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Landtag, 7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 61

 

heute, sondern gibt es schon seit Jahren. Es gibt sie auch gar nicht einmal in einem so geringen Ausmaß. Ich sage Ihnen gerne, was das Ergebnis ist. Aus mehreren deutschen Studien und aus über 20 internationalen Studien hat man die Ergebnisse zusammengefasst. Das sind die wesentlichsten Ergebnisse darin: „Kinder und Jugendliche homosexueller Eltern sind genauso oft heterosexuell orientiert wie Kinder heterosexueller Eltern. Kinder homosexueller Eltern zeigen in keiner Weise häufiger Verhaltensstörungen als Kinder heterosexueller Eltern. Nicht die sexuelle Orientierung, sondern das Geschlecht der (homosexuellen) Eltern scheint auf Einstellungen und Verhalten von Kindern zu wirken. Sie weisen seltener ein geschlechtstypisches Rollenverhalten auf." - Das kann ich, ehrlich gesagt, nur begrüßen.

 

Wenn Sie anfangen, hier in eine wirklich tiefe Schublade abzuwandern, nämlich in Richtung Missbrauch, dass homosexuelle Eltern die Kinder oder auch Pflegekinder missbrauchen, dann sage ich Ihnen, das ist schon einfach vom Grundsatz her unlogisch. Mädchen haben ein massiv höheres Risiko, auch das zeigt nämlich diese Studie: „Das Missbrauchsrisiko für Mädchen ist dreimal höher als für Jungen. Damit ist das Missbrauchsrisiko von Kindern, die bei einem lesbischen Paar aufwachsen oder für Mädchen, die bei einem schwulen Elternpaar aufwachsen schon statistisch einfach sehr viel geringer, als es sozusagen bei heterosexuellen Paaren ist. Zu dem kommt hier noch dazu, dass es auch eine viel größere soziale Kontrolle gibt, so dass dieses Vorurteil keine Bestätigung findet." (Abg Henriette FRANK: Das halte ich nicht länger aus!)

 

Sehr geehrte Herren der FPÖ, weil es sind fast ausschließlich Herren, auch die, die heute hier reden, ich habe manchmal das Gefühl, Sie fühlen sich in Ihrer Männlichkeit bedroht! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg Nurten Yilmaz: Sehr schön!)

 

Wenn das wahr sein sollte, dann glaube ich, Sie sollten sich langsam mit dem Gedanken vertraut machen, weil es gibt in einer Reihe von Ländern bereits die Adoptionsmöglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare. Das sind Schweden, die Niederlande, Spanien, England, Teile der USA, Kanada und Australien. (Abg Mag Wolfgang Jung: Wir müssen nicht alles nachmachen!) Es gibt in einer Reihe von Ländern auch schon die Möglichkeit von Stiefkindadoptionen durch gleichgeschlechtliche Partner, in Norwegen, in Deutschland, in Dänemark, in Frankreich. Die Kinder, die davon betroffen sind, bekommen Eltern, da bin ich mir sicher, die sie lieben, die sie manchmal hassen werden, bei denen sie sich zu Hause fühlen, mit denen sie streiten werden, lachen genauso und von denen sie sich eines Tages emanzipieren werden. Wenn sie erwachsen sind, wird es so sein, wie es bei uns allen ist, es gibt Leute, die sich dann mit ihren Eltern im Erwachsenenleben gut verstehen und es wird welche geben, die sich mit ihren Eltern nicht verstehen werden. Das ist unabhängig davon, welche sexuelle Orientierung sie haben.

 

Grundsätzlich kann ich Ihnen zur Adoption auch meine persönliche Meinung sagen. Die Familien sind eine Bundesangelegenheit und das wird nicht hier im Landtag entschieden. Aber die Familien existieren, vor allem, was auch Stiefkindadoptionen betrifft. Da kann man jetzt zwischen zwei Beziehungsebenen unterscheiden. Es gibt eine soziale Beziehung, die es einfach gibt, und da stellt sich schon die Frage, ob man nicht auch die rechtliche Beziehungsebene im Interesse der Kinder regeln sollte. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist wahrscheinlich sinnlos, hier Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen. Es ist sinnlos gegenüber der FPÖ, die, glaube ich, damit anscheinend ein wirkliches psychologisches Problem hat. Aber es ist scheinbar auch sinnlos gegenüber der ÖVP, wenn ich mir den Zwischenruf vergegenwärtige, den der Kollege Aigner gemacht hat, nämlich auf den Einwand vom Kollegen Schreuder, dass die ÖVP niemals Schritte in Richtung einer Antidiskriminierung oder Aufhebung der Diskriminierungsbestimmungen gegenüber Schwulen und Lesben gesetzt hat. Der Kollege Aigner hat wortwörtlich zwischengerufen: „Das werden wir sicher auch nie machen!" Daher, glaube ich, ist es sinnlos und man kann diesen Satz eigentlich nur mehr mit einem Zitat abschließen. Marie von Ebner-Eschenbach hat nämlich einmal gesagt: „Ein Urteil lässt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil."

 

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Abschluss einfach persönlich noch gerne sagen, was ich gefühlt habe, was ich mir gedacht habe, als ich von der aktuellen Pflegekampagne für gleichgeschlechtliche Paare gehört habe. Das lässt sich im Wesentlichen in einem Satz oder in einem Gedanken zusammenfassen, und der war: Ich bin echt stolz auf diese Stadt! - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau Abg Jerusalem.

 

Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Frau Berichterstatterin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich habe mich einmal in der glücklichen Situation befunden, dass ich gedacht habe, die sexuelle Orientierung sei völlig gleichgültig. Heute stelle ich fest, dass ihr eine unendliche Bedeutung zugemessen wird. Dann denke ich mir, in diesem Raum sind 100 Landtagsabgeordnete und wenn man von sieben bis zehn Prozent ausgeht, die homosexuell oder lesbisch sind, hat uns das schon je gekümmert? Geht man durch die Gänge und fragt: „Guten Tag! Bist du lesbisch, bist zu schwul, bis du sonst etwas?" Das interessiert doch keinen Menschen! (Abg Mag Harald STEFAN: Die HOSI schon!) Keinen Menschen hat das je interessiert! Ich bin schon lange im Haus, nie hat mich wer gefragt! (Beifall und Heiterkeit bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg Mag Wolfgang Jung: Wer soll Sie denn fragen?)

 

Vielleicht bin ich lesbisch. Wissen Sie es? Ja, ich bin lesbisch. Ich bin eine lesbische Großmutter. (Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt unterhalten wir uns einmal darüber, wie wir unsere Enkelkinder, die kleinen Kinder, vor den homosexuellen Großvätern und den lesbischen Großmüttern

 

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