«  1  »

 

Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 67

 

für sehr gut und richtig - entsprechend mitwachsen soll. Das betrifft etwa die jährliche Diskussion darüber: Kommt es zu einer Anpassung, oder kommt es zu keiner Anpassung?

 

Darin ist auch ein Teil für Wohnen enthalten. Ein wesentlicher Bereich der Diskussion ist auch, dass zum Beispiel die Wohnkosten in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich sind. Das heißt, es sind hier noch Fragen zu klären und Fragen offen.

 

Die Schwierigkeit an der Sache ist, dass wir in einem doch, sage ich einmal, nicht riesigen Land wie Österreich einheitliche Regelungen in dem Bereich haben wollen, aber trotzdem die notwendige Spezifikation, um zu reagieren, wenn in Bundesländern unterschiedliche Regelungen nötig sind.

 

Der zweite Punkt, der ganz besonders wichtig ist - und hier werden harte Debatten auch mit dem Bund geführt -, ist die Frage: Wie gehen wir sozusagen mit Menschen um, die Arbeitslosengeld beziehen, die Notstandshilfe beziehen, den so genannten Richtsatzergänzern? Da ist zwar eine Anhebung der Nettoersatzrate zugesagt, aber nicht in dem Ausmaß, dass es dem ASVG-Richtsatz entspricht. Da gibt es natürlich die Diskussion darüber: Wer trägt hier die notwendigen Kosten? Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

 

Neben der finanziellen Auswirkung, nämlich einerseits für die Gebietskörperschaft, aber vor allem auch für die Menschen, die diese Mindestsicherung in Anspruch nehmen, halte ich für eine Conditio sine qua non die ganz enge Verzahnung mit dem Arbeitsmarkt. Das bedeutet auch - und daran arbeiten wir ja in Wien über den WAFF, aber auch in enger Kooperation mit dem AMS jetzt schon -, dass die Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher eine ganz wesentliche Zielgruppe des Arbeitsmarktservice sein müssen und dementsprechend Programme für genau diese Zielgruppe - auch von Bundesseite, weil das AMS sozusagen eine Bundeseinrichtung ist - ausgebaut werden müssen.

 

Nur dann kann die Mindestsicherung das bringen, was sie bringen soll - und das wird sie bringen -, nämlich ein Trampolin in ein besseres Leben für die Menschen zu sein.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön. - Die 2. Zusatzfrage erfolgt von Herrn Klubvorsitzendem Abg Dr Tschirf. Ich bitte darum.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

 

Sie haben es kurz angesprochen, dass es bundesweit unterschiedliche Regelungen und Richtsätze gibt. In einigen Richtsätzen ist Wien deutlich im unteren Feld. Wird sich Wien anstrengen, dass bei den Sozialleistungen in den Spitzenbereich vorgestoßen wird?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Klubobmann!

 

An dem Lächeln auf Ihren Lippen sieht man schon, dass Sie das, was Sie mich hier fragen, selbst nicht glauben (Abg Dr Matthias Tschirf: O ja!), weder quantitativ noch qualitativ.

 

Wir sind das einzige Bundesland, das eine Regelung wie die Dauerleistung hat, wo Menschen, die nicht arbeitsfähig sind, 14-mal im Jahr den ASVG-Richtsatz bekommen. Wir sind das einzige Bundesland, das eine monatliche Beihilfe zum Heizen - im heurigen Jahr in der Höhe von 42 EUR - vorsieht. Andere Bundesländer haben den Heizkostenzuschuss; den haben wir auch, und das ist es damit. Wir sind das einzige Bundesland, in dem eine Systemumstellung vorgenommen wird, bei der nicht die Familie als Gesamtes gesehen wird, sondern individuell unterstützt wird.

 

Wir sind auch das einzige Bundesland, in dem in einem derart hohen Ausmaß – auf Grund der Struktur, die wir in der Sozialhilfe schaffen - Menschen, die einen Anspruch auf die Sozialhilfe haben, auch abholen. Es gibt eine neue Studie, die sagt: In Wien ist der Anteil jener, die auf eine individuelle Leistung aus der Sozialhilfe einen Anspruch hätten - und sei das nur eine einmalige Leistung -, diese aber nicht in Anspruch nehmen, bei maximal 15 Prozent; im Österreich-weiten Schnitt liegt dieser Anteil zwischen 40 und 60 Prozent.

 

Von 40 bis 60 Prozent der Menschen, die einen Anspruch auf etwas haben, wird dies auf Grund der Struktur, dass man etwa zum Bürgermeister gehen muss mit der Bitte: „Kann ich Sozialhilfe haben?", nicht in Anspruch genommen! Oder auf Grund der Struktur, die in fast allen Bundesländern vorherrscht: Dass die Sozialhilfe wieder zurückgeholt wird, und zwar nicht nur von den Kindern - was es in Wien nicht gibt -, sondern auch von jenen, die eigentlich mit der Sozialhilfe die Möglichkeit haben sollten, sich wieder zu festigen und ins Arbeitsleben einzusteigen. In dem Moment, in dem man dann wieder verdient, muss man in den meisten Bundesländern die Sozialhilfe zurückzahlen.

 

Vielleicht zu den Dimensionen, die ja auch in der Debatte um die Mindestsicherung ausgesprochen spannend sind: Wir haben in Wien rund 83 000 Menschen, die Sozialhilfeleistungen beziehen. In einem Land, das nur 200 000 Einwohnerinnen und Einwohner weniger hat, nämlich Oberösterreich, bekommen 6 000 Menschen Sozialhilfe. Dies nur, damit wir die Dimensionen sehen, von denen wir hier sprechen.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön. - Die 3. Zusatzfrage erfolgt durch Herrn Abg Dkfm Dr Maurer. Ich bitte ihn darum.

 

Abg Dkfm Dr Ernst Maurer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Ich beziehe mich auf die Diskussion, SozialhilfeempfängerInnen in die Krankenversicherung mit einzubeziehen und ihnen damit auch die e-card zu ermöglichen: Wie weit sind hier die Vorbereitungen gediehen?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Abgeordneter!

 

Das ist ein ganz wichtiges Thema. Selbstverständlich erhalten Sozialhilfebezieherinnen und Sozialhilfebezieher dieselben Leistungen wie versicherte Personen, aber - und das wissen wir - sozusagen mit einem Schein, der sie als Sozialhilfebezieherinnen und Sozialhilfebezieher ausweist, und das ist schlecht, gar keine Frage.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular