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Landtag, 10. Sitzung vom 15.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 24

 

Das heißt zusammenfassend und auf den Punkt gebracht: Wichtig ist Aufklärung aller Vorwürfe. Beim Wilhelminenberg gibt es eine Untersuchungskommission mit Experten und Expertinnen. Es wird transparente Zwischenberichte geben. Wir werden sie politisch diskutieren, wir werden Schlussfolgerungen ziehen.

 

Wichtig ist, dass es eine Enquete geben wird, um mit Experten und Expertinnen der Forensik, der Polizei, der Traumaforschung über den Strafrahmen zu diskutieren.

 

Wichtig ist auch, dass wir keine Wiederholung der Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen in unserem Land, in unserer Stadt wollen. Daher gilt es, aufs Allerschärfste die Mittel und Methoden und die Forderung nach Straf-Camps und Probehaft der FPÖ zurückzuweisen, gemeinsam dagegen aufzutreten. Das sind wir den Opfern schuldig und auch den Kindern und Jugendlichen von heute. – Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg Dr Aigner. – Bitte sehr.

 

10.08.31

Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Ich kann es mir nicht verkneifen, ein paar Worte zu meiner Vorrednerin zu sagen. Wir sprechen heute von Kindern als Opfer und nicht von Kindern als Täter. Ich gebe Ihnen aber recht, dass auch jene Kinder, die zum Betteln und zum Stehlen geschickt werden, im Prinzip Opfer sind. Es sind natürlich in erster Linie die Bestohlenen und Angeschnorrten die Opfer, aber auch diese Kinder sind Opfer.

 

Wir sprechen aber hier von struktureller Gewalt in öffentlichen Einrichtungen. Und dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt, zeigen ja auch die Zahlen, die auf dem Tisch liegen. 814 Opfer bisher beim Weissen Ring, davon alleine 350 Opfer vom Wilhelminenberg. Und das ist schon etwas, was zu denken geben sollte. Es sind ja auch Schritte zur Aufklärung gesetzt worden, und ich glaube, man sollte jetzt den Prozess, den man in Gang gesetzt hat, einmal sozusagen geschehen lassen.

 

Wichtig ist natürlich, dass es mit der Einrichtung jetzt schon der zweiten Kommission ja nicht getan sein kann. Ich meine, seit über einem Jahr gibt es eine Historikerkommission. Etwaige Ergebnisse liegen bis dato nicht vor. Ich warne auch davor, dass man das Ganze dann in eine soziologische Studie einbettet, so nach dem Motto: Das war halt damals so, das waren halt die Zeitumstände, und immer dieser Hinweis auf die Watschen. Ja, entschuldigen Sie – ich habe das hier schon einmal gesagt, Sie können es gern noch einmal hören –, die Watschen ist das eine und sexueller Missbrauch an Schutzbefohlenen in offenkundig organisierter Form ist doch ganz etwas anderes. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und genau von der Seite, die da Political Correctness immer so wie eine Schutzmantelmadonna vor sich herträgt, muss man schon sagen, dass Sie offenkundig ein gestörtes Verhältnis zu diesen Fragestellungen haben. Ich gestehe Ihnen auch zu, dass Sie vielleicht gescheiter werden können, aber diese ganze Auswüchse beim Otto Mühl und so weiter, die sind viele Jahrzehnte lang nicht so eindeutig gesehen worden, sondern das war eher hipp und hopp und so weiter, und auch Ihre grünen deutschen Parteifreunde haben bei Pädophilie noch vor Kurzem auch ganz anders gesprochen.

 

Ich meine, es ist in Ordnung, wenn man jetzt zu dem Schluss kommt, dass man sagt, man will so etwas nicht. Ich weiß auch nicht, ob dieser § 209 nicht auch ein Schutzparagraph war, ob der nicht auch sachlich durchaus zu rechtfertigen gewesen wäre. Also ich habe auch meine persönlichen Probleme, wenn das alles auf eine Stufe gestellt wird, was sozusagen hier irgendwie im Rahmen natürlicher Beziehungen ist, aber bitte, ich nehme zur Kenntnis, dass es so ein toller menschenrechtlicher Fortschritt ist, aber ich meine auch, dass hier der Kinderschutz in erster Linie im Vordergrund stehen sollte.

 

Zur politischen Bewertung muss man natürlich sagen, dass das die Helige-Kommission natürlich in keinster Weise machen kann, das ist Aufgabe der politischen Gremien. Da hat ja auch der Herr Stadtrat schon klar gesagt, dass der Gemeinderatsausschuss und auch das Hohe Haus hier einzubeziehen sein werden. Ich finde, dass diesbezüglich auch eine Untersuchungskommission oder ein Untersuchungsausschuss, wenn es sich um eine Landesmaterie handelt, auf keinen Fall vom Tisch sein sollte, auch wenn bis dato noch die nötigen Unterschriften nicht vorhanden sind, denn das strukturelle Problem bei den U-Kommissionen haben wir ja schon bei der Psychiatriekommission gesehen. Ich meine, wir haben zwar ein Minderheitenrecht, aber die Mehrheit bestimmt dann, wer aller zu hören ist, und dieses Spiel würde ja da genauso gespielt werden. Auch wenn die Kommission zustande kommt, beschließt halt dann die Mehrheit, dass niemand vor Ort zu hören ist, und dann reduziert sich das Ganze auf irgendwelche Sachverständigen, die dann kommen und uns erzählen, dass das vielleicht eh nicht so schlimm ist.

 

Da wäre ja dann ganz interessant zu sehen, wie sich die GRÜNEN verhalten. Ich kann mich noch an die Psychiatriekommission erinnern, wo die GRÜNEN damals ganz massiv dafür eingetreten sind, auch unmittelbar Betroffene, die freiwillig vor der Kommission aussagen wollten, zu hören. Das wäre wahrscheinlich heute, so wie man die GRÜNEN jetzt kennt und kennen gelernt hat, ganz anders.

 

Aber man kann dann durchaus die Ergebnisse der verschiedenen Kommissionen, das Faktenmaterial im Rahmen einer Untersuchungskommission einer politischen Bewertung unterziehen, und deswegen ist das Thema Untersuchungskommission auf keinen Fall vom Tisch und darf auch nicht vom Tisch sein. Denn eigentlich muss man sich schon die Frage stellen: Was soll denn noch alles passieren, damit der Gemeinderat von seinem schärfsten Untersuchungsinstrument Gebrauch macht? Da hat man schon bei weit weniger gravierenden und mit weniger Sprengkraft versehenen Dingen U-Kommissionen eingesetzt. Also ich glaube, das Thema U-Kommission ist vielleicht zur Zeit nicht realisierbar, sollte aber auf keinen Fall von der politischen Agenda verschwinden.

 

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