«  1  »

 

Landtag, 13. Sitzung vom 24.10.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 34

 

wenn es gar nicht anders geht, zu einer Untersuchung, die leider viel zu oft nach großer anfänglicher Aufregung im Nichts versandet, weil in dem Moment, in dem es kritisch wird, quasi rechtzeitig eingestellt wird; wir haben das beim Eurofighter-Ausschuss und beim Bankenausschuss gesehen. Das einzige Ergebnis ist manchmal höchstens, dass besonders Belastete zurückgenommen werden. Und manchmal – das ist der positive Effekt – gibt es auch geringfügige Strukturveränderungen.

 

Ohne diese Indiskretionen, über die man sich regelmäßig aufregt, wären viele der großen Skandale in Österreich überhaupt nie an die Öffentlichkeit gekommen. Ich erinnere an Lucona, Club 45, Konsum, ARBÖ, BAWAG oder an den Klub der Freunde der Wiener Polizei, um nur einige wenige aufzuzählen. Dabei fragt man sich schon manchmal, wieso gerade die SPÖ und insbesondere die Wiener SPÖ so oft im Zusammenhang mit diesen Skandalen genannt wird und wieso so viele der darin Verwickelten ein Naheverhältnis zur Stadtregierungspartei haben, von Udo Proksch bis Elsner.

 

Man kennt sich halt untereinander und man kontrolliert sich selbst, siehe BAWAG Aufsichtsrat. Da braucht man dann keine störende Opposition. Und wenn die Gefahr droht, dass die Öffentlichkeit zu viel erfahren könnte, dann besinnt man sich, wie wir es aus den Anfragebeantwortungen kennen, auf einmal auf den Datenschutz. Dass in anderen Zusammenhängen mit dem Datenschutz, etwa bei Trojanern und amtlichen PC-Viren, ganz andere Ansichten bestehen, das wird vergessen! Dann ist das nicht so wichtig. Aber wenn es darum geht, Auskunft zu erteilen, dann wird oftmals der Datenschutz vorgeschoben. Von der anderen Variante haben wir heute auch schon gehört: Man lagert aus und entzieht die Materie der Kontrolle, in diesem Fall durch den Gemeinderat.

 

Dieses Amigo-System der bayrischen CSU – bei uns nennt man es einfach Freunderlwirtschaft, manche sagen auch Genossenschaftssystem – hat sich in den vergangenen über 60 Jahren teilweise, aber keineswegs immer mit strafrechtlich relevantem Hintergrund in sehr starkem Maß hier in Wien verbreitet. Die SPÖ hat hier sehr stark versucht, der öffentlichen Kontrolle zu entgehen. Sie hat ein Netzwerk ausgebaut, und dieses Netzwerk wuchert unterirdisch wie ein Pilzmycel, und manchmal kommen halt die Giftpilze und Stinkmorcheln an die Oberfläche.

 

Deswegen tut Kontrolle, wie wir immer wieder sehen, gegenwärtig Not. Manches hat sich in den letzten Jahren ein wenig verbessert. Zumindest sind manche Leute vorsichtiger geworden. Aber noch immer ist ein Parteibuch bei der Wohnungsvergabe nützlich, und eine Gewerkschaftsmitgliedschaft erleichtert die Anstellung bei der Stadt. Vorfeldorganisationen und bestimmte Vereine helfen dabei, und Spenden für sie werden nicht ungern gesehen.

 

Ich will nicht gerade von Türöffnern reden, aber es gibt da einen sehr typischen Ausspruch von Herrn Wala: „Das, was manche heute hier durchführen, war in den 70er Jahren durchaus üblich, und was heute als Mauschelei gilt, war in den 70er Jahren normal.“ – Jetzt frage ich mich schon: Gab es in den 70er Jahren in der Nationalbank Mauscheleien, die als Normalität galten? Waren damals Mauscheleien normal? Hat sich da jetzt moralisch etwas verändert? Oder ist nur die Öffentlichkeit etwas schlauer geworden und hat ihnen auf die Finger geklopft?

 

Meine Damen und Herren! Auf jeden Fall wird es höchste Zeit, dass solche Mauscheleien eingeschränkt beziehungsweise eingestellt werden und denjenigen auf die Finger geklopft wird, die solche versuchen, auch wenn sie sich in ihren eigenen Reihen befinden, wie ich es etwa feststelle, wenn ich mir den heutigen „Falter“ anschaue. Und das ist sicher nicht einmal die Spitze eines Eisberges, sondern noch viel weniger!

 

Nun sind wir schon bei den Vorfällen um die Freunde der Wiener Polizei. – Solche zweifelhaften Freunde hat sich die Exekutive nicht verdient! Unsere Beamten haben es in Zeiten wie heute schwer genug, angesichts zunehmender Kriminalität und zunehmender Gewalt bei den Tätern und angesichts der personellen Unterbesetzung mit ihrer Arbeit fertig zu werden. Gleichzeitig treten dann auch noch eine Reihe von obskuren Vereinen und einschlägigen Rechtsanwälten auf, die oftmals Promistatus haben und dann im Nachhinein die Amtshandlungen der Beamten, die oft unter großem Zeitdruck und in Gefahrensituationen gesetzt werden, zerpflücken und kritisieren. In dieser Lage erwartet sich der Bedienstete eigentlich Verständnis und Deckung durch seine Vorgesetzten. Und außerdem sollten ihm die nötigen Arbeitsgeräte durch den Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden.

 

In Wien hat das teilweise ein Verein gemacht. Bildschirmschreibmaschinen wurden zur Verfügung gestellt, natürlich mit einem Pickerl, das auf den Spender hinwies. Feste wurden finanziert, und auch die eine oder andere persönliche Wohltat wurde erwiesen. Und das störte auch niemanden, denn wo kein Kläger, da kein Richter.

 

Der Herr Bürgermeister hat festgestellt, dass alle Parteien zugestimmt haben. – Das ist schon richtig! Wir haben zugestimmt, dass verschiedene Hilfsmittel, die aus irgendwelchen Gründen im Innenministerium nicht vorhanden waren, zur Verfügung gestellt wurden. Wir haben aber nicht bei den Interventionen mitgemacht, die nachher erfolgt sind, und das ist der wesentliche Unterschied! Denn wenn man von jemandem Gutes empfängt und dieser dann plötzlich, in entsprechender Position sitzend, einen dringenden Wunsch äußert, dann ist es halt schwierig, Nein zu sagen.

 

Ich kann mir dabei vor allem sehr schlecht vorstellen, wie sich bedeutende Leute aus dem politischen Bereich plötzlich in Gesellschaft von Leuten aus dem Rotlichtbereich oder anderen obskuren Typen begeben. – Ich nehme jetzt ein Beispiel, das wir in anderer Form auch in unserem Kontrollamtsbericht wiederfinden: Ein Casinobetreiber aus dem Prater stellt dem Polizeichef der Stadt, anscheinend aus reiner Nächstenliebe, ein Luxusauto zur Verfügung. Und Polizeichef wird man in Wien nicht

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular