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Landtag, 31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 93

 

Kinder in die Kamera, als wären sie eine Beute. Also man hat sie richtig gesehen, wie sie zum Beispiel die Zwillinge hoch in die Kamera halten. Nach solchen Berichterstattungen sind, und das hat das Amt für Jugend und Familie festgestellt, die Zahl der Abgaben in der Babyklappe immer gestiegen. Gott sei Dank hat man sich in Wien jetzt mittlerweile dazu entschieden, keine Werbung mehr zu machen.

 

Die MA 11 hat festgestellt und hat die Gründe analysiert, die die Frauen angegeben haben, warum sie sich nicht für eine legale Adoptionsfreigabe entschieden haben. Die Gründe kann man alle gut verstehen, und sie machen auch ganz klar, dass es eine schwierige Lebenssituation für die Frauen ist. Sie wollen keinen Mutterschutz in Anspruch nehmen, weil der Arbeitgeber davon erfahren würde, sie wollen, dass das Kind nicht im Personenregister eingetragen wird und damit zurückverfolgt werden kann, und sie scheuen die Behördenwege und die Unterschriftsleistung bei Gericht und Notar.

 

Die MA 11 sagt zu all diesen Problemen, dass sie zu lösen wären, auch im Rahmen einer Freigabe zur Adoption auf legalem Wege. Man müsste eben genau dort ansetzen und den Frauen die Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, die es diesbezüglich gibt, und nicht sozusagen wegen einer sehr kurzfristigen und vielleicht überschaubaren Perspektive die Schutzfrist in Anspruch nehmen zu müssen, dann für ein Leben lang eine Entscheidung für sich und das Kind zu treffen.

 

Dazu kommt, und das habe ich hier auch schon häufig und mit Nachdruck deponiert, dass die Rechte des Kindes auf Kenntnis der Identität und der Herkunft zu achten sind und dass es, im Gegensatz zur weitverbreiteten Meinung, in Österreich kein Recht auf anonyme Geburt gibt, sehr wohl aber ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Frau Prof Verschragen von der Uni Wien sagt auch, dass die österreichische Regelung der Menschenrechtskonvention nicht entsprechend ist, und sie sagt wortwörtlich in einem Kommentar, konventionskonform ist nur eine Rechtslage, welche die Verwaltung der Daten und deren Richtigkeit so gewährleistet, dass das Kind eine Kenntnis von seiner Abstammung erhalten kann.

 

Eine anonyme Geburt, bei der auch in der Praxis das Vorliegen einer Notsituation nicht geprüft wird und ferner keine Daten erhoben werden, ist im Licht der Menschenrechtskonvention höchst bedenklich.

 

Ich glaube, dass es Möglichkeiten gäbe, diese Probleme zu lösen, und eine Lösung oder die für mich probate Lösung wäre die Einführung der Geheimen Geburt. Geheime Geburt heißt, dass die Interessen, die die Frau bei der Geburt nach Geheimhaltung hat, die sich aber möglicherweise im Laufe ihres Lebens als nicht mehr so wichtig herausstellen oder durch Zeitablauf vielleicht auch nicht mehr relevant, aber das Interesse des Kindes nach Kenntnis wird bleiben beziehungsweise bei vielen aus psychischen Gründen noch größer sein, dass man diese beiden Interessen vereinen könnte durch das Instrument der Geheimen Geburt, da würde die Behörde die Daten der Frau und des Kindes aufnehmen, vertraulich bewahren, und eine mögliche spätere Weitergabe an Mutter und Kind mit beider Einverständnis wäre möglich.

 

Ich stelle daher den Beschlussantrag:

 

„Der Landtag wolle beschließen:

 

Der Wiener Landtag spricht sich dafür aus, dass folgende Maßnahmen auf Bundesebene umgesetzt werden. Der im Bericht geäußerte Wunsch des Jugendwohlfahrtsträgers, es mögen die bundesrechtlichen Bestimmungen, die eine Adoptionsfreigabe für eine Frau in Konfliktsituationen verunmöglichen, hinsichtlich ihrer Anwendung flexibilisiert werden, damit nicht aus diesem Grund nur der Ausweg der Anonymen Geburt gewählt werden muss, dass das Instrument der Geheimen Geburt (Aufbewahrung der Daten bei der Behörde für eine mögliche spätere Weitergabe an Mutter und Kind mit deren beider Einverständnis) eingeführt wird.

 

In formaler Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrages.“

 

Ich möchte noch einen dritten Antrag einbringen, der mir auch sehr, sehr wichtig ist. Da geht es um die Hintanhaltung von Härtefällen beim Pflegegeld, denn seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 besteht der Anspruch auf Bundes- oder Landespflegegeld erst ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat. Da ist der wirklich schreckliche Fall passiert, dass eine Tiroler Patientin, die an Gehirntumor erkrankt war, einen Antrag gestellt hat. Es waren hohe Kosten zu tragen auch für die Angehörigen in der Pflege eines schwerstkranken Menschen, aber bevor der Pflegegeldanspruch tatsächlich entstand, verstarb die Frau.

 

Das kann nicht im Interesse weder des Bundes noch des Landes sein, niemand wird das wollen, und wir meinen, dass das nicht davon abhängen soll, wie eine akute Krankheitsentwicklung sich abzeichnet, ob man das noch erlebt, dass man einen Anspruch aufs Pflegegeld auch tatsächlich umsetzen kann. Wenn es einen Missbrauchsvorwurf gibt und das daher in Zweifel gezogen wird, ist das in diesem Zusammenhang, denke ich, als das geringere Übel anzusehen, denn die Vorstellung, dass Menschen diesen Anspruch nicht mehr erleben können und in ihrer höchsten, in ihrer schlimmsten Not keinen Pflegegeldanspruch haben können, das kann ja nicht in unserem Interesse sein.

 

Ich stelle daher den Beschlussantrag:

 

„Der Landtag wolle beschließen:

 

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei den zuständigen Bundesstellen dafür einzusetzen, dass die in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen dahin gehend geändert werden, dass der Pflegegeldanspruch, mit dem Pflegegeld verknüpft auch das Landespflegegeld, bei Vorliegen der Voraussetzungen ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim Amt besteht.

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung des Antrages.“

 

Schlussendlich möchte ich Sie noch informieren, dass, unterstützt von der ÖVP, also von Gemeinderäten und -rätinnen der ÖVP, die grünen Gemeinderäte und -rätinnen, also Frau Korosec und ich, zusammen ein

 

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