«  1  »

 

Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 98

 

Gebührenerhöhung, so lange es geht, stoppen. Wenn wir sehen, dass die Leute im Jahr um 136 Millionen mehr ausgesackelt werden, als notwendigerweise an Gebühren eingehoben werden muss, dann bemühen wir uns, dieses Unrechtsgesetz zumindest auf einen Monat zu stoppen. Das bringt den Wienern immerhin eine Ersparnis um 10 Millionen! Darauf sind wir stolz, und nicht darauf, dass wir die Wiener aussackeln! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Margulies.

 

Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Präsident!

 

Ich werde mich ansonsten nur mit den Gebühren auseinandersetzen. Gleich zu Beginn möchte ich mich aber vom Begriff „Notwehrrecht" distanzieren. Für meine Begriffe üben wir kein „Notwehrrecht" aus, sondern nutzen einfach geschäftsordnungsmäßige Möglichkeiten aus, die es erlauben, die zweite Lesung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, und somit der Sozialdemokratie hoffentlich erlauben, über das Gesetz noch eine Zeit lang nachzudenken. Ich glaube, dass es in einer demokratischen Gesellschaft legitim ist, diese Geschäftsordnungsmöglichkeiten zu nutzen.

 

Ich will aber den Begriff „Notwehrrecht" in diesem Sinne vermeiden, denn es besteht ja nicht wirklich Gefahr für Leib und Leben oder Gefahr im Verzug! – Tatsächlich Gefahr im Verzug besteht hinsichtlich drastischer Gebührenerhöhungen über Jahre hinweg. Erst unlängst hatten wir eine Erhöhung, ohne dass anzunehmen ist, dass die Kosten im selben Maße steigen werden. Das ist eigentlich der zentrale Kritikpunkt.

 

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen Satz aus den Erläuternden Bemerkungen vorlesen. – Erster Absatz: „Die bestehende Systematik der Festsetzung von Abgaben, öffentlich-rechtlichen Geldleistungen und tarifmäßigen Entgelten für Leistungen der Gemeinde ist davon geprägt, dass inflationsbedingte Kostensteigerungen über längere Zeit keine Berücksichtigung finden. Die Einnahmen können das ansteigende Ausgabenerfordernis nicht abdecken, sodass auf allgemeine Budgetmittel zurückgegriffen werden muss."

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Weder beim Wasser noch beim Müll, noch bei den Abwassergebühren, bei denen es im letzten Jahr eine Erhöhung gab, muss auch nur ein Euro aus den allgemeinen Budgetmitteln bezahlt werden oder auf die allgemeinen Budgetmittel zurückgegriffen werden! Die Erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesänderung sind schlicht und einfach falsch!

 

Hier steht, dass die bestehende Systematik davon geprägt ist, dass inflationsbedingte Kostensteigerungen keine Berücksichtigung finden. – Sehr geehrte Damen und Herren! Warum wird im Laufe der Budgetvoranschlagsdebatte jedes Mal der Antrag gestellt, die Gebühren zu überprüfen, ob etwas zu verändern ist? Es war ja nicht so, dass sich die Fraktionen jedes Jahr quergelegt hätten, dass man die Gebühren überprüft, ob sie in Ordnung sind oder nicht. Dem haben die GRÜNEN sogar jedes Mal zugestimmt. Und wenn man festgestellt hat, dass ein Kostendeckungsgrad unterschritten wird, dann hat die Stadt Wien in vielen Fällen die Gebühren tatsächlich erhöht.

 

Jetzt kommt es allerdings zu einer vollkommenen Entkoppelung der Gebühren von den realen Kosten. Dass eine Vielzahl der im Bereich Müll, Wasser und Abwasser anfallenden Ausgaben nichts mit dem Verbraucherpreisindex zu tun haben, zeigt sich, wenn man sich einen kurzen Vergleich der Ausgaben ansieht, die in den drei erwähnten Bereichen im Laufe der vergangenen Jahre angefallen sind. Manche Kosten steigen, wie zum Beispiel die für Treibstoffe; diese machen allerdings nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten aus. Manche Kosten fallen, wie etwa die bei chemischen Stoffen et cetera, und manche bleiben gleich.

 

Das, was in Summe tatsächlich steigt, auch wenn der Personalstand gleich bleibt, sind die Personalkosten. Ich füge hinzu: Gott sei Dank ist das so, denn sonst würden die Leute immer wieder weniger verdienen! In manchen Bereichen kommt es allerdings zu Personaleinsparungen, das heißt, da steigen nicht einmal die Personalkosten im Sinne des Verbraucherpreisindexes.

 

Es ist daher nicht von ungefähr, dass es zum Beispiel gerade bei den Müllgebühren im heurigen Jahr einen Überschuss, bereinigt um Darlehen und Rücklagen am Ansatz, von rund 46 Millionen EUR gegeben hat. Es ist legitim, dass man ein Budget, wenn man es über viele Jahre betrachtet, um die Rücklagen, die Darlehensaufnahmen und -rückzahlungen bereinigt. Das ist legitim! Aber wenn wir 2002 bei 22 Millionen EUR Überschuss waren und jetzt bei 46 Millionen EUR Überschuss sind, dann ist nicht eine automatische Erhöhung nach Verbraucherpreisindex angesagt, sondern dann erwarte ich mir eine politische Diskussion darüber, warum die Stadt Wien im Bereich Wasser, Abwasser und Müllgebühren, bereinigt um Darlehensrückzahlungen und Rücklagen, Überschüsse von 150 Millionen EUR wie im Jahr 2006 will; diese werden übrigens 2007 noch steigen, denn im Jahr 2006 haben die Müllgebührenerhöhung und Abwassergebührenerhöhung noch nicht einmal zur Gänze durchgeschlagen.

 

Ich meine, darüber muss politisch diskutiert werden, warum wir glauben, dass es sinnvoll ist oder nicht. Vielleicht ist das tatsächlich irgendwann einmal die einzige Möglichkeit, Sozialleistungen in der Stadt zu finanzieren! Das hielte ich für bedauerlich, denn ganz im Gegensatz dazu glaube ich, dass öffentliche Leistungen nicht immer nur von der breiten Mehrheit finanziert und getragen werden können. Selbstverständlich muss es in diesen Bereichen auch nach dem Verursacherprinzip Gebühren geben, das ist schon klar. Gebühren haben auch Lenkungseffekte. Die Frage, ob man aus diesen Gebühren dann andere Dinge finanziert oder ob man zumindest versucht, andere Einnahmequellen zu erschließen, ist dann allerdings eine politische Diskussion.

 

Ich vermisse den Aufschrei der Stadt Wien bei der Abschaffung der Schenkungssteuer und der

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular