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Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 67

 

Ansätzen ja auch bei uns haben, dass diejenigen, die auch über finanzielle Mittel verfügen, in andere Bezirke ziehen, schon der Sicherheit ihrer Kinder zuliebe, dass sich die Funkstreifenwagen nicht mehr hineinzufahren trauen, weil sie dort einem gewaltbereiten Mob gegenüberstehen, der den Respekt vor der öffentlichen Ordnung verloren oder niemals gelernt hat. In Paris sind es jetzt die Vororte, in Berlin ist es die Umgebung des Zentrums, schreibt er.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch eine Minute.

 

Abg Mag Wolfgang Jung (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Und das ist die Situation, die es gibt und die existiert. Nicht umsonst hat der „Spiegel“ die Migration der Gewalt zu einem Hauptthema gemacht. Und wenn Sie so weiter machen dürfen, meine Damen und Herren von der SPÖ, mit der Spaßpädagogik in der Schule, mit den Lehrern als Bildungs-Entertainer, anstatt auch schon in der Schule den Kindern ein gewisses Maß an Recht und Ordnung und an richtigem Verhalten beizubringen, und nicht nur den hemmungslosen Egoismus in den Vordergrund zu stellen, wie Sie es seit den Achtundsechzigern lehren, dann haben wir und auch unsere Kinder die Folgen zu tragen, denn das ist genau die Situation, die diese Achtundsechziger herbeigeführt haben, das ist jene Generation, die unsere Jugend in den Schulen und auch in den Akademien verhunzt hat. Und die Ernte dieser Generation haben wir, und die haben auch unsere Kinder auszubaden.

 

Deswegen sage ich: Kehren Sie um! Noch ist es Zeit, es wird aber von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat schlimmer. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir werden nicht versäumen, darauf hinzuweisen; wir werden den Finger auf diesen wunden Punkt legen. Leider wird das noch sehr, sehr oft der Fall sein müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau Abg Jerusalem.

 

Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich bin froh, dass das Thema zum Thema gemacht worden ist, finde es sehr gut, dass wir darüber einmal ernsthaft reden, und möchte zu Beginn meiner Worte nur in Richtung FPÖ sagen: Außer dummer und rechter Polemik haben Sie tatsächlich nichts zu bieten! (Beifall bei den GRÜNEN und von Abgeordneten der SPÖ. - Abg Henriette Frank: Sagen Sie das dem „Spiegel"! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Kein Vorschlag, kein Garnichts! Paris, Berlin, die Achtundsechziger - das interessiert doch in einem Raum, wo Menschen sitzen, die sich zu bemühen haben, Probleme, die es tatsächlich gibt und die man aufzeigen kann, auch zu lösen, wirklich niemanden! (Abg Mag Wolfgang Jung: Dann lösen Sie es jetzt!) Dass Sie auf der Straße Menschen finden, die sich von diesem Unsinn - gefährlichem Unsinn! - angesprochen fühlen, das wissen wir und das bedauern wir zutiefst. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt zu dem, was ich eigentlich sagen möchte. Vielleicht zu Beginn eine Frage: Wie viel Gewalt muss eigentlich ein Elfjähriger, ein Zwölfjähriger erfahren haben, um selbst gewalttätig zu sein? Da muss ja sehr viel passiert sein, damit aus diesem jungen Menschen tatsächlich ein gewalttätiger Mensch wird.

 

Wir wissen, dass es sie gibt, diese Probleme, und sie sollen auch nicht unter den Tisch gekehrt werden. Denn aus den Hauptschulen wissen wir, dass in jeder Klasse drei, vier, fünf, eben mehrere Jugendliche drinsitzen, deren Antwort gewalttätig ist und die gewalttätig sind. Das ist ein massives Problem.

 

Was aber kommt bei diesen Jugendlichen pausenlos an? Entweder, dass sie den Erwachsenen wurscht sind, oder sie werden als Trottel abgestempelt. Und - das ist jetzt das Wichtigste - die Gesellschaft vermittelt ihnen: Wir brauchen euch nicht. Jeder Jugendliche, dem man vermittelt: Wir brauchen euch nicht, wir brauchen dich nicht, du bist ein Trottel, wir brauchen dich nicht!, wird jedenfalls mit Gewalt darauf antworten. Diese Gewalt kann sich gegen andere richten, sie kann sich auch gegen sich selbst richten.

 

Das heißt, Aufgabe der Gesellschaft wäre es eindeutig, den Jugendlichen erstens zu vermitteln - die Eltern sind da in erster Linie zunächst einmal zuständig -, dass man sie mag, dass man Zeit hat, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, dass man das auch tatsächlich tut, dass man sowohl als Reibebaum vorhanden ist als auch als jemand, der Liebe gibt. Das ist einmal das Erste und Wesentliche.

 

Da gebe ich meiner Vorrednerin Frau Abg Riha durchaus recht, wenn sie sagt: Viele Eltern würden so etwas wie ein Coaching brauchen oder etwas, was man ihnen darüber mit auf den Weg gibt, wie man mit Kindern umgeht, was Kinder tatsächlich brauchen und was man ihnen geben muss. Auch in der Schule - und da, Frau Abg Wehsely, gibt es schon noch viel zu tun.

 

Da wird es nicht genügen, nur den Weg weiterzugehen, den man bis jetzt gegangen ist. Da war viel Gutes dabei, und darauf kann man auch stolz sein. Aber da fehlt jetzt natürlich auch sehr viel in den Schulen, wenn es um Gewaltprävention geht, wenn es darum geht, das soziale Lernen an den Schulen zu fördern. Das Projekt Soziales Lernen ist ja an den Pflichtschulen in der Form, wie es sein sollte, nicht existent.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch eine Minute.

 

Abg Susanne Jerusalem (fortsetzend): Oder es wären auch die Vorschläge von Frau Univ-Prof Hilde Spiel aufzugreifen. Oder es wäre das Projekt Schulsozialarbeit, das ja im 17. Bezirk sehr erfolgreich getestet wurde, wieder aufzugreifen und überall dort einzusetzen, wo es so dringend gebraucht wird.

 

Abschließend aber - ich habe leider nicht lange Zeit und kann nicht viel von dem sagen, was ich glaube, was notwendig wäre - möchte ich noch einmal das Wesentliche hervorgreifen: Eine Gesellschaft, die ihrer Jugend vermittelt: Wir brauchen euch nicht, wird diese Jugend verlieren. Das ist es, was jetzt auf der Kippe steht. Wir dürfen sie nicht verlieren, wir müssen vermitteln: Wir

 

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