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Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 62

 

Volkswillen haben Sie nicht sehr viel zu tun gehabt. Denn es war völlig klar, dass neun Fragen im Grunde genommen mit breitester Mehrheit - ich will nicht sagen, einstimmig, weil das weiß ich nicht so genau - in diesem Hause hätten beschlossen werden können. Es waren im Großen und Ganzen alle in irgendeiner Form dafür. Diese Breite der Zustimmung zu den Fragen war auch vom Willen der Bevölkerung gedeckt. Daher wäre eine Volksbefragung für No-na-Fragen eigentlich nicht nötig gewesen. Einzig die Frage der City-Maut - das wurde heute auch schon inhaltlich diskutiert - hätte sowohl auch im Gemeinderat als auch in der Bevölkerung eine klare Absage gefunden. Wir werden sehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln.

 

Das Aufzwingen des Parkpickerls in den Außenbezirken dient auf alle Fälle einzig der Stadtkasse. Es dient einzig dazu, die Kassen der Stadt Wien zu füllen. Die Bevölkerung hat nichts davon. Ohne Einbeziehung der Bevölkerung ist eine Ausweitung des Parkpickerls schlicht und einfach ein Raubzug in die Taschen der Bürger. Man sieht ja, wie die Stimmung der Bevölkerung ist, wenn man weiß, wie die Abstimmung im 18. Bezirk mit Zweidrittelmehrheit ausgegangen ist.

 

Daher ist grundsätzlich festzustellen, die FPÖ ist nicht gegen ein Parkpickerl an sich. Das hat durchaus Ordnungsfunktion. Aber ein Wien-weites Parkpickerl mit Ausnahme des 1. Bezirkes könnte dazu dienen, dass es einen Ordnungsfaktor dafür gibt. Aber das müsste kostenfrei sein. Der Ordnungsfaktor kann nicht zum Abkassieren für die Stadtkasse verwendet werden, mit Ausnahme natürlich einer Bearbeitungsgebühr, der wir jederzeit zustimmen würden.

 

Direkte Demokratie ist leider ein Thema, wo die SPÖ ein gebrochenes Verhältnis hat. Auch Bgm Häupl hat gestern schon in einer sehr deutlichen Art und Weise die Demokratie der Schweiz ziemlich deutlich in Frage gestellt und sie an den Rand demokratischer Zustände gedrückt (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Überhaupt nicht!), und das für einen Staat, der über Jahrhunderte die Mitbestimmung kennt, während wir uns in Österreich noch jahrhundertelang mit Monarchien und Diktaturen aufhalten und beschäftigen mussten.

 

Ich glaube daher, dass ein größerer Teil der Bevölkerung, und das muss man immer dazudenken, beginnt, sich vom politischen System abzuwenden. Das ist unübersehbar. Umfragen wurden zum Teil schon zitiert. Die Abwendung geschieht, weil schlicht und einfach Sprache und Inhalte der Herrschenden mit Sprache und Inhalten der Beherrschten nichts mehr zu tun haben. Wenn sich diese Schere weiter auseinanderzieht, dann wird Demokratie als solche einfach unglaubwürdig. Das Parkpickerl ist natürlich in dem Sinn nur ein kleines Thema in diesem Zusammenhang. Aber es zeigt eben die Missachtung des Willens der Bevölkerung. Es zeigt, wie wenig die SPÖ und vor allem die Grünalternativen, die so gerne von Mitbestimmung reden, im Grunde genommen geneigt sind, der Bevölkerung ihren Willen zu lassen und nicht den eigenen Willen durchzusetzen.

 

Ich glaube, dass das etwas ist, wo wir gemeinsam mit dem Volk, gemeinsam mit der Volkspartei beweisen können, dass wir zusammen erreichen werden, dass natürlich die Unterschriften zusammengebracht werden, dass natürlich eine Volksbefragung stattfinden wird und dass selbstverständlich diese Volksbefragung gegen die Intentionen der Vizebürgermeisterin ausgehen wird, auch keine Frage. Ich hoffe, dass zumindest die SPÖ lernfähig ist und direkte Demokratie als solche nicht ablehnt. (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als nächster Redner hat sich Herr Abg Dipl-Ing Al-Rawi gemeldet. – Bitte.

 

11.24.47

Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Der Herr Landtagspräsident Herzog hat es auf den Punkt gebracht. Es geht gar nicht ums Parkpickerl, sondern heute geht die Diskussion darum, ob wir Bekenner der plebiszitären direkten Demokratie oder der repräsentativen Demokratie sind.

 

Damit ein für alle Mal die auch wieder viel zitierte falsche Behauptung, dass Herr Bgm Häupl die Demokratie der Schweiz in Abrede gestellt hat, widerlegt wird, habe ich hier das wörtliche Protokoll von gestern. Da sagt er wörtlich: „das bekanntlich die plebiszitären Elemente in der Form vorsieht, die mit Sicherheit gerade noch vereinbar ist mit einem parlamentarischen System und einer parlamentarischen Demokratie." (Abg Mag Wolfgang Jung: Gerade noch vertretbar!) - Ja, mit parlamentarischer Demokratie und nicht mit der Demokratie. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das versteht der Herr Jung nicht!) Das versteht der Herr General Jung nicht. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das hat Sie ganz schön getroffen!)

 

Nichtsdestotrotz möchte ich mit einer persönlichen Geschichte und Erfahrung über direkte Demokratie beginnen. Als ich vor 34 Jahren nach Österreich kam - das war im Oktober 1978 -, war gerade die Vorbereitung zur Volksabstimmung über Zwentendorf. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern. Am Abend des 4. Novembers bin ich dann zu einer Familie gegangen, die Freunde meiner Eltern waren, er ein Staatsanwalt, sie eine Unternehmerin, sehr gebildet, bürgerlich. Politisch schätze ich sie als pechschwarz ein. Als ich dann hineingekommen bin, haben sie gesagt: „Komm', setz' dich nieder. Jetzt wird gerade das Ergebnis bekannt gegeben. Wir sind aufgeregt." Nachher waren sie bitter enttäuscht. Ich habe gefragt: „Wie habt ihr abgestimmt?" Sie haben gesagt: „Wir haben gegen Zwentendorf abgestimmt." Ich habe dann gesagt: „Ich verstehe aber nicht, warum ihr jetzt enttäuscht und traurig seid." Die Antwort war: „Wir waren ja gar nicht gegen Zwentendorf. Wir wollten ja nur, dass Bruno Kreisky zurücktritt. Jetzt ist er nicht zurückgetreten und jetzt sind wir enttäuscht."

 

Seit damals war für mich die Lehre, darüber nachzudenken, was der Unterschied zwischen einer direkten Demokratie und einer repräsentativen Demokratie ist. Wenn es um emotionale Themen geht, fallen die Entscheidungen bei der direkten Demokratie emotional. Dort ist der Nachteil, dass man entweder oder, ja oder nein entscheiden kann, während die

 

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