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Landtag, 23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 40

 

auch beim Freiquartal, das nun möglich sein soll. Diese Flexibilität ist natürlich etwas Erfreuliches.

 

Lassen Sie mich jetzt zu den finanziellen Erläuterungen in diesem Entwurf kommen. Da möchte ich gleich auf die wesentliche finanzielle Mehrbelastung, nämlich auf Grund der neuen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen, zu sprechen kommen. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen, und ich wundere mich ja, warum die Sozialdemokratie diese Umstände, die darin enthalten sind, nicht als Konjunktur- und Beschäftigungspaket verkauft! Es steht nämlich tatsächlich drinnen, dass es einen Mehraufwand – bitte, nur auf Grund von arbeitszeitlichen Veränderungen! - in der Größenordnung von 80 bis 90 Millionen EUR geben soll und dass wir in dieser Stadt 1 860 Bedienstete mehr brauchen!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie uns bitte kurz innehalten. Wir haben in dieser Stadt im Jahr Pensionierungen bei den Beamten in der Größenordnung von ungefähr 900 - auf oder ab selbstverständlich. Wir ändern jetzt die Arbeitszeit, was grundsätzlich richtig ist, es kommt ein neues Arbeitszeitregulativ, und man schätzt, dass wir auf Grund dieser neuen Normen zur Arbeitszeit bis zu 1 860 Bedienstete mehr brauchen werden. Wenn sie die Stadt so im Schnitt 40 000 EUR pro Person kosten, dann haben wir einen jährlichen Mehraufwand von 85 Millionen EUR.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mit Spezialisten aus diesem Bereich gesprochen, die können sich das nicht vorstellen. Ich glaube auch, dass die Personalstadträtin und auch die Finanzstadträtin hoffen, dass das nicht stimmt, was da drinnen steht. Wenn es stimmt und wenn Sie tatsächlich davon überzeugt sind, dann wundert es mich, dass Sie es nicht als Investitions-Konjunkturpaket und auch als Beschäftigungspaket verkaufen.

 

Aber lassen Sie mich jetzt noch auf die Kritikpunkte zu sprechen kommen.

 

Ich glaube, dass die Opt-out-Regelung bei der Arbeitszeit tatsächlich problematisch ist. So erfreulich es ist, dass der Normfall sein wird, dass die Arbeitszeit reduziert wird, so problematisch ist es, wenn eine Arbeitnehmerschutzbestimmung nicht zwingendes Recht ist, sondern dispositives Recht ist und man mit Zustimmung des Arbeitnehmers auf eine Schutzvorschrift verzichten kann. So etwas ist möglicherweise dann noch zu rechtfertigen, wenn eine übergeordnete Einheit zustimmt, zum Beispiel der Dienststellenausschuss, damit gewährleistet ist, dass hier kein unbotmäßiger Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt wird.

 

Ich kritisiere auch, dass die Mehrdienstleistungen bei den Teilzeitbeschäftigten de facto nur sehr selten zur Auszahlung gelangen werden und im Regelfall ein Freizeitausgleich erfolgen wird, weil der dreimonatige Durchrechnungszeitraum sicher nicht ideal definiert worden ist.

 

Ein ganz wesentlicher Kritikpunkt ist aus meiner Sicht natürlich auch das Procedere, so wie auch meine Vorrednerin bereits geschildert hat. Es wurde hier mit den Minderheitsfraktionen in diesem Haus, und zwar aus der Personalvertretung, aus dem Bereich der Gewerkschaft, nicht wirklich freundlich umgegangen. Wir wissen, dass mit der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter diese Normen bereits seit dem Jahr 2006 diskutiert worden sind, und wir wissen auch, dass den Minderheitsfraktionen nur ein minimaler Zeitraum gegeben wurde, um eine Stellungnahme abzugeben. Man gibt da nicht nur drei bis vier Wochen im Hochsommer, im Juli und im August, um dazu Stellung nehmen zu können, damit man das ganz schnell in der Urlaubsphase durchbringt. Das ist ein Stil, wie man in Wahrheit als Arbeitgeber mit seinen Dienstnehmern nicht umgeht, und schon gar nicht mit den Dienstnehmervertretern der Minderheitsfraktionen.

 

Wenn ich auch gesagt habe, dass ich viel von dem teile, was meine Vorrednerin Puller gesagt hat, so glaube ich doch, dass die beiden Abänderungsanträge nicht so sind, dass die Arbeitnehmer ihrer tatsächlich unbedingt bedürfen. Ich glaube, dass man bei einer ausgewogenen Abwägung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen, die wir ja hier zu treffen haben, mit den Bestimmungen durchaus auskommen kann. Was die Mehrdienstleistungen betrifft: Es ist nicht so, dass nur die ausdrücklich angeordneten ersetzt werden. Es ist schon so - und das ist in § 26a Abs 4 geregelt -, dass aus Eigenem ebenfalls Überstunden geleistet werden können, die dann abzugelten sind. Und was die Arbeitsaufzeichnungen betrifft, so denke ich mir, dass es auch zumutbar ist und auch sinnvoll ist, bei Unterbrechungen der Arbeitszeit zwischendurch diese zu verzeichnen, und nicht nur Anfang und Ende der täglichen Dienstzeit.

 

Aber lassen Sie mich noch zu zwei grundsätzlichen Dingen kommen, die ja überhaupt nicht getrennt werden können von dieser Personaldebatte, die wir heute führen: Das sind die Frühpensionierungen in dieser Stadt und das Besoldungssystem in dieser Stadt.

 

Sehr verehrte Damen und Herren! Zwei von drei Wiener Beamten gehen in Frühpension. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Wir haben ungefähr 900 Pensionierungen im Jahr, davon erfolgen ungefähr 600 - ein bisschen auf, ein bisschen ab, jedes Jahr natürlich unterschiedlich - aus gesundheitlichen Gründen oder aus organisatorischen Gründen vorzeitig. Da muss man sich schon etwas überlegen. Da darf man schon die Frage in den Raum stellen: Macht Arbeiten bei dieser Stadt krank? Denn von den zwei Dritteln Frühpensionisten werden ja nur ungefähr 10 Prozent aus organisatorischen Gründen in Frühpension geschickt und 90 Prozent aus gesundheitlichen Gründen. Das heißt, wir haben so zwischen 500 und 600 Personen von insgesamt 900, die Jahr für Jahr aus gesundheitlichen Gründen hier ihren Dienst quittieren müssen. Das können wir doch nicht Jahr für Jahr so zur Kenntnis nehmen und so tun, als wäre nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Im Jahr 2006 waren es 570 Beamte, die vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sind, 485 aus gesundheitlichen Gründen, 85 aus organisatorischen Gründen. Im Jahr 2007 sind 627 Beamte vorzeitig in den

 

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