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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 98

 

so den leisen Verdacht, dass Sie diese Gesamtschule oder diese gemeinsame Schule aller Zehn- bis Vierzehnjährigen nur deswegen einführen wollen, um hier die Überfremdung in den Schulklassen, in der Schule zu verschleiern, weil hier eine gewisse Vermischung auch stattfindet und weil der Prozentsatz an Schülern nichtdeutscher Muttersprache auch hier verschleiert wird. (Abg Harry Kopietz: Vermischung ist schlecht! Vermischung war für euch schon immer ganz schlecht!)

 

Das ist aber sicherlich ein ungeeignetes Motiv, Herr Kollege Kopietz, für eine Gesamtschulreform, und wir müssen auch heuer wiederum ein Bekenntnis seitens der Freiheitlichen ablegen, dass wir für eine Beibehaltung der Unterstufe der AHS sind, für die Beibehaltung der Hauptschule und für die Beibehaltung eines differenzierten Schulsystems.

 

Das Problem liegt ja ganz woanders, das Problem liegt eben schon in der Volksschule, in der 1. Klasse Volksschule, dass zu viele Kinder vorhanden sind, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind. Das Thema Sprachdefizite – der Kollege Vettermann weiß es – ist mein Lieblingsthema.

 

Aber die konkrete Antwort lautet: Es kann nur ein verpflichtendes Integrationsjahr mit einem intensiven Deutschunterricht sein – das ist die Forderung unserer Freiheitlichen Fraktion –, damit die Schüler nichtdeutscher Muttersprache besser vorbereitet sind, wenn sie in die Schule kommen. Das nützt nämlich allen: Das nützt den Schülern, die der deutschen Sprache noch nicht so mächtig sind, und es nützt den Schülern, die Deutsch sprechen, und somit der Unterricht schneller weiter gehen kann, somit keine Verständigungsprobleme mehr, somit eine echte Chancengleichheit für alle – davon sprechen wir ja dauernd – und somit auch ein Zustand, der wünschenswert ist, weil Bildung wieder stattfindet.

 

„Bildung findet Stadt", das sagen Sie immer so gerne. Deswegen: Zuerst Deutsch, dann Schule! Das sollte unser Motto sein. Auch hier in Wien! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es gibt gute Ansätze in Neunkirchen. Das wurde von Ihnen sofort abgelehnt, obwohl Neunkirchen ja auch rot dominiert ist. Es gibt auch ein gutes Beispiel im deutschen Hessen. Auch das wurde sofort abgeschmettert von der Frau Brandsteidl, die eben, wie gesagt, heute nicht hier ist.

 

Aber ich sage zum Schluss: Man sollte ein bewährtes System, ein bewährtes differenziertes System nicht dem Zeitgeist opfern, dazu ist dieses System zu schade. Man sollte Schluss machen mit Schulversuchen. Man sollte mit mehr Flexibilität auf die Bedürfnisse unserer Jugend eingehen.

 

Und weil wir, wie Sie schon erwähnt haben, Herr Kollege, am Ende des Schuljahres stehen, besinnen wir uns auch auf die Notenvergabe, die wir auch befürworten: Ein Nichtgenügend für die Wiener rote Bildungspolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg Jerusalem. Ich erteile es ihr.

 

Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ja, die GRÜNEN wollen eine Gesamtschule. Wir wollen diese Gesamtschule, um Chancengerechtigkeit für benachteiligte Kinder herzustellen. Ich habe es schon oft gesagt, ich wiederhole es gerne noch einmal. Die Sache ist uns wichtig.

 

Aber – und jetzt kommt ein großes, ernstzunehmendes Aber: Eine Gesamtschule ist automatisch gerechter, aber sie ist nicht automatisch besser. Auch eine Gesamtschule kann leider grottenschlecht sein.

 

Das heißt, der Appell, den ich heute einmal mehr an uns alle und an Sie alle richte, lautet: Machen wir eine gute Gesamtschule, machen wir die beste Gesamtschule der Welt! (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg Barbara Novak.)

 

Deshalb wird es notwendig sein, sich von dieser alten Belehrungsschule endlich einmal zu verabschieden (Abg Dr Wolfgang Aigner: Aber Sie belehren uns andauernd!) und eine neue moderne Erfahrungsschule zu machen. Reißen wir die Fenster auf, reißen wir die Türen auf, öffnen wir die Schulen, reißen wir Wände nieder, damit dieser alte, grauenhafte Mief der Belehrungsschule abzieht, und dann zieht vielleicht auch gleich der Mief der FPÖ mit ab. Ich würde es mir sehr wünschen. (Beifall bei den GRÜNEN. – Abg Mag Wolfgang Jung: Hören Sie auf mit Ihren Belehrungen!)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schule muss ein Ort nicht nur des Lernens werden, sondern des Lebens, der Freude, des Spaßhabens, wo die Menschen, die hingehen, gerne hingehen, wo Kreativität herrscht, wo Eigenaktivität herrscht, wo Selbstbestimmung herrscht und Solidarität stattfindet. Das ist eine Schule, wie wir sie brauchen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir brauchen also sehr viel mehr als nur den Austausch des Etiketts. Der Herr Landeshauptmann hat es heute schon in der Früh gesagt, es braucht sehr viel mehr als nur den Austausch dieser Türschilder. Wir brauchen einfach methodisch und didaktisch eine ganz neue Schule.

 

Ganz privat sage ich dazu: Ich habe mich schon 1978 gezwungen gefühlt, eine Schule zu gründen, weil es unerträglich war, was meinen Kinder angeboten wurde. Ich würde mich sehr freuen, wenn es jetzt für mein Enkelkind, das ein Jahr alt ist, eine Schule ums Eck gäbe, die alle Stückeln spielt und wo man sagt: Da ist es gut, ein Kind hinzugeben, da lernt man gut.

 

Es tut mir insgesamt leid, dass die GRÜNEN nicht eingebunden sind in irgendwelche Arbeitsgruppen und nicht die Möglichkeit haben, da mitzureden. Wir würden das wirklich gerne machen. Aber wenn ich heute die Gelegenheit ergreifen kann, drei Dinge mit auf den Weg zu geben, dann möchte ich das jetzt machen. Drei Dinge:

 

Erstens: Schauen wir uns das Modell Finnland wirklich gut an. Man kann prinzipiell nicht die Modelle anderer Schulen einfach drüberklappen, das macht keinen Sinn, aber es gibt viele Elemente in der finnischen Gesamtschule, die man nehmen kann, übertragen kann und verwenden kann. Also erstens: Das finnische Modell

 

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