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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 69

 

niszonen durch die Behörde zu schaffen. Da haben wir im Gesetz sehr klar geregelt, dass es uns darum geht, sowohl das öffentliche Interesse, das Interesse der Anrainerinnen und Anrainer, aber natürlich auch das Interesse der Bezirksvertretung mit dem Anhörungsrecht in einer rechtlichen Regelung, die ganz analog und konform mit unserer Stadtverfassung ist, zu wählen.

 

Ich möchte das wirklich noch einmal zum Ausdruck bringen: öffentliches Interesse, Interesse der Anrainerinnen und Anrainer, selbstverständlich auch Schutzinteresse der Prostituierten, denn es soll nicht sein, dass sie in diese dunklen Ecken verbannt werden, wo sie enormer Gewalt ausgesetzt sein können, und natürlich auch das Mitwirkungsrecht unserer Bezirke, so wie es über die Stadtverfassung geregelt ist.

 

Durch das Gesetz wird es in Zukunft keine Schutzzonenregelung mehr geben – das ist heute in der Debatte auch schon einige Male angesprochen worden –, und das ist deshalb so wichtig, weil mit dieser Regelung wirklich alle Interessengruppen in hohem Ausmaß unzufrieden waren, weil sie nicht praktikabel war. Das ist etwas, worauf wir uns eigentlich relativ rasch geeinigt haben und was wirklich auch einen sehr, sehr breiten Konsens gefunden hat.

 

Prostitutionslokale werden zukünftig einer behördlichen Meldepflicht unterliegen. Wie ist das genau geregelt? Wer in Zukunft ein Prostitutionslokal eröffnen möchte, braucht einen sogenannten Genehmigungsbescheid. Dafür müssen potenzielle Prostitutionslokalbetreiberinnen und -betreiber auch entsprechende Nachweise erbringen: Strafregisterauszug, es braucht die Bestätigung eines Ziviltechnikers, es braucht eine Bestätigung, dass das Lokal der Bauordnung entspricht.

 

Die Behörde wird dann die Betreiberinnen und Betreiber einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen, bei der es natürlich auch eine wesentliche Rolle spielt, ob es ungetilgte Freiheitsstrafen gibt beziehungsweise schwerwiegende Verstöße gegen gewerberechtliche, sozialversicherungsrechtliche, prostitutionsrechtliche Rechtsvorschriften. Danach kann das Lokal erst dann in Betrieb genommen werden, wenn ein entsprechender Bescheid vorliegt.

 

Was auch noch wichtig ist, worauf wir uns in dem Gesetz geeinigt haben, ist, dass auch alle bestehenden Lokale diesen Prozess durchlaufen müssen, und zwar insofern, als sie ein Jahr Zeit haben, all diese Meldepflichten nachzuholen und diesen Meldepflichten nachzukommen. Wer das nicht tut, riskiert sehr, sehr satte Strafen in der Höhe von bis zu 7 000 EUR.

 

Neu ist auch, dass die Behörde gesetzwidrige Bordelle, Prostitutionslokale schließen kann. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben heute schon über die Leopoldstadt gesprochen. Da gab es um einige solcher Lokale eigentlich immer wiederum einen großen Rechtsstreit. Wir haben in dem Gesetz geregelt, dass geschlossen werden kann und dass selbst der Betreiberwechsel kein Grund dafür ist, dass man eine Schließung verhindert.

 

Örtliche Einschränkungen für Bordelle wie nach der alten Schutzzonenregelung gibt es im Grunde nicht, was wir aber sehr wohl gemacht haben, ist, wir haben Schutzobjekte im Gesetz definiert, zum Beispiel Schulen, Kindergärten, religiöse Einrichtungen, die auch in Zukunft für das Bewilligungsverfahren der Prostitutionslokale ein wesentlicher Faktor sein werden.

 

Die ArbeitnehmerInnenschutzbestimmung ist angesprochen worden. Sie ist mir aus frauenpolitischer Sicht ganz besonders wichtig. Hier wird festgelegt, dass es auch Standards geben muss für die Regelung der Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen, und natürlich ist das Ziel dieser Verordnung der ArbeitnehmerInnenschutz auf der einen Seite, aber auch die Sicherheit der Prostituierten auf der anderen Seite.

 

Für die Prostituierten selbst gibt es eine Menge Erleichterungen. Eine, die besonders von den Prostituierten auch immer wiederum eingefordert wurde, ist der gesamte Themenkomplex der Meldepflicht. Hier ist es uns gelungen, mit der Polizei eine sehr gute Lösung zu finden. Die Erstregistrierung wird weiter bei der Polizei stattfinden. Das haben auch die Polizistinnen und Polizisten aus dem Bereich Menschenrechte immer wieder bestätigt, dass das enorm wichtig ist, um auch gegen Frauenhandel, Menschenhandel gut vorgehen zu können. Was wir aber darüber hinaus gemacht haben, ist, dass wir eine Vereinbarung vorgesehen haben, dass die Prostituierten sich bei der Erstregistrierung durch eine NGO begleiten beziehungsweise beraten lassen können. Damit kommen wir, wie gesagt, einem vielfachen Wunsch von Seiten der Prostituierten nach.

 

Außerdem ist es so, dass wir natürlich gerade im Bereich Frauenhandel auch weiter vorhaben – und ich glaube, da sind wir uns in diesem Haus alle einig –, konsequent gegen Frauenhandel vorzugehen und unnachgiebig dafür zu kämpfen, die Verursacher von Frauenhandel, diese kriminalisierte Gruppe, die als international gilt, festzumachen, weiterzuverfolgen, damit es auch zu den entsprechenden Bestrafungen kommt. Und wir kümmern uns darum, dass die Opfer einen entsprechenden Schutz bekommen. Das ist auch ganz wichtig. Die Stadt finanziert Organisationen und wird sie weiter finanzieren, die Opfer begleiten, beraten und auch unterstützen.

 

Wir haben heute auch schon einige Male darüber gesprochen – mit ganz unterschiedlichen Bewertungen, aber es ist mir trotzdem wichtig, das noch einmal zu sagen –: Prostitution ist erst ab 18 Jahren erlaubt, und das neue Gesetz hat versucht, verstärkt Minderjährige zu schützen. Denn was man sehen muss, ist, dass, wenn Jugendliche sich prostituieren, die Prostitution im Vordergrund steht, aber dass dahinter – und ich habe das heute in der Fragestunde schon einmal betont – oft sehr komplexe Problemstellungen stehen. Hier ist es wichtig, dass die Jugendwohlfahrt einen Zugang zu diesen jungen Menschen bekommt und den jungen Menschen auch hilft, eine Perspektive zu finden. Und die Perspektive ist nicht, zu strafen, denn die Strafe treibt erneut wieder in die Prostitution. Es wird die Strafe geben, aber ich glaube, viel, viel wichtiger als die Strafe ist eben die Möglichkeit, dass wir diesen Menschen eine Zukunft, eine Perspektive und eine Unterstützung geben, aus

 

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