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Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 74

 

Griechenland, habe in Griechenland Verwandte und auch Freunde. Ich interessiere mich sehr für dieses Land und stelle mit Erschütterung fest, was dort passiert. Die Menschen sind wirklich arm. Wenn ein Pensionist heute in Athen mit 250 EUR Pension leben muss, wo die Wohnungsmiete im Durchschnitt höher ist als in Wien, dann frage ich Sie, wie das gehen soll? Das geht nicht - das kann nicht gehen und führt zu unmöglichen, untragbaren sozialen Zuständen. Ich bin der Meinung, wenn man schon Geld nach Griechenland zahlt, sollte es tatsächlichen den Menschen zu Gute kommen, die dieses Geld dringend benötigen, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir reden heute aber nicht über Griechenland, sondern über den Stabilitätspakt, den die Gemeinde Wien oder das Land Wien zu ratifizieren hat. Sie wissen, es wurde im Frühjahr dieses Jahres, Frühjahr 2012, ein neuer Stabilitätspakt auf Grund dieser ganzen Turbulenzen, die es auf europäischer Ebene und auch auf internationaler Ebene gibt, notwendig. Und welches sind nun die Eckpunkte dieses Stabilitätspaktes, die der Landtag heute ratifizieren soll?

 

Der erste Eckpunkt des Stabilitätspaktes ist ein ausgeglichener Haushalt, nämlich nicht nur Wien, sondern auch des Bundes, bis zum Jahr 2017. Das ist sehr wichtig. Das ist eine Forderung, die wir sicherlich auch unterstützen. Ein ausgeglichener Haushalt ist der Grundsatz einer Bilanzierung und kann nur unterstützt werden.

 

Der zweite Punkt, der im Stabilitätspakt gefordert wird, betrifft das Defizit. Bund und Länder verpflichten sich, 2012 bis 2016 den Haushaltssaldo, also den Maastricht-Saldo nicht zu überschreiten. Der Maastricht-Saldo für den Bund im Jahr 2013, beträgt 1,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und der Länder im Jahr 2013 0,44 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wenn ich Sie erinnern darf, war der Maastricht-Saldo 2013, den die Gemeinde Wien ausgewiesen hat, mit 347 Millionen im Budgetvoranschlag.

 

Der nächste Punkt betrifft das strukturelle Defizit. Wie Sie wissen, werden die nominellen Defizite auf strukturelle Defizite auf Grund der europäischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung umgestellt. Das strukturelle Defizit ist das um konjunkturelle Effekte und das um Einmaleffekte bereinigte Defizit. Also das strukturelle Defizit des Bundes soll einen Wert von 0,45 Prozent des nominellen BIP erreichen und nicht übersteigen. Das strukturelle Defizit der Länder und der Gemeinden soll 0,1 Prozent des nominellen BIPS nicht überschreiten. Das sind durchaus ambitionierte Ziele. Wir wissen, und die Frau Finanzstadträtin hat das ja auch schon mehrfach ausgeführt, aus diesem Zusammenhang ergibt sich für Wien ein Konsolidierungsbedarf bis zum Jahr 2016 von 1 Milliarde EUR einzusparen oder Einnahmen zu erhöhen, damit man eine Milliarde hereinbekommen kann. Wie wir ja schon gesehen haben, ist dies vielleicht die bevorzugte Variante auf der Gemeindeebene. Das bedeutet auf jeden Fall einen Konsolidierungsbedarf von 1 Milliarde EUR. Das ist sehr viel Geld und sicherlich eine große Vorgabe für die Gemeinde. Ich denke, das bedarf noch etlicher Diskussionen in den nächsten Jahren sowie Diskussionsstoff, wie diese Milliarde dann tatsächlich als Konsolidierungsbedarf zu Stande kommt.

 

Ein weiterer Eckpunkt des Stabilitätspaktes ist die Ausgabenbremse. Die Ausgabebremse sieht vor, dass die Ausgaben nicht stärker steigen dürfen, als das langfristige BIP-Wachstum ist.

 

Das sind also in etwa 1 bis 2 Prozent Wachstum. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Ausgaben für das Spitals- und das Gesundheitswesen natürlich enorm stark ansteigen. Hier gibt es diese Ausgabenbremse. Daneben gibt es noch die Rückführung der öffentlichen Verschuldung. Da besteht eine Zwanzigstelregel. Dies bedeutet, dass die Gebietskörperschaften und auch die Gemeinde angehalten werden, Schulden zurückzuführen, zusätzlich zu den genannten Konsolidierungsmaßnahmen von 1 Milliarde EUR.

 

Ein weiterer Eckpunkt des Stabilitätspaktes ist, dass dieses Mal im Unterschied zum Vorgängermodell des Stabilitätspaktes 2011, der Stabilitätspakt ein unbegrenzter Stabilitätspakt ist. Der Stabilitätspakt kann also nur beendet werden, wenn außergewöhnliche Dinge eintreten. Solch eine außergewöhnliche Situation kann zum Beispiel sein, dass der Finanzausgleich nicht zu Stande kommt oder dass man sich bei den 15a-Verhandlungen im Bereich der Gesundheitsreform, Spitalsreform nicht einigen kann.

 

Das sind auch die wesentlichen Kritikpunkte, die wir als Fraktion an diesem Stabilitätspakt haben. Wir sagen, bevor man einen Stabilitätspakt macht, braucht man ein einheitliches Haushaltsrecht. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Forderung nach einem einheitlichen Haushaltsrecht haben wir schon mehrfach aufgestellt - und nicht nur wir. Der Rechnungshof moniert das seit sehr vielen Jahren. Es wird nicht gemacht. Im Gegenteil, es gibt immer wieder Diskussionen - so wie auch hier kürzlich -, wo gesagt wird, wir reden über unterschiedliche Zahlen und Fakten. Das alles könnten wir uns sparen, wenn wir ein einheitliches Haushaltsrecht hätten – einheitlich, verbindlich und transparent. Dann wüsste man, wie hoch die einzelnen Positionen sind, die dann auch entsprechend verglichen werden könnten.

 

Unseren zweiten Kritikpunkt habe ich zuerst schon bei den Eckpunkten angesprochen: Es handelt sich um das automatische Ende der Laufzeit des Stabilitätspaktes, wenn bestimmte Faktoren nicht eingehalten werden. – Auch die Gemeinden müssen dem Stabilitätspakt zustimmen. Das könnte problematisch werden, etwa wenn der Finanzausgleich nicht zu Stande kommt, wenn es keine Spitalsfinanzierung und keine Finanzierung im Gesundheitsbereich gibt. Ich bin jetzt seit zwei Jahren hier im Gemeinderat, und ich weiß, wie schwierig das ist, und ich weiß, wie viel Handlungsspielraum bei einer Stadtregierung vorhanden ist. Das bedeutet, jedes Bundesland kann den Stabilitätspakt jederzeit mit einem Veto blocken, etwa wenn der Finanzausgleich nicht klappt oder man keine Einigkeit über die Spitalsfinanzierung findet.

 

Das ist – wie gesagt – unser zweiter Kritikpunkt: Es sind Hintertüren offen, und das sind riesige Hintertüren. Ich verstehe, dass der Handlungsspielraum der Gemein

 

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