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Landtag, 29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 79

 

dieses Gesetz für mich eine Nullnummer.

 

Uns geht es in keinem Fall um die Frage der Fristenlösung. Die steht für uns nicht zur Diskussion, wir bekennen uns zur Fristenlösung. Aber wir hätten uns in dieser sensiblen Frage auch ein sensibles Vorgehen der Stadträtin gewünscht.

 

Demokratisch wäre es gewesen, alle Parteien und Interessensgruppen in diese heikle Frage einzubinden. Es gibt einen Arbeitskreis Frauen. Genau dort hätte man sich der Problematik auch annehmen können. Soweit zum Demokratieverständnis der Mehrheitsfraktion SPÖ.

 

Ich kenne die Abtreibungsproblematik aus eigener Berufserfahrung sehr gut. Ich habe keine moralischen Ansätze und gestehe jeder betroffenen Frau zu, für sich und ihren Lebensweg die Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung zu übernehmen. Nur weiß auch ich aus Erfahrung, dass sich viele Frauen, besonders junge Frauen, die sich in einer Schul- und Berufsausbildung befinden, bei einer ungewollten Schwangerschaft für ein Kind entschieden hätten, hätten sie die Möglichkeit einer umfassenden Beratung und Hilfestellung gehabt. Die psychische Belastung eines Schwangerschaftsabbruchs dauert mitunter ein Leben lang. Hier könnte sich die Frauenstadträtin Wehsely positiv einbringen, wenn sie eine Stadträtin für alle Frauen sein will.

 

Das BZW bringt in diesem Sinn einen Beschlussantrag ein, der folgende Punkte beinhaltet:

 

„Der Landtag wolle beschließen, dass eine psychosoziale Beratung vor, während und nach der pränatalen Diagnose durchgeführt wird, dass der Arzt/die Ärztin nach der medizinischen Beratung auf psychosoziale Beratungsmöglichkeiten, Familienberatungsstellen kostenlos und anonym hinzuweisen hat, ausdrücklich und durch Aushändigung einer Broschüre eine verpflichtende, mindestens dreitägige Nachdenkpause nach der Beratung eingehalten wird, eine Trennung von Beratung und Durchführung der Abtreibung vorzusehen ist. Demzufolge dürfen der beratende Arzt/die Ärztin und der die Abtreibung durchführende Arzt erstens nicht ein- und dieselbe Person sein. Regelmäßige Studien samt Statistik über die aktuelle Situation, Entwicklung, Motive und Folgen von Abtreibungen sollen durchgeführt werden. Der Ausbau von Mutter-Kind-Heimen, Familienberatungsstellen mit Schwerpunkt Schwangerschaftsberatung unter stärkerer Einbeziehung der Väter sowie entsprechender Information für männliche Jugendliche sollen durchgeführt werden.“

 

Somit bringe ich diesen Beschlussantrag ein. (Beifall beim BZW.)

 

Ich darf aus einem wissenschaftlichen Bericht der Zeitschrift “Dialog“ zitieren: „Europäischer Vergleich: Mit Ausnahme Österreichs, Luxemburgs und Portugals liegen für die anderen Staaten der EU in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Angaben über die Häufigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen vor. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Zahlen, die von den in einem Register erfassten Ärzten, Ambulatorien oder Krankenhäusern, die Abtreibungen durchführen, an eine zentrale Stelle gemeldet werden, so genannte Providerregistration. In vielen Ländern erlauben die Statistiken relativ genaue Rückschlüsse, auch die Relation zwischen Geburtenzahl und Abbruchhäufigkeit. Es gibt eine anonyme Geburt und selbstverständlich soll auch ein anonymer Schwangerschaftsabbruch außer Streit stehen.“

 

Es geht nicht darum, wie viele Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr vorgenommen werden. Es geht darum, wie viel psychisches Leid verhindert werden könnte, würden in Wien die Rahmenbedingungen für ein “Ja“ zum Leben bestehen. Noch einmal: Wir vom BZW stehen für Fristenlösung, lehnen aber Abtreibungen zwecks Geburtenkontrolle ab.

 

Frau Stadträtin, Sie und ich, wir sind beide Mütter und wenn wir uns unsere Kinder so ansehen und wenn uns der Gedanke jetzt käme: Hätten wir abgetrieben - was wäre aus diesen wundervollen Geschöpfen geworden... (Abg Martina LUDWIG: Das ist unglaublich! Unglaublich! – Aufregung bei der SPÖ.)

 

Ich appelliere an Sie, Frau Stadträtin, ich appelliere an Sie: Nehmen Sie diesen Gesetzesentwurf zurück und suchen Sie den Dialog, um dieses sensible Thema zu behandeln. (Abg Martina LUDWIG: Das ist ja wirklich un-glaublich! – Große Aufregung bei der SPÖ.)

 

Noch einmal (Beifall beim BZW.), wir sagen...

 

Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner (unterbrechend): Frau Kollegin Trammer, ich möchte Sie nur erinnern: Sie müssen Ihre Rede an alle richten und Sie können nicht eine Person, in dem Fall war das jetzt die Frau Stadträtin, ansprechen.

 

Abg Heike Trammer (fortsetzend): Gut, es sind sehr viele in diesem Saal Mütter, danke für den Hinweis, dann ändere ich meine Rede. Aber ich appelliere trotzdem noch einmal an Sie, Frau Stadträtin: Nehmen Sie diesen Gesetzesentwurf zurück und suchen Sie den Dialog, um dieses sensible Thema zu behandeln. Wir vom BZW sagen Ja zur Fristenlösung, wir sagen Ja zum Leben und wir sagen Ja zur Familie.

 

In diesem Sinne haben wir auch heute einen Initiativantrag für den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Familie in Wien eingebracht. (Beifall beim BZW.)

 

Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau Abg Dr Vana gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

Abg Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es geht heute sicher nicht um das Verbot irgendwelcher Plastikembryonen und schon gar nicht geht es um irgendwelche Appelle an Mütter, Frauen. Es geht heute um die Ablehnung von Psychoterror gegen Frauen und um die Ablehnung von Gewalt gegen Frauen und das ist heute ein wichtiges, frauenpolitisches Thema (Beifall bei den GRÜNEN und der SPÖ.) und geht insofern die ganze Gesellschaft an und alle hier im Saal, egal, ob wir Kinder haben oder nicht, ob wir sie planen oder nicht oder ob wir abgetrieben haben oder nicht.

 

Seit sieben Jahren ist die Situation den freien Zugang zu Abtreibungseinrichtungen betreffend sehr unbefriedigend. Seit sieben Jahren gibt es die Belästigungen

 

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