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Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 60

 

Jetzt können wir noch über die Frage der zahlenmäßigen Beschränkung bei den Zeitungsverkäufern reden. Die zahlenmäßige Beschränkung der Zeitungsverkäufer ist eine sehr blendende Idee. Wir können gern gemeinsam mit der Mediaprint Gespräche aufnehmen, damit wir die Kolporteure dort zahlenmäßig beschränken. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei! Alles andere wäre wiederum verfassungswidrig, weil es eine Ungleichbehandlung wäre, wenn ich etwa vom „Augustin" die Zahl der Kolporteure beschränke, hingegen bei den Kolporteuren der Mediaprint nicht. Also verstehen Sie ein bisschen meine Ungehaltenheit! (Abg Dr Wolfgang Ulm: Nein, verstehe ich nicht!) Dann werden wir das halt entsprechend ausdiskutieren. Verstehen Sie das ein bisschen? Weil Sie sagen, noch einmal, als Jurist, Sie können das nachvollziehen, was ich juristisch Ihnen gegenüber auch schriftlich argumentiert habe, und dann stellen Sie sich hier hin und sagen, wenn ich das will, kann das stattfinden. Das kann nicht stattfinden, sondern selbstverständlich hat sich eine Exekutive an die Gesetze und insbesondere an die Verfassung zu halten!

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Hebein. - Ich bitte darum.

 

9.52.14

Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Im Zuge der Diskussion, dürfen jetzt Zeitungsverkäufer, -verkäuferinnen auf Christkindlmärkten sein, ja oder nein, und wenn ja, wie viele, und die Unterscheidung, da haben wir die Guten und die Bösen, meinte eine „Augustin"-Verkäuferin Folgendes, und das ist nur ein Ausdruck, welche Auswirkungen diese Diskussionen haben: „Der Herr Häupl schämt sich wegen uns." - Ich glaube, dieses Unverständnis ist ein Stück weit nachzuvollziehen, weil nicht nur, dass es diese Unterscheidungen gibt und nicht nur, dass man darum kämpfen muss, dass der öffentliche Raum allen gehört, haben wir immer mehr Forderungen nach Repressionen. Sie werden nur mehr als Missstände bezeichnet. Irgendwann haben wir einmal ein Steh- und Sitzverbot wie in tschechischen Städten. Diese Entwicklung müssen wir durchbrechen, hatten wir schon einmal.

 

Insofern meine konkrete Frage an Sie: Wäre es nicht wichtig, jetzt zu überlegen, was uns die Bettelverbote wirklich gebracht haben? Gegen wen waren sie gerichtet? Trennen wir die Diskussion, auf der einen Seite der Menschenhandel, in den wir Geld und Ressourcen investieren, auf der anderen Seite der öffentliche Raum, der uns allen gehört und wo auch der Anblick von armen Menschen zumutbar ist, weil es sie gibt. Ich glaube, wir schaffen das auch ohne Verbote. Was meinen Sie?

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete!

 

Zunächst einmal, um ein bisschen auf die Moral, die, wenn man so will, dabei ist, und ich meine das gar nicht böse, ganz im Gegenteil, einzugehen, natürlich geniere ich mich nicht für Kolporteure des „Augustin", so wenig, wie ich mich für Kolporteure von anderen Zeitungen geniere. Da ist gar keine Rede davon. Im Gegenteil, ich bin ein äußerst regelmäßiger, nicht nur Leser, sondern auch Käufer des „Augustin", was wahrscheinlich die „Augustin"-Leute mehr interessieren wird, als ob ich ihn lese. Nachdem ich bei einem Spaziergang durch die Innenstadt ungefähr vier oder fünf solche „Augustin" erwerbe, habe ich eigentlich auch einen ganz guten Ruf. Es würde wahrscheinlich von den Verkäufern der Innenstadt niemand auf die Idee kommen, einen solchen Satz zu sagen.

 

Aber ich kann diese Diskussion im Zusammenhang mit der Kolportage am Christkindlmarkt schon nachvollziehen. Das war natürlich nicht toll und hat mir auch keine Freude gemacht. Ich habe mich daher auch eingemischt. Natürlich gehört der öffentliche Raum allen, aber nur unter Rücksichtnahme auch auf alle. Wenn man im öffentlichen Raum ohne Rücksicht auf andere agiert, dann wird das natürlich zum Problem und ruft Regelungsbedarf hervor. Daher geht es mir darum, dass es nicht gute oder schlechte Kolporteure gibt, sondern genehmigte oder nichtgenehmigte. Das ist vergleichsweise bei den Blumenverkäufern auch so. Das wollte ich vorhin dazu nicht mehr ausdehnen. Das ist etwas ganz anderes, weil es unter die Gewerbeordnung fällt und da gibt es genehmigte und nichtgenehmigte. Das halte ich natürlich schon für ein wesentliches Unterscheidungskriterium. Denn es steht fest, im öffentlichen Raum kann auch nicht jeder machen, was er will, ohne Rücksicht auf die anderen. Das geht nicht. Daher denke ich, dass wir da letztendlich einfach einen zusätzlichen Diskussionsbedarf haben, auch mit den „Augustin"-Freunden, denn Zeitungen zu verkaufen, ist das eine, das in nichtgenehmigter Form, respektive in zum Beispiel vom Grundbesitzer nicht toleriertem Raum zu machen, ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.

 

Daher sage ich, bei entsprechendem Auftreten der „Augustin"-Verkäufer, die Zeitungen anbieten, aber nicht aggressiv aufdrängen, ist es gut. Aber es ist mir eigentlich egal, welche Zeitungen verkauft werden. Wenn beispielsweise ein Unternehmer auf seinem Grundstück keine Zeitungskolportage haben will, dann ist das für seinen Privatgrund auch, ich hoffe jedenfalls, sein gutes Recht. Das ist aber keine ausjudizierte Geschichte.

 

Ich denke, wir sollten hier einfach mit den Leuten reden, dann wird das sicherlich auch entsprechend auflösbar sein. Nicht tolerierbar, das sage ich aus meiner Sicht auch dazu, ist aggressives, nichterlaubtes Auftreten, um jemandem Zeitungen, Blumen oder was auch immer, Süßigkeiten - früher hat es einen Rasselbinder gegeben, der herumgerannt ist - entsprechend aufzudrängen und damit die Leute zu belästigen. Das ist nicht tolerierbar.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. - Ich bitte darum.

 

9.57.36

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!

 

Ich freue mich jetzt in hohem Ausmaß über Ihre Antwort, die Sie der Frau Kollegin Hebein gegeben haben. Da liegen wir dann nicht mehr wahnsinnig weit auseinander in der Einschätzung.

 

Selbstverständlich rufe ich nicht zum Rechtsbruch auf. Aber wenn wir beide, sage ich einmal, ein Phänomen feststellen, das unerwünscht ist, dann hat der Bür

 

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