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Landtag, 21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 47

 

Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sie haben jetzt die Kritik des Rechnungshofes wiederholt, die uns an sich allen bekannt ist. Wir wissen auch, dass Sie auf Grund dieser Kritik dann beschlossen haben, die sanitätsbehördlichen Obduktionen von der Gerichtsmedizin abzuziehen und in den Spitälern des KAV durchführen zu lassen.

 

Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Situation. Es ist einfach grundsätzlich nicht vorstellbar für eine Medizinstadt wie Wien, die einen Weltruf genießt, dass einerseits jetzt Forschung und Lehre auf der Strecke bleiben - es kann mir auch niemand erklären, dass man die Gerichtsmedizin nicht in irgendeiner Weise renovieren und auf modernen Standard bringen muss, denn ohne Leichenöffnung wird man in der Gerichtsmedizin wohl nicht forschen können. Dann können Sie das Institut gleich zusperren, denn dann gibt es das Institut nicht mehr. So gesehen kommt in dieser Frage sicher auch dem Bund eine Verantwortung zu - das ist ja keine Frage, das habe ich auch nie bestritten.

 

Aber wenn ich Ihnen jetzt zuhöre, dann stellen Sie sich sozusagen argumentativ darauf ein, dass das jetzt alles immer von der Stadt Wien gemacht wird. Sie sagen zwar, es wird zurückkommen, aber Sie argumentieren schon, dass Sie auch bereit sind, das zu machen.

 

Jetzt haben Sie erwähnt, zu Recht erwähnt, dass die Infrastruktur in diesem Gerichtsmedizinischen Institut in der Sensengasse katastrophal war, und Sie machen das jetzt in den Spitälern des KAV - wo es aber zum Teil nicht geht: In der Rudolfstiftung geht es zum Teil nicht. Und da Sie das Aufkommen an sanitätsbehördlichen Obduktionen nicht in den Spitälern bewältigen können, machen Sie jetzt ein Containerdorf – „Containerstadt" steht in den Artikeln - am Zentralfriedhof, speziell auch für Faulleichen. Was natürlich auch eine ganz - wie soll ich sagen - unwürdige Vorstellung ist, dass eine weltberühmte Medizinstadt wie Wien ...

 

Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Bitte langsam zur Frage kommen!

 

Abg Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): ... ja, ich komme ja langsam zur Frage! (Allgemeine Heiterkeit. – Lhptm Dr Michael Häupl in Richtung des Präsidenten Heinz Hufnagl: Das hast du davon, dass du höflich bist!)

 

Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Nicht zu langsam; angemessen langsam!

 

Abg Mag Gerald Ebinger (fortsetzend): … am Zentralfriedhof eine Containerstadt eröffnen muss.

 

Meine konkrete Frage: Was passiert, wenn es in absehbarer Zeit keine Einigung gibt? Bleibt dann dieses Provisorium, welches auch nicht der bestmöglichen Infrastruktur entspricht, am Zentralfriedhof ewig bestehen? Oder was sind Ihre Lösungsvorschläge, wenn Sie in die Lage versetzt werden sollten, als Stadt Wien auf längere Zeit diese sanitätsbehördlichen Obduktionen durchführen zu müssen?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Schauen Sie, ich bin immer ein optimistischer Mensch, der davon ausgeht: Wenn man eine Lösung will, dann kann es auch eine Lösung geben. Der Punkt ist nur, dass hier fünf Player relevant sind, und die Stadt Wien ist nur einer davon. Und daher ist es notwendig, dass die anderen vier auch an einer Lösung arbeiten. Und ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber manche Dinge müssen einfach gesagt werden: Wenn es bereits 16,5 Millionen EUR gegeben hat, möchte ich gerne wissen, warum sie nicht dafür eingesetzt worden sind, wofür sie vorgesehen waren.

 

Und daher stellt sich natürlich - und Sie haben das jetzt auch gar nicht gesagt - die Frage der Verantwortung auch nicht, denn: Ich habe leider in meinem Budget noch kein Geld gefunden für Dinge, für die ich nicht zuständig bin. Also, wenn man 16,5 Millionen EUR zur Verfügung stellt, ist das einfach sozusagen schon von der normativen Kraft des Faktischen her auch die Tatsachenfeststellung, dass man dafür zuständig ist.

 

Ich gehe davon aus, dass es eine Lösung geben wird. Ich habe das auch jetzt zunächst einmal damit festgeschrieben, dass der Vertrag, den die Stadt Wien mit dem Justizministerium abgeschlossen hat, durch den unsere Pathologien für gerichtsmedizinische Obduktionen zur Verfügung gestellt werden, kein unbefristeter Vertrag ist, sondern zunächst einmal ab 1. Jänner 2008 auf zwei Jahre abgeschlossen worden ist, um damit auch klarzumachen: Freundinnen und Freunde, das ist nicht die Lösung, die wir für die optimale halten.

 

Ich muss nur garantieren, dass die Obduktionen in dieser Stadt so stattfinden können - und das muss man schon auch sagen -, wie sie in allen anderen Bundesländern auch stattfinden. In allen anderen Bundesländern finden die Obduktionen in den Pathologien der Häuser statt und auch in Einrichtungen, die unterschiedlich gestaltet sind, die in der Nähe von Friedhöfen sind, weil es da - das ist immer ein bisschen ein makaberes Thema - vor allem um Faulleichen geht, die ein bestimmtes Odeur haben und wo es daher auch gut ist, wenn sie schon dort sind, wo sie dann auch nachher hinkommen.

 

Das ist also jetzt keine spezielle Wiener Lösung, die wir uns ganz neu ausgedacht haben - ich möchte dafür sozusagen auch nicht eine besondere Belobigung -, sondern wir machen genau das, was alle anderen Bundesländer tun. Ich könnte mich jetzt - ich tue das nicht - zurücklehnen und sagen, das ist jetzt die Lösung, und der Bund macht es oder macht es nicht.

 

Die Tatsache, dass wir uns in diese Arbeitsgruppe hineinreklamiert haben und - da können Sie sicher sein - auch dranbleiben werden, dass ich, genau wie Sie, finde, dass es für die Medizinstadt Wien, die Wissenschaftsstadt Wien, mit einer Einrichtung wie der Gerichtsmedizin, die über 200 Jahre lang, bis auf die letzten fünf, sechs, sieben Jahre, hervorragende Dienste geleistet hat, kein Zustand ist, wenn diese Region - und da geht es ja auch um Niederösterreich und das Burgenland, nicht nur um Wien - keine Gerichtsmedizin hat, ist auch Gewähr dafür, dass ich dem Bund gegenüber weiter lästig und fordernd bleiben werde. Ich muss aber auch in aller Offenheit sagen: Das Problem kann Wien nicht lösen. Wien kann nur seinen Beitrag leisten, wenn der

 

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