«  1  »

 

Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 74

 

und Zukunftsbereichen verstehen. Also die Green-Jobs-Strategie, die wir in Wien ausarbeiten, sind nicht nur Arbeitsplätze im, ich sage einmal, traditionellen Umweltbereich, Energiebereich, Verkehrsbereich, Ökobereich, sondern sind auch gute und zukunftsträchtige Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich und in der Pflege, in Forschung und Entwicklung, im Sozialbereich und sind Arbeitsplätze, die existenzsichernd und in ein gutes Arbeits- und Sozialrecht eingebunden sind.

 

Das folgt auch der Definition der United Nations Organization für Green Jobs, die ja Green Jobs nicht nur auf Sektoren reduziert, sondern auch Decent Jobs, also gute und abgesicherte Arbeitsplätze sieht. Ich denke, mit unserer Investitionspolitik auch im WAFF, dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, gehen wir ja genau in die Richtung, existenzsichernde Beschäftigung und auch Vollbeschäftigung zu fördern.

 

In Wien ist dieser Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung finanziert, er ist gesichert. Es ist schon in der Budgetdebatte sehr ausführlich angesprochen worden: 3,3 Milliarden EUR im Bereich Gesundheit und Pflege, 630 Millionen EUR im Bereich der Kinderbetreuung, Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, starke öffentliche Dienstleistungen. Ich will jetzt gar nicht noch einmal alles aufzählen, welche Investitionen alle Wien tätigt, um Wirtschaft und Beschäftigung zu fördern, damit die Verteilungsfrage zu verbessern und Chancengerechtigkeit in dieser Stadt zu fördern.

 

Ich bringe jetzt dazwischen kurz den Antrag formal ein, sonst vergesse ich es. (Die Rednerin überreicht dem Präsidium ein Schriftstück.)

 

In Europa ist dieser Pakt für Wachstum und Beschäftigung, den wir mit diesem Antrag fordern, noch lange nicht so gesichert und schon gar nicht so finanziert, wie das derzeitige Feilschen ums EU-Budget, das Sie alle sicher in den Medien verfolgt haben - heute hat ja der Sondergipfel ums EU-Budget begonnen - zeigt. Ein Festival nationaler Interessen habe ich es schon in der Budgetrede genannt.

 

Ich denke mir, einigen Verhandlern oder Verhandlerinnen - es sind vor allem Verhandler - ist überhaupt nicht klar, dass es mit dem EU-Budget auch um die Zukunft Europas geht und darum geht, eben dieses Europa der Solidarität, dieses Europa des Wachstums und der Beschäftigung auch wirklich zu Stande zu bringen. Wir können doch nicht glauben, dass wir die Krise mit weniger Geld, mit Einsparungen, mit einer Reduktion auch der Ausgaben für Soziales und Beschäftigung, so wie es der derzeitige Vorschlag von Ratspräsident Van Rompuy vorsieht, auch wirklich erreichen. Mehr Europa bekommen wir ganz bestimmt auch nur mit mehr Geld - meine Damen und Herren, das ist die tiefste Überzeugung der GRÜNEN!

 

Wir müssen hier investieren und müssen uns auch klar werden, dass das Ringen um das EU-Budget, das in diesen Tagen stattfindet, wirklich auch eine Weichenstellung für das ist, was Europa in den nächsten Jahren im Bereich der Beschäftigung, im Bereich des nachhaltigen Wachstums, im Bereich der Sozialunion überhaupt zu Stande bringen kann. Denn eines kann ja nicht gehen: die Wirtschafts- und Währungspolitik zu vergemeinschaften, die Sozialpolitik und die Beschäftigungspolitik aber in der sogenannten Subsidiarität der Mitgliedsstaaten zu lassen, die man gleichzeitig durch ESM und Fiskalpakt aber kaputtspart. Das wird sicher nicht funktionieren, meine Damen und Herren! Deshalb fürchte ich, dass die nächsten Tage mit diesem Feilschen ums EU-Budget, das ja zu scheitern droht, eine vertane Chance sind. Eine wirklich vertane Chance!

 

Was wirklich wichtig gewesen wäre oder wichtig wäre, an Forderungen zu stellen, wäre einerseits die Erhöhung des Eigenmittelanteils der EU, um genau diese Abhängigkeit von den Mitgliedsstaaten und deren Budgets zu vermindern. Dazu gehört die Finanztransaktionssteuer, dazu gehören aber auch Ideen, die es ja gibt, zu Umweltabgaben, zum Bespiel europaweite CO2-Abgabe oder Kerosinsteuern.

 

Wir GRÜNE unterstützen aber auch den Vorschlag des Europäischen Parlaments - ich sage es ganz offen - auf Erhöhung des EU-Budgets um mindestens 5 Prozent, weil wir glauben, dass nur so die Zukunft der Europäischen Union und der Ausbau gerade dieser Säulen, die uns wichtig sind, nämlich Sozialpolitik und Beschäftigungspolitik, gesichert werden kann, gemeinsam mit einer radikalen Umverteilung, Neuverteilung innerhalb des EU-Budgets, weg von, ich nenne es einmal so, gießkannenartiger Landwirtschaftsförderung, die ja 40 Prozent ausmacht – 40 Prozent des gesamten EU-Budgets gehen in die Landwirtschaft -, und mehr in Richtung Regionalpolitik, Kohäsionspolitik - wir haben das in der Budgetdebatte schon angesprochen -, Stärkung des Europäischen Sozialfonds, Stärkung des Europäischen Regionalfonds und auch Stärkung des Globalisierungsfonds, wo wir ja vor ein paar Monaten auch einen gemeinsamen Antrag von Rot-Grün gestellt haben, dass es nicht in die richtige Richtung geht, dass jetzt ArbeitnehmerInnen von diesem Globalisierungsfonds sukzessive weniger gefördert werden sollen und dafür Landwirte, Landwirtinnen - ich habe es mir angeschaut, es sind vor allem Landwirte (Abg Mag Wolfgang Jung: „Landwirtessen? Bäuerinnen heißt das!) - gefördert werden.

 

Darum finden wir GRÜNE, dass der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, von Ratspräsident Van Rompuy genau in die falsche Richtung geht und hier keine Zukunftshoffnung ist, nämlich die Regionalpolitik zu kürzen, den Globalisierungsfonds um 40 Prozent zu kürzen, auch den Solidaritätsfonds. Also Solidarität bei Katastrophen, Hochwasser zum Beispiel, Erdbeben, soll um ein Viertel gekürzt werden. Und was mich besonders traurig stimmt: Auch die Europäische Entwicklungszusammenarbeit soll um über 10 Prozent gekürzt werden.

 

Es ist schon angesprochen worden, ich glaube, von Frau Kollegin Feldmann und anderen: Die EU hat den Friedensnobelpreis bekommen. Ich halte das, ehrlich gesagt, für eine fragwürdige Entscheidung, denn ich finde, dass die EU ihrer globalen Verantwortung überhaupt nicht gerecht wird, diesen Preis nicht verdient hätte, und das schon gar nicht, wenn jetzt auch noch die Mittel genau in diesem Bereich der globalen Verantwortung zusammengekürzt werden.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular