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Landtag, 4. Sitzung vom 01.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 49

 

schend, aber diese Schwangerschaftsrate ist noch lang nicht die Baby-Take-Home-Rate.

 

Die Frauen und die Paare, die sich hier vom Fonds unterstützen lassen, können bis zu 70 Prozent der Kosten seitens des IVF-Fonds übernehmen lassen. Das ist für viele sehr wichtig. Sie könnten sonst vielleicht gar nicht die Behandlung in Anspruch nehmen. Aber nachdem die Anzahl der Versuche limitiert ist, bei denen man finanziert wird, steigt der Druck auf die Frauen, Erfolg zu haben.

 

Der Druck steigt unter anderem auch dadurch, dass viele Frauen, die schon, was ihre Gebärfähigkeit betrifft, in ein höheres Alter kommen, den Eindruck haben, wenn sie es nicht durch verstärkte Versuche ermöglichen, dass sie vielleicht die Frist verpassen, in der sie ihr Kind auf die Welt bringen können. Das veranlasst dann durchaus Reproduktionsmediziner und -institute zu einem Vorgehen, das man hier nur kritisieren kann, nämlich dass vor allem in privaten Instituten die Zahl der Embryonen, die in die Gebärmutter transferiert wird, nicht begrenzt ist. Die Tatsache, dass es möglich ist, und dazu gibt es auch keine gesicherten Zahlen, dass drei und mehr Embryonen eingepflanzt werden, erhöht das Risiko für die Frauen des Misslingens der Schwangerschaft, aber auch das Risiko, durch Frühgeburten und ganz besonders frühe Frühgeburten eine Schädigung des Kindes und gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen zu müssen.

 

Denn die Mehrlingsschwangerschaften nach IVF liegen in etwa bei 40 bis 50 Prozent. Renommierte Mediziner und Medizinerinnen in diesem Bereich sprechen davon, dass Mehrlinge kein Erfolg der Reproduktionsmedizin sind, sondern ein Ausdruck des Versagens derselben. Das sollte uns zu denken geben, denn diese extreme Frühgeburtlichkeit endet dann logischerweise in einer neonatologischen Intensivbehandlung, die invasiver, längerfristiger und risikoreicher ist. Sie können, wenn Sie sich dazu vertiefen wollen, im HTA-Newsletter vom vergangenen Dezember den Artikel von Frau Dr Maier, der Leiterin der Ambulanz für gynäkologische Endokrinologie und assistierte Reproduktionsmedizin in Salzburg, nachlesen, einer Frau vom Fach, die sehr kritisch mit der geltenden Praxis in Österreich umgeht.

 

All diese Umstände haben uns dazu veranlasst, das einmal auch von politischer Seite her kritisch anzuschauen. Sie haben sicher in den Medien verfolgt, der „Kurier" hat eine ganz besondere Artikelserie dazu gemacht, dass es nicht nur die In-vitro-Fertilisation ist, sondern auch die hormonbehandlungsstimulierten Mehrlingsschwangerschaften, jetzt diese Fünflinge, die in Niederösterreich hoffentlich schlussendlich gesund aufwachsen können, ähnlich riskant zu bewerten sind wie die In-vitro-Fertilisation mit zu viel eingesetzten Embryonen.

 

All das hat die Regierungsparteien eben dazu veranlasst, hier einen Beschlussantrag vorzubereiten, dem heute die Oppositionsparteien dankenswerterweise beigetreten sind. Wir wollen, dass man die Erkenntnisse aus allen diesen Fakten zieht, dass man das in Erwägung zieht, was Schweden, England und Belgien mittlerweile schon getan haben, nämlich die Zahl der Embryonen, die man einsetzt, zu begrenzen. In Schweden ist es überhaupt nur möglich, einen einzigen Embryo pro Versuch zu transferieren. Frauen können sich allerdings, damit die Belastung nicht zu groß ist, durch Einfrieren der anderen Embryos die Möglichkeit weiterer Versuche offenhalten. Das Fortpflanzungsmedizingesetz in Österreich erlaubt das Einfrieren von Embryonen bis zu zehn Jahren. Also wäre auch hier die Möglichkeit gegeben, dass man nicht nach dem Motto „Probieren wir, auf einmal alles zu erreichen!" den Frauen die Möglichkeit gibt, das Risiko für eine Komplikation in der Schwangerschaft gering zu halten. Die schwedischen Erfahrungen sind da sehr gut. Die Baby-Take-Home-Rate ist nicht signifikant geringer als in jenen Ländern, wo man offensichtlich nach oben völlig unbegrenzt Einsetzungen erlaubt.

 

Die Datenlage in Österreich ist sehr schlecht. Das ist eines der Probleme. Private Institute teilen genau gar nichts mit. Der Bericht des Fonds über die In-vitro-Fertilisation spricht von Schwangerschaftsraten, aber nicht von Baby-Take-Home-Raten. All das ist, finde ich, auch im Sinne der informierten Patientenentscheidung, die die Frauen, die Paare treffen sollen, keine gute Ausgangslage. Ich habe mir die Mühe gemacht, mir die einzelnen Seiten, die es im Netz über die Zentren, die In-vitro-Fertilisation anbieten, gibt, anzuschauen. Es gibt keinerlei Hinweise auf die möglichen Komplikationen. Es werden keine Baby-Take-Home-Raten mitgeteilt. Generell wird die Information über all das, was schiefgehen kann, viel zu klein gedruckt angeboten. Ich freue mich daher, dass wir hier einen Beschlussantrag vorlegen können:

 

„Der Landtag wolle beschließen, die Bundesregierung möge das Fortpflanzungsmedizingesetz dahin gehend überprüfen, ob es laut aktuellem Stand der Wissenschaft und Forschung geboten ist, die Zahl der im Rahmen der IVF zu transferierenden Embryonen auf eine Höchstzahl zu begrenzen.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung des Antrages.“

 

Jetzt lassen Sie mich noch zur ausgezeichneten und wirklich kämpferischen Arbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaft einfach ein paar Worte der Anerkennung sagen. Ich verfolge und schätze Ihre Arbeit seit vielen Jahren mit großem Interesse und mit großem Respekt, dafür, was Sie für die Kinder und Jugendlichen hier in der Stadt tun, und auch zu den politischen Haltungen, die Sie einnehmen. Politisch im Sinn von parteilich für die Interessen von Kindern und Jugendlichen. Das ist zu unterstützen und das ist wichtig in einem Klima in Österreich, wo wir, was die Kinderrechte betrifft, leider ein Entwicklungsland sind, wenn ich es so ausdrücken darf.

 

Denn es waren nur die GRÜNEN, die auf Bundesebene die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung abgelehnt haben, und zwar nicht, weil wir dagegen sind, sondern ganz im Gegenteil, weil das, wie das meine Kollegin, die Jugendsprecherin im Parlament, ausgedrückt hat, ein verstümmelter Entwurf war, der hier eingebracht wurde. Man hätte schlicht und einfach die gesamte UN-Konvention in den Verfassungsrang nehmen müssen, denn da wären dann die wirklich relevanten

 

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