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Landtag, 2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 65

 

(Beginn um 9.01 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 2. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.

 

Wegen Krankheit entschuldigt ist Herr StR DDr Schock.

 

Hohes Haus!

 

Gestatten Sie mir, bevor wir zur Fragestunde kommen, einige Bemerkungen. Sie wissen, wir haben heuer das Gedenkjahr 1945/1955/2005 durchgeführt, und es ist passend, zur letzten Sitzung im heurigen Jahr - vor Auslaufen dieses Gedenkjahres - nochmals ganz kurz zwei, drei Ereignisse anzusprechen.

 

Am 26. Juni 1945, das heißt vor etwas mehr als 60 Jahren, wurden in San Francisco die Vereinten Nationen als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes zur Wahrung des Weltfriedens gegründet. Genau gestern vor 50 Jahren, am 14. Dezember 1955, wurde unser Land Österreich als Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen. Dieser Beitritt wurde möglich, da es im gleichen Jahr den Abschluss des Staatsvertrages gegeben hatte, durch den unsere Republik völlige Freiheit, aber auch völkerrechtliche Souveränität wiedererlangte.

 

Ich meine, dass diese fünf Jahrzehnte der Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen für uns sehr bedeutende Jahre gewesen sind. Durch umfangreiche aktive Mitarbeit hat sich Österreich hohes Ansehen, aber auch Kompetenz erworben. Vor allem für uns Wiener hat diese Mitgliedschaft noch eine besondere Bedeutung: Wien ist einer der bedeutendsten Amtssitze internationaler Organisationen, und es ist, wie Sie wissen, neben New York und Genf der dritte Hauptsitz des Sekretariats der Vereinten Nationen.

 

Die internationalen Organisationen beschäftigen nahezu 5 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und ein Großteil von ihnen arbeitet in dem 1979 eröffneten Gebäude der UNO-City. Die größte und seit 1957 - also bald nach unserem Beitritt - ansässige Organisation ist die Internationale Atomenergie-Organisation, deren Schwerpunkt sich in den letzten Jahren von der Förderung der Atomenergie zunehmend auf nukleare Sicherheit und die Verhinderung der missbräuchlichen Verwendung spaltbaren Materials verlagert hat. Seit 1967 hat auch die UNIDO ihren Sitz in Wien, und im Zuge der Reformierung der Vereinten Nationen wurde Wien 1997 zum Zentrum aller UN-Bemühungen im Kampf gegen Verbrechen, Drogenmissbrauch und Terrorismus ausgebaut.

 

Wir sind daher mit Recht stolz, glaube ich festhalten zu können, dass wir nicht nur dritter UNO-Standort sind, sondern wir sind auch stolz, die Hauptstadt einer Republik zu sein, die ein aktives UNO-Mitglied gewesen ist und es auch in Zukunft, wie ich hoffe, sein wird. Wir haben das in diesen fünf Jahrzehnten auch in internationalen Friedenseinsätzen mehrfach bewiesen und dafür auch entsprechende Anerkennung bekommen.

 

Hohes Haus! Ich habe dieses unser Engagement und diese unsere Mitgliedschaft für wichtig genug gehalten, um heute daran zu erinnern. Gestern hat es auch einen offiziellen Festakt in der Hofburg gegeben, bei dem der Herr Landeshauptmann ebenfalls das Wort ergriffen hat, vor allem wegen unserer besonderen Wien-Beziehung zur internationalen Staatsgemeinschaft.

 

Gestatten Sie mir diese Bemerkung, da ich selbst es schon als politisch Aktiver erlebt habe: So unbestritten war diese Situation mit Wien als dritter UNO-Stadt zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung getroffen wurde, in Österreich ja nicht. Heute kann man mit Freude festhalten, dass es über alle politischen Parteien hinweg und auch quer durch die Bevölkerung ein hohes Maß an Anerkennung gibt und man auch festgestellt hat, dass es das wert war, sich dafür zu bewerben.

 

Hohes Haus! Noch etwas ist erwähnenswert - weil ich sagte, dass es passend zum Ende des Gedenkjahres ist -: Fast genau vor 60 Jahren fanden hier in Österreich und in Wien wieder die ersten freien Wahlen nach 1930 statt. Die Wahlergebnisse sind nicht nur Historikern bekannt, und man kann sie nachlesen, aber das Entscheidende war: Es haben die Österreicherinnen und Österreicher, vor allem aber auch die Wienerinnen und Wiener über ihre gesetzgebenden und verwaltungsgebenden Körperschaften nach fünfzehnjähriger Unterbrechung wieder frei entscheiden können!

 

Mit fast dem gleichen Tag vor 60 Jahren gab es noch etwas, das es heute nicht mehr gibt, das aber doch wieder die Zeichen der Selbstständigkeit geboten hat. Es war nur mehr der Schilling wieder das Zahlungsmittel, nicht mehr die Reichsmark. Am 20. Dezember 1945 wurde von der Bundesversammlung Karl Renner zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik gewählt, und ebenfalls vor 60 Jahren, fast zum gleichen Zeitpunkt, erfolgte das erste Zusammentreffen des Bundesrates in der Zweiten Republik. Das sollte man auch ansprechen.

 

Hohes Haus! Vielleicht haben Sie es jetzt - und ich hoffe, dass das nicht so ist - als etwas übertrieben empfunden, dass ich das alles hier am Beginn der Sitzung erwähne. Aber ich glaube, dass es ganz gut gewesen ist, nochmals an den Beginn der Zweiten Republik und unserer Freiheit und unserer Selbstständigkeit zu erinnern, damit diese Zeit nicht vergessen wird. Denn ich bin der Auffassung, ganz besonders dürfen die Gräuel des Faschismus und die Leiden, die Kriege verursachen, nicht aus den Gehirnen und schon gar nicht aus den Herzen verdrängt werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

 

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Fragestunde.

 

Die 1. Anfrage (FSP - 05581-2005/0001 - KFP/LM) wurde von Herrn Abg Mag Wolfgang Jung gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Werden Sie sich für eine Änderung der Wiener Gemeindewahlordnung dahin gehend einsetzen, dass - analog der Rechtslage in der Steiermark - schon vor dem eigentlichen Wahltag die Stimme abgegeben werden kann?)

 

Ich bitte um die Beantwortung.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

 

Da wir uns zumindest hier in diesem Haus noch nicht so gut kennen, darf ich zunächst, ohne mich in

 

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