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Landtag, 31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 93

 

Antrag Ihre Unkenntnis der Rechtslage bewiesen. Die siebenjährige Übergangsfrist läuft definitiv spätestens 2011 aus. Sie kann sogar früher auslaufen, wenn die Störung des heimischen Arbeitsmarktes nachgewiesen wird.

 

Von unserer Seite gibt es zu solchen dumpfen, billigen Wahlkampfpolemiken keine Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zu Wort gelangt Herr Abg Mag Kowarik.

 

Abg Mag Helmut Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Im Schatten der Diskussion über die EU-Verfassung trat im Mai 2004 eine neue europäische Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG in Kraft, die am 10. März vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde und die in Österreich bis 1. Mai 2006 innerstaatlich umzusetzen sein wird.

 

Wir haben diese Tatsache zum Anlass genommen, in diesem Landtag noch einen Antrag einzubringen, der sich mit den Folgen für Österreich beschäftigt, und ich bedaure sehr, dass hier von Seiten der GRÜNEN in einer eher eigenartigen Art und Weise die Bedrohung abgetan wird, die nicht nur unseren Arbeitsmarkt betrifft, sondern vor allem auch unser Sozialsystem, auch unser Sozialsystem in Wien betrifft. Dass es in dieser Art und Weise abgetan wird, zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass wir diesen Antrag einbringen.

 

Es wird nämlich in diesen Richtlinien festgelegt, dass jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig mindestens fünf Jahre in einem anderen Mitgliedsland aufhält, diesen Aufenthalt unbeschadet eines weiteren Nachweises über das Vorhandensein eigener Existenzmittel und einer Krankenversicherung unbefristet verlängern kann. Er hat dann die gleichen Ansprüche wie Einheimische auf Sozialleistungen wie auch auf andere Leistungen eines Gastlandes.

 

Ich darf hier den Antrag zur Kenntnis bringen:

 

„Die Freizügigkeitsrichtlinie der EU, die im Mai 2004 in Kraft trat und in Österreich bis 1. Mai 2006 umzusetzen sein wird, zeigt bereits, was passiert, wenn man eine EU-Sozialunion anstrebt, die nicht auf die unterschiedlichen ökonomischen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten Rücksicht nimmt.

 

Die Richtlinie, die im Schatten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eingeführt werden wird, nimmt vorweg und konkretisiert die im Artikel II-94 des Vertrages über eine Verfassung für Europa vorgesehenen Rechte für eine Einwanderung in einen Sozialstaat. Künftig soll jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig mindestens fünf Jahre in einem anderen Mitgliedsland aufhält, diesen Aufenthalt unbeschadet eines weiteren Nachweises über das Vorhandensein eigener Existenzmittel und einer Krankenversicherung unbefristet verlängern können. Er hat dann den gleichen Anspruch wie Einheimische auf Sozialleistungen wie auch auf andere Leistungen des Gastlandes. (Abg Dipl Ing Martin Margulies: Bravo!)

 

Jeder Unionsbürger und seine Familienmitglieder haben das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates, nun aber auch nicht Erwerbstätige und deren Familienmitglieder. Sie brauchen lediglich Existenzmittel, wie es im Artikel 6 heißt, für den Aufenthalt von bis fünf Jahre nachzuweisen. Diese dürfen nicht pauschal festgelegt werden, sondern richten sich nach den Verhältnissen des Einzelnen. Vermögen darf nicht als Kriterium herangezogen werden, weil dies diskriminierend wäre. Das heißt konkret, im Zweifel..." - (Abg Mag Rüdiger Maresch: Kollege Kowarik! Sie sind dagegen, oder?) Hören Sie sich trotzdem den Antrag an. -

 

„Das heißt konkret, im Zweifel wird man sich bei Einkommensschwachen, aber vielleicht vermögenden Zuwanderern auch mit Bürgschaften von Landsleuten oder einem Nachweis von geringen Barmitteln begnügen. Es wird leicht sein, einen Nachweis für ein Einkommen zu erbringen, zum Beispiel durch Bescheinigung von Verwandten und Bekannten, die sich pro forma für einen Unterhalt verpflichten. Darüber hinaus ist es schwer zu kontrollieren, ob diese Haftungen dann, wenn sie schlagend werden, auch wirklich eingelöst werden können oder werden. Das wird dazu führen, dass Bürgschaften durch regen Handel vermittelt oder die benötigten Barmittel unter den Zuwanderern zirkulieren werden. Missbrauch werden Tür und Tor geöffnet.

 

Die Leistung eines Sozialstaates stehen dem Zuwanderer auch dann zu, wenn ihm nach Einreise und Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung sein Geld abhanden kommt. Die Richtlinie sieht diesbezüglich auch vor, dass dies nicht automatisch zur Ausweisung des Betreffenden führen darf. Nach fünf Jahren können dann alle Leistungen des Gastlandes auch ohne Auflagen wie Einkommensnachweis bezogen werden.

 

Erwerbstätige, die zuwandern, sind besonders geschützt, auch wenn sie arbeitslos werden. Sie brauchen von vornherein keine Existenzmittel nachzuweisen. Wer länger als ein Jahr gearbeitet hat und anschließend arbeitslos wird, genießt das volle Aufenthaltsrecht und hat entsprechende Ansprüche auf Unterstützung. Nach fünf Jahren darf er dann auch bleiben, auch wenn er immer noch, aus welchen Gründen auch immer, arbeitslos ist. Dann kann auch Sozialhilfe verlangt werden.

 

Die Gründung von Ein-Mann-Gesellschaften verstärken diesen Missbrauch, weil sich Selbstständige und Nichterwerbstätige aus Osteuropa sofort niederlassen können und andere Arbeitnehmer nur nach wenigen Jahren Übergangsfrist.

 

Das EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz, welches eine siebenjährige Übergangsfrist für den Arbeitsmarkt vorsieht, ist kein wirklicher Schutz und wird jetzt schon umgangen. So gibt es zahlreiche Ausnahmen, die es heute schon Arbeitern aus Osteuropa möglich macht, in Österreich zu arbeiten. Laut Erhebungen der Österreichischen Arbeiterkammer waren im letzten Quartal 2004 exakt 41 391 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Beschäftigungsbewilligung aus den neuen EU-Mitgliedsländern in Österreich, fast ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor. Dazu kommen

 

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