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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 78

 

Ratspräsidentschaft! Diese besteht aus den Mitgliedsstaaten. In Zukunft wird nicht nur ein Staat für ein halbes Jahr diese Regierung übernehmen, sondern es wird eine Triopräsidentschaft für eineinhalb Jahre geben, was zu noch mehr Kontinuität führen und für noch mehr Zusammengehörigkeit sorgen wird. Ich denke, das sind Entscheidungen in die richtige Richtung! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Seitens einer Partei wurde immer wieder kritisiert, dass es nicht die Möglichkeit gibt, aus der EU auszutreten. – Auch diese Möglichkeit wird nunmehr festgeschrieben.

 

Daran zu zweifeln, dass nicht auch Kritikpunkte aufgenommen werden würden, zeugt von dem Verantwortungsgefühl, von dem ich zu Beginn meiner Rede gesprochen habe. Das Gegenteil ist der Fall! Wir und viele Mandatare in diesem Saal sind sehr daran interessiert, Mängel, die bestehen, zu beheben. Wir zweifeln aber nicht am Grundprinzip der Zusammenarbeit in Europa, und ich meine, dafür sollten wir uns alle einsetzen und das sollten wir alle unterschreiben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Mit diesem Reformvertrag wird eine weitere wesentliche Materie rechtsverbindlich, nämlich die Grundrechtscharta. – Selbstverständlich werden hier auch polemische Diskussionen geführt, und manchmal werden Statistiken von Vertretern der einzelnen Parteien zum eigenen Nutzen ausgelegt; das ist verständlich. Aber es gibt Grundrechte und Prinzipien, die man nicht in Frage stellen sollte. (Abg Mag Wolfgang Jung: Außer in Großbritannien! Das ist auch ein EU-Land!)

 

Ich denke, dass die Prinzipien, die in der Grundrechtscharta festgeschrieben werden, von uns allen einzuhalten sind. Ich meine, für diese lohnt es sich auch zu kämpfen. Artikel 1 der Grundrechtscharta besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Artikel 2 beinhaltet das Recht des Menschen auf Leben, dass also niemand zum Tode verurteilt werden darf. Im Artikel 10 wird die Gedanken-, Wissens- und Religionsfreiheit festgeschrieben. Artikel 11 beinhaltet die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, und Artikel 22 besagt, dass die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen in der Union geachtet wird.

 

Wir bedauern, dass sich zwei Länder diesbezüglich ein Opting out gegeben haben. Für 25 Staaten wird die Grundrechtscharta jedoch unmittelbar rechtsverbindlich, und ich bin davon überzeugt, dass es auch in den beiden anderen Staaten in den Folgejahren zu einer Rechtsverbindlichkeit betreffend die Grundrechtscharta kommen wird.

 

Wenn wir jetzt über Grundrechte reden, möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einen anderen Punkt ansprechen, der jetzt auch in der öffentlichen Diskussion steht: Wenn im Osten unseres Kontinentes Menschen um freie Meinungsäußerung ringen, wenn im Osten der Welt Menschen um Religionsfreiheit, Gedankenfreiheit und Gewissensfreiheit kämpfen und von einer Regierung Politik gemacht wird, die diese Menschen so darstellen lässt, als ob sie Kriminelle wären, dann ist es, glaube ich, notwendig, dass wir uns davon – auch wenn es viele wirtschaftliche Zusammenhänge gibt – nicht einschüchtern lassen. Es versteht sich daher für mich von selbst, dass kein Wiener Politiker an einer Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele teilnehmen wird! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Werte, die Europa festgeschrieben hat, müssen auch nach außen getragen werden. Sie dürfen nicht nur nach innen wirken. Es ist notwendig, dass diese Werte auch über die Grenzen wirken. Dafür tragen wir Verantwortung. Wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Werten, die Europa auszeichnen.

 

Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass der Reformvertrag nicht alle bisherigen Verträge der Europäischen Union ersetzen kann, wie das der Verfassungsvertrag vorgesehen hätte. Es ist schade, dass damit die Lesbarkeit ziemlich erschwert ist. Umso mehr haben wir als gewählte Mandatare die Verpflichtung, die Bürgerinnen und Bürger darüber aufzuklären, welche die positiven Zielsetzungen Europas sind. Ich glaube, niemand in diesem Saal wird sagen, dass in der EU keine Fehler passieren. Natürlich unterlaufen überall Fehler, hier, zu Hause, in der Familie, im Bezirk, in der Gemeinde Wien, in der Bundesregierung und so auch in der Europäischen Union. All das ist aber kein Grund, an den Grundsätzen zu zweifeln. Ganz im Gegenteil. Das ist ein Auftrag, daran zu arbeiten, dass dieses Europa noch besser wird für dieses Land und für unseren Kontinent.

 

Meine Damen und Herren! Ein Kollege hat hier auch davon gesprochen, dass es für die Unabhängigkeit der Entscheidung unbedingt notwendig wäre, ein Verfassungsinstrument heranzuziehen, und er hat dafür auch die Bundesverfassung bemüht. – Ich bin dankbar, dass seitens einer anderen Fraktion klar gesagt wurde, warum sie für eine Volksabstimmung eintritt, anstatt aus scheinheiligen Gründen eine Bestimmung der Bundesverfassung anzuführen. Diese erfordert das nämlich nicht. Man kann der politischen Meinung sein, dass das notwendig ist, man sollte aber nicht Argumente heranziehen – einmal die Verfassung, ein anderes Mal die Bauordnung -, die inhaltlich nicht stimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg Mag Wolfgang Jung: Wo steht das?)

 

Meine Damen und Herren! Dass dieselbe Fraktion dann einem anderen Volk, nämlich den Kosovo-Albanern, die Unabhängig und Selbstständigkeit abspricht, zeigt, dass sie hier mit gespaltener Zunge spricht, und das ist aus unserer Sicht überhaupt nicht zu unterstützen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.)

 

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass, wenn Sie aus politischen Gründen einem Land wie zum Beispiel dem Kosovo keine Unterstützung geben, gerade das eintreten könnte, was Sie in Wirklichkeit vermeiden wollen, dass nämlich organisierte Kriminalität und Korruption mangels Unterstützung anderer Staaten und mangels Unterstützung durch die entsprechenden Instrumente wie Polizei und Justiz auf den Rest von Europa überschwappen, und dann sind Sie für etwas verantwortlich, was Sie gar nicht wollen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg Mag Wolfgang Jung: Sie basteln schon seit zwölf Jahren daran und

 

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