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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 78

 

Auseinandersetzung, wie Sie behaupten, zurückfinden. (Abg Dr Herbert Madejski: Bauordnung! Bauordnung!)

 

In Wien ist die islamische Glaubensgemeinschaft inzwischen die zweitgrößte in dieser Stadt vertretene Religion. (StR Johann Herzog: Es geht um die Bauordnung!) Selbstverständlich werden ein paar Hunderttausend Musliminnen und Muslime in dieser Stadt, so Sie überhaupt das Bedürfnis haben zu beten, auch einen Anspruch darauf haben, geeignete Gebetshäuser vorzufinden, wo sie diesem Bedürfnis nachkommen können. (Abg Henriette Frank: Sie können ja beten! Dagegen haben wir nichts! - Abg Anton Mahdalik: Bitte zum Thema!) Gebetshäuser können errichtet werden, sowohl mit Minaretten als auch ohne Minarette. (StR Johann Herzog: Da sind wir anderer Meinung!) - Da sind Sie anderer Meinung.

 

Ich sage Ihnen an dieser Stelle, ganz sicher stimmt Ihre Behauptung nicht, dass Minarette als Zeichen des aggressiven Islam zu werten wären. Weil demnach wären auch Kirchtürme als Zeichen des aggressiven Christentums zu werten. (StR Johann Herzog: Die sind ja bodenständig!) Zwiebeltürme wären dann Zeichen der aggressiven Orthodoxie. Und so weiter und so fort. (StR Johann Herzog: Das heißt, Sie wollen Kirchtürme abschaffen! Das unterstelle ich Ihnen! Das ist eine Schande!) Bekanntlich bedeutet ein von weither optisch erkennbares Bauelement für eine Religionsgemeinschaft nichts anderes, als dass ihre Gläubigen von weither erkennen können, dort ist ein Ort, wo sie hingehen und beten können, dort ist ein Gebetshaus für sie.

 

Eine Reise durch verschiedene Balkanländer würde ich Ihnen wirklich wärmstens ans Herz legen. Da können sie nämlich von der Weite her sehen, wenn Sie Dörfer passieren, dass es manchmal eben Minarette gibt. Daran kann man erkennen, das ist ein Dorf, in dem es viele Muslime gibt. Dann kann es auch Kirchtürme geben. Und in sehr schönen Dörfern, meiner Meinung nach, sieht man von der Ferne sowohl Minarette als auch Kirchtürme. (Abg Dr Herbert Madejski: In Saudi-Arabien habe ich noch keine Kirche gefunden!)

 

Damit kommen wir und beschränken uns nur mehr auf Wien und stellen uns die Frage: Verträgt Wien überhaupt grundsätzlich und prinzipiell ein Minarett? (Abg Dr Herbert Madejski: Was ist mit Vorarlberg und Tirol?) Oder, anders ausgedrückt: Wie viele auffällige Bauten, um mit Ihren Worten zu sprechen, könnte und kann diese Stadt noch vertragen? Nun ich sage Ihnen an dieser Stelle, diese Stadt hat viele auffällige Bauten. Sie hat Hochhäuser. (StR Johann Herzog: Wir sind auch gegen Hochhäuser im Zentrum!) Sie hat auffällige Bauten im Museumsquartier. Sie hat den Donauturm, übrigens ein auffälliger Bau von äußerst zweifelhafter Ästhetik nach meinen Vorstellungen. Aber meine Fraktionskollegin Gretner findet ihn ziemlich lässig, hat sie mir gerade gesagt. Sehen Sie, das ist das Wesen einer Großstadt, die Vielfalt. Diese Vielfalt suchen wir in Wien. Diese Vielfalt pflegen wir auch architektonisch.

 

Alles andere ist in der Bauordnung, so wie sie ist, geregelt. Somit kann ich Ihrem Vorstoß nichts abgewinnen. Die Bauordnung ist völlig ausreichend.

 

Und hören Sie bitte endlich mit dieser wirklich unwürdigen Hetze auf! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - StR Johann Herzog: Das ist ja nicht wahr! Wir betreiben keine Hetze!)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Ulm. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich habe mit Interesse bei der Begründung durch den Herrn Kollegen Jung feststellen können, dass er seine Angriffe stärker gegen die katholische Kirche als gegen den Islam gerichtet hat. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja, durchaus!) Ich nehme das mit Interesse zur Kenntnis. Es überrascht mich auch nicht wirklich, weil Sie sich nicht ganz so einfach mit der Argumentation des Themas dieser Aktuellen Stunde tun. Denn Sie führen hier eine dem gedeihlichen Zusammenleben nicht förderliche virtuelle Diskussion mit unrichtigen Behauptungen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das ist ganz leicht nachweisbar. Ich muss mir nur das Thema Ihrer Aktuellen Stunde vergegenwärtigen. Da sagen Sie: „Moscheen in Wien - Unvereinbar mit dem Stadtbild und dem Wiener Bürgerwillen!". Sie schreiben die ganze Zeit in Ihrer Argumentation, Sie sind nur gegen Minarette, aber nicht gegen Moscheen. Nein, Sie sagen, schwarz auf weiß, das ist das heutige Thema, Moscheen sind grundsätzlich unvereinbar mit dem Stadtbild! (Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Genau!)

 

Dass das nachweislich nicht stimmt und dass auch die Wiener überhaupt nichts dagegen gehabt haben, zeigt sich bei der einzigen Moschee mit Minaretten, die wir nämlich an der Donau haben. Dort passt sie hin. Dort stört sie niemanden. Dort hat sich auch noch niemand darüber aufgeregt. (Beifall bei der ÖVP. - StR Johann Herzog: Das ist auch ein anderes Baugebiet!)

 

Punkt 2: Sie sagen, Minarette sind störende Elemente. Das ist eine virtuelle Diskussion. (StR Johann Herzog: Sagen Sie das einmal Ihrem Lhptm Sausgruber!) Es gibt kein einziges Beispiel eines Moscheenbaus mit einem Minarett, das hier geplant ist. Eine künstliche Debatte, die Sie aus durchsichtigen Gründen vom Zaun brechen.

 

Jetzt komme ich zum Dritten: Sie sagen unseriös, um nicht zu sagen, scheinheilig. Sie haben selbstverständlich überhaupt nichts gegen freie Religionsausübung und gegen in der Verfassung garantierte Rechte, wollen aber beim Moscheenbau eine Bürgerbefragung haben. Also, das können Sie ja nicht beim Moscheebau. Bitte, hier „Kurier": „Vor Moscheenbau will FPÖ Bürgerbefragung haben.“ Ja, Sie sagen in der Öffentlichkeit sehr oft was anderes, als in Ihren Anträgen drinnen steht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Schauen Sie, es ist völlig undenkbar, dass man über Minderheitenrechte oder Rechte der Religionsausübung abstimmen lässt. Das Staatsgrundgesetz soll sozusagen eine sehr starke Affinität haben - beim Staatsvertrag von Saint Germain ist die Wahrscheinlichkeit weniger stark gegeben - auch die Menschenrechtskonvention spricht

 

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