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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 78

 

(Beginn um 9.00 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 16. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

Entschuldigt sind Frau Abg Ramskogler, Herr Abg Reindl, Frau Abg Ringler, Abg Schreuder, Abg Stefan, Abg Woller. Abg Aichinger ist bis 11.30 Uhr entschuldigt, Abg Baxant am Abend, wo ich annehme, dass diese Entschuldigung nicht zutreffen wird vom Zeitablauf her. Abg Harwanegg wurde als entschuldigt gemeldet, ist aber anwesend; das ist daher nicht gültig in dieser Anmeldung. Abg Stiftner ist bis 11 Uhr, Abg Reiter bis 11.30 Uhr entschuldigt.

 

Damit sind wir bei der Fragestunde.

 

Die 1. Anfrage (FSP - 01239-2008/0001 - KVP/LM) wurde von Herrn Abg Tschirf gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (In den letzten Jahren wurden zahlreiche politisch wichtige, aber vor allem auch juristisch umfangreiche und komplizierte Gesetze vom Wiener Landtag verabschiedet. Leider wurden Vorschläge, umfangreichere und juristisch komplexere Gesetzesentwürfe einem Hearing mit Abgeordneten und Experten zu unterziehen - wie dies im Nationalrat üblich ist - seitens der SPÖ-Stadtregierung nicht aufgegriffen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass künftig komplexere Gesetzesentwürfe einem Experten-Hearing [ähnlich der Praxis im Nationalrat] unterzogen werden?)

 

Ich bitte um die Beantwortung.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Klubobmann!

 

Es steht ja außer jedem Zweifel, dass du wahrscheinlich auch noch besser weißt als ich, dass das Anhören von Experten im Gesetzeswerdungsprozess, egal, ob das jetzt ein komplizierteres und umfangreicheres Gesetz ist oder ein einfacheres, heute schon möglich ist. Ob man dazu formelle Experten-Hearings einberuft oder nicht, ist auch im Nationalrat nicht eine Angelegenheit der Österreichischen Bundesregierung, sondern eine Angelegenheit der Verhandlungen der Klubs im Nationalrat, und ich würde empfehlen, dass man eine ähnliche Vorgangsweise auch für den Wiener Landtag dazu wählt.

 

Aber es sei mir nur eine persönliche Anmerkung hier gestattet, denn es ist mir schon seit längerer Zeit ein Bedürfnis, das auch einmal öffentlich dazu zu sagen. Wenn jemand meint, politische Entscheidungen – und Gesetze sind politische Entscheidungen, da stimmen wir natürlich überein – in der Verantwortung auf Experten abwälzen zu können, dann irrt er. Ich bin sehr dafür, dass Experten in diesen inhaltlichen Diskussionen, die Bestandteil des Gesetzwerdungsprozesses sind, entsprechend eingebunden sind, außer jedem Zweifel, aber am Ende des Tages werden politische Entscheidungen politische Entscheidungen bleiben müssen und werden mit Sicherheit nicht auf Experten abgewälzt werden können.

 

Ich weiß, dass es da manchmal so Überlegungen gibt, dass man sich bei politischen Entscheidungen hinter Expertenmeinungen verbirgt, aber ich denke, das ist ein ziemlich untaugliches Instrument, denn letztendlich sind wir dazu gewählt, hier die Entscheidungen zu treffen und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen.

 

Daher sage ich noch einmal: Ja, Einbeziehung von Experten in den Gesetzwerdungsprozess – in welcher Form immer, soll der Landtag für sich selbst bestimmen –, aber ganz sicherlich eine Beibehaltung des Grundsatzes der parlamentarischen Demokratie, dass politische Entscheidungen politische Entscheidungen bleiben.

 

Präsident Johann Hatzl: ich gehe davon aus, dass der Herr Abg Tschirf eine Zusatzfrage stellen wird. – Bitte.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landtagspräsident!

 

Sie können zu Recht davon ausgehen. Wenn mich mein Gedächtnis nicht völlig trügt, hat der Präsident des Städtebundes in dieser Eigenschaft und, glaube ich, auch als Bürgermeister von Wien und Landeshauptmann immer wieder in den Jahren 2000 bis 2007 kritisiert, wenn relativ rasch Gesetzgebungsprozesse auf Bundesebene stattgefunden haben und nicht Experten in dem Ausmaß einbezogen wurden. Aber offensichtlich gibt es einen Weiterentwicklungsprozess in der Meinung des Herrn Landeshauptmannes.

 

Meine Frage geht in eine andere Richtung. Auf Bundesebene ist es seit etlichen Jahren so, dass sämtliche Begutachtungsverfahren auf der Homepage des Nationalrates einzusehen sind, das heißt, alle Stellungnahmen. Das geschieht in Wien in einem gewissen Ausmaß, aber nicht vollständig.

 

Wird sich daher der Landeshauptmann in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und als Chef des Magistrats darum kümmern, dass die Homepage des Magistrats so eingerichtet wird, dass man das nachsehen kann?

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Also zunächst einmal zur Vorbemerkung: Ich bin schon dafür, mich für Dinge zu kritisieren, die ich getan habe – das ist völlig normal und völlig logisch –, und ich kenne auch die Meinung der SPÖ in der Oppositionszeit im Hinblick auf „speed kills", um den Ausdruck des damaligen Nationalratspräsidenten und stellvertretenden ÖVP-Bundesparteiobmannes in Erinnerung zu rufen, sodass er ja nicht vergessen wird.

 

Ich habe das eigentlich – ich sage das ganz offen und ehrlich – nicht besonders kritisiert, weil ich ja weiß, was es bedeutet, wenn man zu regieren hat, und da ist es zweifelsohne so, dass man dies auch mit einem entsprechenden Tempo machen sollte. Jeder von uns kennt die politischen Realitäten. Wenn man Dinge machen will, von denen man ausgeht, dass sie vielleicht nicht gar so beliebt sind, macht man sie am Anfang einer Legislaturperiode und nicht gegen Ende. Daher sage ich, okay, das ist in hohem Ausmaß mit Handwerk letztendlich auch verbunden.

 

Dass bestimmte, sehr wichtige Gesetze, die ja auch für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft verantwortlich sind, und andere Dinge mit Initiativantrag in den Nationalrat eingebracht wurden, habe ich gelegentlich äußerst verwegen gefunden, das sage ich auch. Aber auch da bin ich nicht allein. Da gibt es ja eine ganze Reihe von christlich-sozialen Demokraten, die früher

 

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