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Landtag, 33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 100

 

andere zu erkennen, das als Schwäche im vorliegenden Vorschlag enthalten ist und es auch noch rechtzeitig auszubessern? Für mich ist es nicht verständlich, warum. Und auf Zeitdruck kann man sich jetzt wahrlich auch nicht berufen oder auf Unvorhergesehenes. Und wie Sie wissen, etliche andere Bundesländer – und kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, welche Bundesländer das nicht getan haben ... Wer auch immer so einen Weg wie Wien gewählt hat, hat es schlecht gemacht. Die Steiermark beispielsweise ist damit in Begutachtung gegangen, Niederösterreich ist aktuell in Begutachtung damit, Salzburg geht in Begutachtung damit, wieso nicht Wien? Ich finde diese Vorgangsweise falsch und ich möchte auch nicht, dass es überhand gewinnt. Wir bringen auch diesbezüglich einen Antrag ein:

 

„Der Wiener Landtag spricht sich dafür aus, dass standardmäßig und ganz besonders bei längerfristig geplanten Gesetzesinitiativen und Gesetzesnovellen ein ordnungsgemäßes Begutachtungsverfahren durchzuführen ist.“

 

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich Folgendes sagen: Ja einmal mehr, was wir heute beschließen, ist ein erster Schritt, ein allerallererster Schritt Richtung Grundsicherung und Richtung einheitliche soziale Standards österreichweit. Als solcher ist dieser erste Schritt zu begrüßen. Er ist nur so verdammt klein, so klitzeklitzeklitzeklein und das ist enttäuschend. Es ist enttäuschend, eine Minisicherung in einer Höhe zu beschließen, die nicht existenzsichernd ist, die auch nicht bedeutet, dass man wirksame Maßnahmen gegen die Armut setzt. Es ist so unglaublich enttäuschend, jahrelang darauf zu warten und das mit großem Brimborium und Selbstlob einzuführen und am Ende bei genauem Hinsehen festzustellen, dass es einmal mehr Politik der Luftgitarre ist. Es ist Politik auf der Luftgitarre. Es ist schade, wenn man von einer großen Reform und einem Meilenstein für die Sozialpolitik spricht und am Ende alles, was man geschafft hat, ist, ein paar ganz, ganz kleine Änderungen und Besserungen im Rahmen der Sozialhilfe einzuführen, die man dann großzügig Mindestsicherung nennt, damit es besser und moderner und neumodischer und zukunftsorientierter klingt. Für die Betroffenen ist es ziemlich blunz’n, ob es Sozialhilfe heißt, ob es Minisicherung heißt oder ob es Mindestsicherung heißt. Für die Betroffenen zählt nur eines: Wie viel habe ich zum Leben? Komme ich mit diesem Geld aus? Ermöglicht mir dieses Geld ein Leben in Anstand und ohne Angst in der Zeit zu verbringen, wo ich mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert bin? Und gibt mir dieses Gesetz, diese Lösung, die Möglichkeit, hier relativ rasch rauszukommen, wieder eine Arbeit zu finden und eine neue Existenz aufzubauen? Und ich muss sagen: Bei genauem Hinsehen, leider nein, leider nein. Erste kleine Besserungen sind da, aber wir sind weit davon entfernt, einen Meilenstein geschaffen zu haben oder jene Rahmenbedingungen geschaffen zu haben, die die Möglichkeit geben, von einem innovativen, von einem zukunftsträchtigen Modell zu sprechen, auf das wir alle stolz sein können und wo wir sagen könnten, das ist der eine große Schritt in die Zukunft, das ist eine große Sozialreform, auf die wir so lange gewartet haben und für die wir auch so lange gekämpft haben.

 

Wir werden dennoch der Art 15a-Vereinbarung unsere Zustimmung geben, genau weil sie den wesentlichen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Dem Wiener Mindestsicherungsgesetz werden wir nicht die Zustimmung erteilen, denn auch dieses Gesetz, wie übrigens auch die übrigen auf Landesebene, nützt jeden Interpretations- und jeden Ermessensspielraum bedauerlicherweise schon wieder zu Lasten der Betroffenen und dem können wir nicht zustimmen. Ich hoffe nichtsdestotrotz, dass Sie sich für einen der grünen Anträge entscheiden können. Wir hätten hiermit die Möglichkeit, zumindest eines zu beweisen, nämlich dass Wien in sozialen Fragen die Nase vorne hat.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Korosec. Ich erteile es ihr.

 

Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Frau Landesrätin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Vassilakou, Sie fordern eine Mindestsicherung von 951 EUR! Wissen Sie, dass es in Wien fast 38 000 Seniorinnen und Senioren gibt, die zu ihrer Pension eine Ausgleichszulage beziehen und damit ein Einkommen von 744 EUR haben (Aufregung bei den GRÜNEN.) - wissen Sie das, ja? – (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Diese Pensionen bestimmt die Bundesregierung! - StR David Ellensohn: Ja, die Bundesregierung! Das bestimmt die Bundesregierung! Die Bundesregierung! – Aufregung bei Abg Mag Maria Vassilakou.) und die ein Leben lang, ein Leben lang gearbeitet haben? Wissen Sie, meine Damen und Herren der Grünen Fraktion, dass es kollektivvertragliche Mindestlöhne gibt, die darunter liegen? (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Ja und wer macht denn die Kollektivverträge? Das ist eine Schweinerei! Das ist eine Schweinerei!- Abg Mag Maria Vassilakou: Wer blockiert denn? Wer blockiert denn?– Weitere Aufregung bei den GRÜNEN.) Kollektivvertragspolitik, bitte! (Abg Mag Maria Vassilakou: Ja, wer blockiert denn?) Kollektivvertragspolitik! (Abg Mag Maria Vassilakou: Eine Schande ist das!) Ich kann Ihnen sagen, Friseurinnen und Friseure liegen darunter. Wenn sie sechs Dienstjahre haben und eine Ausbildung, liegen sie unter den 951 EUR, ja! (Abg Maria Vassilakou: Eine Schande ist das! - Aufregung bei den GRÜNEN.) Bei Handelsangestellten ist das genauso der Fall. Und wenn jemand nicht die dementsprechende Ausbildung ... Aber das sind Fakten und Sie wollen für jemand ... (StR David Ellensohn: Die ÖVP will ja nicht!) Sie wollen 951 EUR! Sie wollen 951 EUR für jemand im Verhältnis, im Verhältnis ... (StR David Ellensohn: Die niedrigen Pensionen sind Ihre Verantwortung, doch nicht von den GRÜNEN!) Ich habe jetzt von Kollektivvertragslöhnen geredet! Aber (StR David Ellensohn: Wollen Sie

 

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