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Landtag, 29. Sitzung vom 28.01.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 34

 

Wenn Sie ausgerechnet die Stadt Wien darauf hinweisen, dass sie dringend an der Grundaufgabe, nämlich Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf, arbeiten soll, dann verweise ich nur auf die vielen Diskussionen über den Vereinbarkeitsindex der Arbeiterkammer, der im Österreichdurchschnitt 33 Prozent, in Wien aber 80 Prozent und bei städtischen Kindergärten 100 Prozent beträgt.

 

Natürlich ist nie alles getan! Das Bessere ist der Feind des Guten. Wir brauchen ganztägige Kindergartenplätze mit möglichst wenig Schließtagen für jedes Kind. Das haben wir noch nicht erreicht, keine Frage! Es ist aber überhaupt niemand so nahe daran, und niemand hat sich weniger vorzuwerfen, wenn er so viel Arbeit geleistet hat wie wir hier! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Jetzt noch ganz schnell zu zwei Themen, nämlich zu den behinderten Kindern und zum Recht auf einen Kindergartenplatz.

 

Betreffend die Ausnahmemöglichkeit für die Besuchspflicht für behinderte Kinder hast du, Monika, selbst gesagt, dass es sich hier um eine Art 15a-Vereinbarung handelt, bei der wir eine bundesgesetzliche Vorgabe in Abstimmung mit allen Bundesländern nachvollziehen. Letztlich vollziehen wir nur eine Sache nach, die in Wirklichkeit sehr genau der Regelung betreffend Schulpflicht entspricht. Daran kann man aber auch erkennen, wie das in Wien ausgelegt ist. In Wien gab es vor fünf Jahren ein nicht eingeschultes Kind. Die aktuellen Zahlen kenne ich nicht, ich habe mich aber damals damit beschäftigt, und ich nehme an, es werden jetzt nicht viel mehr sein.

 

Das liegt daran, dass es in Wien sehr viele Angebote für behinderte Kinder gibt. Es gibt 133 Integrationskindergruppen und 10 heilpädagogische Kindergartengruppen. Es gibt in Wien eine eigene Institution speziell für autistische Kinder. So etwas gibt es sonst in ganz Österreich nicht! Ich meine also, es ist legitim, auf dieses Thema hinzuweisen, und ich glaube, dass man das insbesondere auch bundesweit tun muss. Ich habe also keine Angst, sondern bin, im Gegenteil, überzeugt davon, dass das in Wien kein Problem darstellt!

 

Letztes Thema – Recht auf einen Kindergartenplatz: Wie im ÖVP-Antrag erwähnt ist, hat man sich bei dieser Forderung Deutschland und andere Länder zum Vorbild genommen. Und es steht auch im Antrag selbst: Deutschland hat ein bundesgesetzlich verankertes Recht auf einen Kindergartenplatz.

 

Ich möchte ehrlich sagen: Ich empfehle Ihnen, das eigene Vorbild ernst zu nehmen und auch in Österreich dafür zu kämpfen, dass wir das – wie viele andere Dinge auch, betreffend welche wir in Wien bereits Beschlüsse gefasst haben – auf bundesgesetzlicher Ebene umsetzen können!

 

Es ist für mich nicht einsehbar, warum ein Kind, wenn es in Vorarlberg, Niederösterreich oder Oberösterreich beziehungsweise wurscht in welchem Bundesland geboren ist, andere Chancen haben soll als in einem anderen Bundesland. Das ist für mich nicht einsehbar! Deshalb bin ich nach wie vor – wir haben das hier ja mit breiter Mehrheit beschlossen – für ein Bundesrahmengesetz, das Dinge wie Gruppengrößen, Schließtage, qualitative Fragen et cetera festschreibt. Aber natürlich ist für mich auch das Recht auf einen Kindergartenplatz eine Forderung auf Bundesebene.

 

Seien wir uns aber ehrlich! Wären alle Bundesländer so weit wie Wien, dann wäre der Schritt zu einem Bundesrahmengesetz und auch zu einem bundesgesetzlich verankerten Recht auf einen Kindergartenplatz ein vergleichsweise kleiner. Da dem aber nicht so ist, wird es wohl zwar nicht am Widerstand von allen, aber von einigen ÖVP-regierten Bundesländern scheitern, dass es eine schnelle Regelung für ein Bundesrahmengesetz gibt. Man soll jedoch die Hoffnung nicht verlieren! Vielleicht kann die neue Wiener ÖVP-Chefin Marek irgendwann doch noch Erfolge in dieser Hinsicht vorweisen!

 

Jetzt noch ein Satz zum Thema Rechte für Kinder: Es wurde das Recht auf einen Kindergartenbetreuungsplatz gefordert. – Ich muss es sagen, weil es aktuell ist und mir am Herzen liegt: Ich meine, eine solche Forderung nach einem Recht auf einen Kindergartenplatz wäre umso glaubwürdiger, wenn sich Ihre Partei auch an andere Kinderrechte halten würde! Ich finde, dass die derzeit von Innenministerin Maria Fekter vorgestellte Idee der Einkasernierung von AsylwerberInnen schon allein deshalb abzulehnen ist, weil es meines Erachtens unmenschlich und menschenverachtend ist, Menschen, die zu einem großen Teil schreckliche Erfahrungen haben, prinzipiell einmal einzusperren! Wenn aber Kinder betroffen sind, dann ist das ein Bruch der UN-Kinderrechtskonvention, die Österreich vor 20 Jahren ratifiziert hat. Und das widerspricht auch der von FPÖ und ÖVP im Dezember im Nationalrat eingebrachten Gesetzesinitiative für die bundesverfassungsgesetzliche Verankerung der Rechte von Kindern.

 

Ich meine: Wenn man seine eigenen Gesetzesvorschläge ernst nimmt, dann sollte man sich auch an sie halten! Wir alle hier wissen, dass das noch nicht beschlossen ist, weil die Opposition aus anderen Gründen blockiert hat. Die UN-Kinderrechtskonvention wurde aber nicht umsonst vor 20 Jahren ratifiziert, und wenn man das einbringt, dann sollte man sich auch daran halten! Meiner Meinung nach ist es, abgesehen von juristischen Überlegungen, zutiefst unmenschlich, wenn Kinder, die seelische Verletzungen erlebt haben und oft schwer traumatisiert sind, am Ende ihrer Reise, anstatt dass ihnen geholfen wird, zuerst einmal beschimpft werden! Dafür gibt es für mich kein anderes Wort als Unmenschlichkeit. Das halte ich für zutiefst ablehnenswert! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich hoffe, dass sich bei der ÖVP in Zukunft andere Kräfte durchsetzen als die soziale Kälte, vielleicht auch mit Ihrer aller Unterstützung! Ich würde mich darüber freuen!

 

Ich hoffe, ehrlich gesagt, dass die Oppositionsparteien hier ihre Blockade aufgeben! Natürlich ist es aus Sicht einer Oppositionspartei legitim, mehr parlamentarische Kontrollrechte zu fordern. Ich meine aber, dass es, ehrlich gesagt, ein bisschen schade ist, dass diese Blockade sich ausgerechnet auf Kinderrechte bezieht. Dafür

 

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