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Landtag, 30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 82

 

Beweislastumkehr geben. Die Behörde muss im öffentlichen Recht per Bescheid oder mittels eines anderen Schriftstücks etwas feststellen oder behaupten, und der Bürger kann entweder sagen, dass das richtig ist, oder sagen, dass das falsch ist, und dann muss er es beweisen.

 

Die Behörde muss zuerst feststellen, dass der Hund, mit dem jemand spazieren geht, tatsächlich ein Hund nach § 2 ist, also ein gefährlicher Hund. Wenn das beispielsweise mein Hund ist, kann ich allerdings behaupten, dass das nicht zutrifft, weil in den letzten drei Generationen keine der inkriminierten Hunderassen dabei war. Darauf sagt die Behörde, also die Polizei: Das müssen Sie aber mit einem fachtierärztlichen Gutachten beweisen! Darauf frage ich: Was ist das? Wer macht dieses fachtierärztliche Gutachten? – Die Tierärzte und die Veterinärmedizin werden es nicht machen, denn diese haben jetzt schon Ihr Gesetz kritisiert und gesagt, dass es an sich unsinnig ist, diese Rasseneinteilung zu treffen. Ich bin also gespannt, wer das machen wird!

 

Die Schutzhundeausbildung ist auch sehr interessant. Da unterliegen Sie, wie ich glaube, auch einem Irrtum! Sie haben im Pressedienst gesagt, dass Wien das Scharfmachen von Hunden verbietet und es daher die Schutzhundeausbildung bei privaten Tierhaltern nicht mehr gibt. – Das sind zwei verschiedene Sachen, Frau Landesrätin!

 

Einen Hund scharf machen kann man auch im Hinterhof, und das wird auch dort gemacht. Das sind genau jene, welche die Spielplätze ruinieren, die illegale Hundewettkämpfe abhalten et cetera. Dabei handelt es sich um das Scharfmachen von Hunden. Die Schutzhundeausbildung ist jedoch prinzipiell nicht dazu da, um die Hunde gegen Menschen scharf zu machen, sondern diese hat in Wirklichkeit eine ganz andere Bedeutung, meine Damen und Herren!

 

Bei der Schutzhundeausbildung wird unterteilt in die Ausbildung für Rettungshunde, für Therapiehunde et cetera, und wenn Sie das tatsächlich verbieten, dann hat das auch Nachteile für die Polizei, für das Bundesheer und für viele andere private Organisationen. Denn diese Organisationen züchten ja keine Hunde. Die Polizei züchtet keine Hunde, sondern kauft diese bei privaten Züchtern, die eingetragen und seit Jahrzehnten legitimiert sind. Das ist in ganz Europa so üblich. Die Hunde werden bei privaten Züchtern gekauft, welche die Hunde bereits mit einem Wesenstest vorbereiten. Sie haben heute in der Früh gesagt, dass es diesen Wesenstest in Österreich nicht gibt. In Deutschland gibt es den Wesenstest. Jedenfalls treffen aber diese ausgebildeten Trainer und Züchter eine Vorauswahl hinsichtlich des Wesens des Hundes, ob er überhaupt als Schutzhund geeignet ist oder nicht. Wenn Sie das nun tatsächlich generell verbieten wollen, dann ist das 100-prozentig das Ende der Schutzhunde, der Therapie- und Rettungshunde etwa auch bei der Polizei.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe übrigens auch Dokumente, Schriftstücke und Briefe von Hundeverbänden und Diensthundestaffelführern hier, und diese sind alle mit dem Gesetz nicht sehr zufrieden und sagen, dass das geändert werden muss.

 

Zu Stellungnahmen seitens der Behörde beziehungsweise der Polizei: Ein Polizeigewerkschafter – und das ist sicherlich keiner, der uns sehr nahe steht – sagt: „Wir fahren in der U-Bahn, helfen der SOKO-Ost, sollen Verbrechen aufklären und dann auch noch Hunde kontrollieren!“ – Er ist empört. –„Die letzte Etage ist nicht mehr ausgelastet. Ich kann in einem Wachzimmer sitzen und eine Anzeige aufnehmen oder draußen Kampfhunde überprüfen. Wer mehr Gesetze macht, braucht auch mehr Leute, die sie kontrollieren.“

 

Genau das ist es! Wir haben zu wenige Polizisten, und das geht auf Innenminister der SPÖ zurück wie etwa Schlögl und auch andere. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Sie wissen genau, dass das nicht stimmt!) Meine Damen und Herren! Das geht auf Ihre Regierung zurück! Sie waren damals in der Regierung und haben angefangen, den Polizeiapparat auszudünnen. Das war Ihre Politik! (Abg Christian Deutsch: Das ist eine Geschichtsverfälschung!) 

 

Meine Damen und Herren! Die Verfassung ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich lache oft! Ich bin an sich ein heiterer Mensch! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Ich komme zum Schluss: Ein ähnliches Gesetz in der Steiermark wurde vor über zehn Jahren durch den Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben, und die Steirer haben nie wieder versucht, ein ähnliches Gesetz zu formulieren oder der Öffentlichkeit zu präsentieren. Ich garantiere Ihnen, dass diesem Gesetz das gleiche Schicksal widerfahren wird, denn im vorliegenden Gesetz sind die Begriffe noch weniger determiniert als in jenem Gesetz in der Steiermark. Sie vermeiden Worte wie etwa gefährlich oder Kampfhund ... (Zwischenruf von Amtsf StRin Mag Ulli Sima.)

 

Genau das ist aber ganz schlecht, Frau Landesrätin! Genau das war nämlich der Grund, warum dieses Gesetz in der Steiermark aufgehoben wurde! In diesem Gesetz war nämlich nicht determiniert, welche Hunde konkret gemeint sind. Es nutzt Ihnen daher in diesem Fall auch nichts, wenn Sie eine Verordnung machen, denn in Ihrem Gesetz sind kein Ziel und kein Zweck angegeben. Darin findet sich nirgends ein konkreter Zweck, und ich garantiere Ihnen, dass es sicherlich aufgehoben werden wird.

 

Wenn Sie die Beweislastumkehr in diesem Gesetzentwurf belassen, dann ist das einmalig im öffentlichen Recht, dann ist die Stadt Wien die Erste, die im öffentlichen Recht eine Beweislastumkehr macht. Das verstehe ich an sich schon überhaupt nicht!

 

Ich möchte noch einmal kurz auf den Antrag eingehen, der von Kollegin Vassilakou und von uns eingebracht wurde: Ich bitte, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen! Er ist sinnvoll, er ist inhaltlich so konzipiert, dass sich jeder Wiener und jede Wienerin auskennen, für wen hier der Hundeführschein gilt. Bei Ihrem Gesetz ist das nicht der Fall, und ich bitte daher, zu überlegen, ob wir uns vielleicht doch noch einmal zusammensetzen könnten, um wirklich mit mehreren Experten – und nicht nur den Experten im Hause, weil eine Vielfalt von

 

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