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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 69

 

184 Fällen den zweitgrößten Teilbereich gibt, kann uns nicht freuen und darf uns nicht freuen, weil das ist ein zu sensibles Gebiet, als dass wir uns leisten können, dass es da Fehler gibt. Ich bin auch ganz dafür, dass man bei einem Bewilligungsverfahren für den Einbau irgendeiner Heizungsanlage recht kriegt und die Verwaltung gut arbeitet, aber bei der Jugendwohlfahrt hört sich der Spaß auf, wenn Dinge sozusagen nicht ordnungsgemäß erledigt werden.

 

Es darf uns auch nicht freuen, dass es im Gesundheitswesen mit zwar nur 44 Fällen trotzdem fast eine Verdoppelung von 27 Fällen im Jahr 2009 gegeben hat. Da finde ich, sollte man einmal nachschauen. Das ist doch ein hoher Anstieg. Das soll sich nicht verfestigen.

 

Zur Jugendwohlfahrt und zu Ihren Detailerkenntnissen: Ich will keine Kritik an der Volksanwaltschaft üben, das steht mir nicht zu, aber eine Empfehlung geben, wie das der Rechnungshof immer sagt. Da wird von einem Selbstmordversuch gesprochen. In der modernen Psychiatrie spricht man von Suizidversuchen. Ich würde Sie einfach bitten, künftighin das Wort Mord zu vermeiden. Im Zusammenhang mit dem, was sich jemand selbst antut, hat das sozusagen einen denunziatorischen Aspekt. Damit höre ich mit meinen Belehrungen auch schon wieder auf. Suizidversuch ist vielleicht eine Formulierung, die den Menschen mehr Spielraum lässt, es sozusagen nicht zu bewerten.

 

Im konkreten Fall ist es eine Tragödie, wenn die obsorgeberechtigte Mutter nicht erfährt, dass ihr minderjähriger Sohn einen Suizidversuch gemacht hat. Das darf nicht passieren und muss künftighin anders sichergestellt werden.

 

Es kann auch nicht so sein, dass es hier eine Holschuld des obsorgeberechtigten Elternteils über die psychische oder gesundheitliche Situation des Betroffenen gibt. Da müsste man, und ich hoffe, das wird auch künftig so sein, ein Vademecum haben, wir in einem solchen Fall vorzugehen ist, damit klar ist, dass man nicht erst zehn Tage später erfährt, dass das eigene Kind einen Suizidversuch gemacht hat.

 

Was mir gut gefällt, ist, wie Sie im Zusammenhang rund um die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ein paar Dinge deutlich machen. Erstens freut es mich, dass wir in Wien gelobt werden, dass die Volksanwaltschaft klar sagt, dass Wien die schon erheblichen Umstellungen, die das bedeutet hat, weitgehend reibungslos bewältigt hat, und da nur im Zusammenhang mit Salzburg und Niederösterreich sozusagen am Stockerl steht. Alle anderen Bundesländer haben sich da echt bitten lassen. Die Volksanwaltschaft äußert auch einen expliziten Dank an die MA 40. Dem kann man sich wirklich nur sehr anschließen. Dort ist gut gearbeitet worden. Wenn sich sozusagen aus Ihren Erhebungen ergibt, dass es auch reibungslos war, dann ist das gut zu hören und gut zu wissen.

 

Nichtsdestotrotz schildern Sie Probleme bei der Erlangung der Sozialhilfeleistungen und sprechen ein Grundproblem an. Es ist für Menschen, die in einer Negativspirale sind – schlechte Bildung, schlechter Job oder kein Job, schlechte Wohnsituation, fehlendes Selbstbewusstsein, vielleicht auch fehlende Kompetenz, sich persönlich in komplexen Zusammenhängen auszukennen – ganz besonders schwer, dann die Leistungen, auf die sie Anspruch haben, auch zu bekommen. Es darf nicht so sein, und Sie haben das ganz ausdrücklich angeführt, dass jemand als primär defizitäres Wesen wahrgenommen wird. Jetzt ist er oder sie sozusagen schon so im Elend und dann wird ihm oder ihr auch noch verdeutlicht, dass er oder sie keine Person ist, die größte Wertschätzung verdienen würde. Dieses Einfordern von Respekt für Menschen, die in einer Notlage sind und ein Recht auf die Sozialhilfeleistungen haben, glaube ich, würde viel bringen. Ich gehe davon aus, dass es in der Mehrheit der Fälle ohnehin geschieht, dass die Menschen das Gefühl haben, sie sind nicht demütige Bittsteller, sondern sie werden unterstützt, kriegen das, was ihnen zusteht und man hilft ihnen – das wäre, glaube ich, das Allerwichtigste –, ein Empowerment zu machen, dass sie wieder ein Stück Handlungskompetenz erleben, dass man sich nicht nur als Betroffener und Erleidender eines eigenen Schicksals erlebt. Vielleicht ist das auch eine Herausforderung für uns in Wien, sowohl im behördlichen Agieren als auch im NGO-Bereich, alle diese Dinge zu tun, die Selbstorganisations- und Selbstermächtigungspotenziale der Menschen stärken.

 

Das, denke ich, ist in der modernen Sozialpolitik ein Ansatz, der uns wegführen soll vom Defizitkonzept hin zu einem Ressourcenkonzept, die Ressourcen der Menschen, die da sind, zu stärken. Dazu gehört schon auch, etwas einzufordern, Mitwirkung einzufordern, auch Pflichten auf sich zu nehmen, aber sozusagen im Rahmen dessen, was jemand leisten kann und zu wissen, dass jemand, der sich in einer Exklusionssituation befindet, sich nicht mit einem Fingerschnippen an einen geregelten Tag oder an behördliche Auflagen gewöhnt. Dazu gehören viel Beratung und Unterstützung. Davon sprechen Sie, dass das geleistet werden muss. Es soll nicht zu Dingen kommen, die Menschen als schikanös erleben, nämlich verspätete Überweisungen, falsche Kontonummern, falsche Berechnungen von Sozialleistungen, vor allem, wenn sie zu gering berechnet werden. Die Volksanwaltschaft spricht da von tiefen Existenzkrisen, in die Menschen geraten können.

 

Ich finde die Anregung sehr bedenkenswert, der Gemeinderatsbeschluss zum Heizkostenzuschuss möge überdacht werden im Hinblick darauf, ob nicht auch Selbstständige mit geringem Einkommen in den Genuss kommen sollten. Es spricht nichts dagegen, denn arm bleibt arm, egal ob man in einem Angestelltenverhältnis, in einem Notstandsverhältnis oder in einer Selbstständigkeit ist.

 

Ich will gar nicht im Detail auf die einzelnen Ergebnisse eingehen, vielleicht nur zwei, drei als Highlight herausgeholt. „Highlight" ist vielleicht der falsche Ausdruck bei einem Bericht der Volksanwaltschaft.

 

Aber etwas, was mir persönlich sehr wichtig ist: Rund um den Nichtraucherschutz schreibt die Volksanwaltschaft, dass das Kontrollsystem nur auf sozusagen nachgehende Beobachtungen abstellt. In Gastronomiebereichen oder in Einkaufszentren oder an anderen

 

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