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Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 67

 

an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Seit Dezember 2007 ist der Schengenraum um einige Staaten im Osten erweitert worden. Im Zuge dessen ist ein Ansteigen des organisierten Bettelns in Wien zu bemerken. Werden Sie sich angesichts der neuen geopolitischen Lage und deren Auswirkungen auf Wien für eine Novellierung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes - WLSG im Hinblick auf ein generelles Bettelverbot einsetzen?)

 

Ich darf Herrn Dr Häupl um die Beantwortung bitten!

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau Landtagsabgeordnete!

 

Ich darf gleich vorweg festhalten, dass ich die Begründung Ihrer Anfrage, dass seit der Erweiterung des Schengenraums ein Ansteigen des Bettelns in Wiens zu bemerken ist, nicht nachvollziehen kann. Nach den mir vorliegenden Informationen des Leiters der Sicherheits- und Verkehrspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien, die für die Vollziehung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes zuständig ist, hat das organisierte Betteln seit der Erweiterung des Schengenraums im Dezember 2007 keineswegs zugenommen. Darüber hinaus darf nochmals in Erinnerung gerufen werden, dass ich bereits in mehreren Beantwortungen von Anfragen Ihrer Fraktion, aber auch Anfragen der Wiener ÖVP, ausführlich dargestellt habe, dass bereits § 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes aggressives, aufdringliches und organisiertes Betteln in Wien verbietet. Weiters besteht die Möglichkeit der Wegweisung von aggressiven Bettlerinnen und Bettlern nach Anweisung und Abmahnung. Anstiftung zu solchen Formen der Bettelei sind nach § 7 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 strafbar. Auch der Verfall von Geld, das durch verbotene Formen der Bettelei beschafft wurde, kann verfügt werden. Unabhängig davon konnte bei gemeinsamen Schwerpunktaktionen der Polizei und der Stadt Wien, insbesondere auch mit Sozialarbeitern, in letzter Zeit beobachtet werden, dass das Betteln im öffentlichen Raum durch strafmündige Personen im Beisein von unmündigen minderjährigen Personen und die Anstiftung unmündiger minderjähriger Personen zum selbstständigen, nicht aggressiven Betteln durch strafmündige Personen zugenommen hat.

 

In der Juristensprache heißt das, man bemerkt Mütter, die mit Kleinkindern betteln gehen oder sehr junge Kinder zum Betteln anstiften, um ihnen anschließend das Geld wegzunehmen. Das hat nicht im verstärktem Ausmaß zugenommen, aber es ist deutlich zu sehen.

 

Durch solche Betteleien soll auf Grund des größeren Mitleidseffekts ein erhöhtes Betteleinkommen erzielt werden. Im Sinne des Wiener Kinder- und Jugendschutzgesetzes wird daher von der zuständigen Stadträtin in nächster Zeit dem Wiener Landtag eine Novelle des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Mit dieser Novelle werden zwei neue Verwaltungsstraftatbestände geschaffen, die sich gegen strafmündige Personen richten, die unmündige minderjährige Personen beim Betteln mitführen oder zum selbstständigen Betteln anstiften. Auf Grund der präventiven Wirkung dieser gegen die mitführenden anstiftenden Erwachsenen gerichteten Bestimmungen ist in kurzer Zeit mit einem weiteren wesentlichen Rückgang der Bettelei im Beisein oder durch unmündige minderjährige Personen im öffentlichen Raum zu rechnen.

 

Zur Forderung eines absoluten Bettelverbots im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz möchte ich noch bemerken, dass ich es auch weiterhin, wie schon oft argumentiert, für nicht sinnvoll erachte, still um Almosen bettelnde Menschen zu kriminalisieren, um gegen diese vermögenslosen Personen ständig Geldstrafen und in weiterer Folge Ersatzfreiheitsstrafen zu verhängen. Vielmehr bin ich der Meinung, dass die Ursachen der Bettelei bekämpft werden müssen.

 

Der Fonds Soziales Wien bietet gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartnerinnen und -partnern Bettlerinnen und Bettlern aufsuchende Hilfe in besonders niederschwelliger Weise an und arbeitet hier auch sehr eng mit der Wiener Polizei zusammen. Ich bin überzeugt davon, dass das Thema Betteln in Wien differenzierte Vorgangweisen erfordert, und zwar je nachdem, ob es sich auf der einen Seite um aggressives, aufdringliches und organisiertes Betteln oder um die Ausbeutung unmündiger minderjähriger Personen, oder auf der anderen Seite, wenn es sich wirklich um stille Appelle an die Hilfsbereitschaft der Menschen handelt.

 

Ich denke, dass wir auch in dieser differenzierten Vorgangsweise unsere positiven Erfahrungen haben und daher leidvolle Erfahrungen, die in anderen, auch österreichischen Städten, gemacht wurden, Gott sei Dank nicht teilen mussten.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön! Die 1. Zusatzfrage kommt von Frau Abg Matiasek. Ich bitte darum!

 

Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Danke für Ihre Beantwortung. Es freut mich zu hören, dass gerade in Richtung des Einsatzes von Kindern hier angedacht ist, dem doch entgegenzuwirken. Nichtsdestotrotz müssen wir wahrnehmen, dass eben nach wie vor - und das haben Sie ja selber gesagt - dieses Phänomen ja noch immer ganz heftig besteht, und dass sich die Orte des Einsatzes sehr wohl auch verschieben, dass es eine Tendenz gibt, in Richtung ganz nahe zu Geschäftszentren, zu Geschäftlokalen, zu gehen und vielleicht ein bisschen weg von den Verkehrsknotenpunkten, die leichter einsehbar und überwachbar sind.

 

Die organisierte Bettelei als ein kriminelles Phänomen ist natürlich auch - so haben das ja im Hinblick auf die Erweiterung des Schengenraums die ersten Prognosen von Fachleuten und die ersten Wortmeldung im Zuge auch von Einbrüchen, Raub und anderen Delikten, durchaus gesehen -, verstärkt zu befürchten. Die Debatte und die veröffentlichte Meinung darüber haben sich allerdings geändert.

 

Ich habe jetzt eine Frage im Hinblick auf die ja jetzt bald anstehende Fußball-Europameisterschaft: Es ist ja anzunehmen, und auch das wurde ganz kurz von Fachleuten angerissen, aber sehr wenig publiziert, dass sich hier selbstverständlich auch die Bosse dieser

 

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