. Dennoch, es wird bis Ende 2014 dauern, bis dieses Projekt abgeschlossen ist.

 

Auch sollte uns zu denken geben, dass man in Wien zwar scheinbar ausreichend Mittel hat, Fahrradwege grün anzustreichen oder der Vizebürgermeisterin auf der Mariahilfer Straße ein Projekt „learning by doing“ zugesteht, das einen zweistelligen – mehr kann man ja dazu noch nicht sagen – Millionenbetrag kosten wird, aber in Wien die Krisenpflege für Säuglinge und Kleinkinder aus ökonomischen Gründen gefährdet ist, wie der Bericht anmerkt. Im Übrigen sind die Inseratenkampagnen des Jugendamtes in diesem Zusammenhang als mehr als entbehrlich zu bezeichnen.

 

Die Stadt Wien täte gut daran, ihre Prioritäten zu ordnen. Auch das ständige Ausreden auf den Bund – wir haben es ja heute schon vielfach gehört – ist auch im Bericht nachzulesen und mehr als entbehrlich. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns da permanent auf den Bund und – ich weiß nicht – auf wen ausreden, entziehen wir uns ja überhaupt der Berechtigung, auf Länderebene tätig zu sein.

 

Lassen Sie mich nun aber einen zweiten Aspekt des Berichtes aufzeigen, der auch sehr schön zeigt, warum die GRÜNEN ihre eigenen Ideale für die Regierungsbeteiligung über Bord geworfen haben. Ein Thema, das den GRÜNEN ein Herzensthema war, von dem man jetzt aber gar nichts mehr hört, denn es wird kritisiert, dass es in Wien nach wie vor Netzbetten gibt. In Westösterreich gibt es die seit Langem nicht mehr. Ich darf Sie von den GRÜNEN erinnern, es waren Sie, die damals die schärfsten Kritiker waren. (Abg Mag Wolfgang Jung: Die Frau Dr Pilz!) Die Frau Pilz hat da meiner Ansicht nach auch wirklich konstruktive, sehr gute Arbeit geleistet, nur seit die Frau Pilz nicht mehr da ist: Schweigen im grünen Walde.

 

Der Umstand ist umso unverständlicher, da es gravierende fachliche Kritik am Gebrauch von Netzbetten gibt und das Antifolterkomitee des Europarates – also nicht irgendjemand – den Einsatz ebendieser als menschenunwürdig klassifiziert, ja selbst in Justizanstalten wurden sie bereits abgeschafft.

 

Im Rahmen der Untersuchungskommission meinte damals Prof Salize, dass er sich nicht habe vorstellen können, dass es in Österreich so etwas überhaupt noch gäbe, dass es in Wien noch Netzbetten gäbe, sind diese doch im westlichen Ausland so gut wie unbekannt. Außer in Österreich gibt es Netzbetten im Übrigen nur noch in Malta. Patienten beschreiben die Erfahrung, in einem Netzbett eingesperrt zu sein, mit der Erfahrung, in einem Käfig zu sein.

 

Wieso, liebe GRÜNE, schweigen Sie hier zu diesem handfesten Thema? Es ist eine Schande, und es wird den Wählern wohl eine Lehre sein, wie sich grüne Politiker verhalten, wenn sie denn dann endlich in Regierungsverantwortung angekommen sind.

 

Ansprechen möchte ich aber auch das Kapitel der Mindestsicherung, denn auch hier übt die Volksanwaltschaft Kritik. Die Zahl der Wienerinnen und Wiener – und das ist bedauerlich genug –, die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Anspruch nehmen, ist, wie allgemein bekannt, kontinuierlich im Steigen. Waren es im Jahr 2010, in dem die Bedarfsorientierte Mindestsicherung eingeführt wurde, insgesamt 106 675 sozialhilfe- und mindestsicherungsbeziehende Personen, so nahmen im Jahr 2011 bereits 129 000 Wienerinnen und Wiener Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Anspruch. Heute stehen wir bei über 140 000. Die Volksanwaltschaft vermochte die Gründe für diesen signifikanten Anstieg natürlich auch nicht abschließend zu beurteilen, allerdings dürfte er, so die Volksanwaltschaft, zum Teil auf die Erhöhung der Mindeststandards und auf die erleichterte Antragstellung zurückzuführen und insoweit durchaus als beabsichtigt angesehen werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Menschen, die Unterstützung brauchen, diese auch bekommen. Es kann allerdings nicht Ziel einer Kommune sein, dass die Mindestsicherung zur Hängematte verkommt. Die Zahl der Mindestsicherungsbezieher in Wien verwundert umso mehr, wenn man sie mit Zahlen in anderen Bundesländern vergleicht. Diese von Ihnen so praktizierte Sozialpolitik kostet die Wienerinnen und Wienern jährlich 412 Millio

 

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