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Landtag, 25. Sitzung vom 25.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 72

 

herbeiführen können.

 

Auch das Kuratorium Wiener Pensionistenhäuser muss seine Aufgaben umorientieren. Der wachsende Bedarf an Pflegeleistungen muss auch in einem neuen Auftrag an das Kuratorium münden. Denn das Kuratorium Wiener Pensionistenhäuser verfügt über viele Rahmenbedingungen, die wohnortnahe, familiär strukturierte Pflege bedeuten würden. Ich glaube, dass es ein klares politisches Bekenntnis geben soll, dass man dem Kuratorium einen entsprechenden Auftrag erteilt.

 

Wir haben am Beginn dieser Woche über das Gesundheitskapitel an sich gesprochen, und Sie erinnern sich, Frau Stadträtin, ich habe von den Turnusärzten gesprochen und von der Ausbildungssituation, die schlicht verbesserungswürdig ist. Warum nicht, Frau Stadträtin, Turnusärzte in den Pflegeheimen einbinden? Da könnten Ärzte etwas lernen, da könnte man vielleicht eine ethische Haltung begründen, die man im ärztlichen Beruf braucht. Warum nicht hier an eine Ausweitung denken?

 

Ich glaube – ich weiß, dass das beim Personal nicht gut ankommt, ich sage es trotzdem –, dass es an der Zeit ist, den 12-Stunden-Dienst in den Geriatriezentren der Stadt abzuschaffen. Eine Haltung, dass jemand sagt, ich gehe im Monat 14 Mal hin, Augen zu und durch, und dann bin ich den Rest der Zeit zu Hause, die ist menschlich sehr verständlich, gleichwohl weder arbeitsmedizinisch noch von der Frage der Qualitätssicherung anzuraten. Das Burn-out-Syndrom droht schneller, und wer die, die Situationen in den Geriatriezentren kennt und den Wechsel und den Abbruch der beruflichen Karriere – manche hören nach zwei, drei Jahren schon wieder auf in der Pflege –, dem muss klar sein, dass das auch etwas mit den Rahmenbedingungen der Arbeit zu tun hat. Also, Frau Stadträtin, machen Sie sich einmal unbeliebt bei den Beschäftigten und sagen Sie: Nein, 12-Stunden-Dienste sind unzumutbar, darum schaffen wir das ab.

 

Ich glaube, dass die Abschaffung des 12-Stunden-Dienstes nämlich zu einer Aufwertung der Pflege führen würde, und ich glaube, dass die Pflege aufgewertet werden soll und muss. Und dazu gehört eine Aufwertung des gesamten Berufsstandes dadurch, dass man nicht nur mit Diplom, sondern mit Matura abschließt, dass allen klar ist, das ist nicht ein Beruf, den man an Migranten und Migrantinnen und an schlecht bezahlte Hilfskräfte delegieren kann, sondern das ist ein wichtiger Beruf, der immer mehr an Verantwortung, immer mehr an Kompetenz erfährt. Wertschätzen wir die Menschen, die in diesem Beruf arbeiten, indem wir ihnen zumutbare Arbeitsbedingungen, ein gerechtes, faires, gutes Gehalt bieten, eine Ausbildung, die diesen Namen verdient, und alltägliche Arbeitsbedingungen in der Arbeit, sodass sie sagen, heute war ich da, und morgen komme ich gern wieder. Ich denke, das ist eine Voraussetzung, dass man lange im Beruf bleibt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Dazu gehört für mich auch, dass wir uns dafür einsetzen, dass es einen Lehrstuhl für Pflegewissenschaften und für Geriatrie gibt. Ich weiß schon, das können wir in der Stadt nicht verordnen, aber die Stimme Wiens sollte da gehört werden – Frau Kollegin Matzka-Dojder signalisiert mir totale Übereinstimmung in diesem Punkt –, und das wertet den Bereich der Pflege im hohen Alter sicherlich auf.

 

Vieles bleibt zu tun, aber ein Anfang ist gemacht. Für uns ist das Glas halb voll, und wir haben nach eingehender Beratung im Grünen Klub beschlossen zuzustimmen. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Es ist schon ein Vertrauensvorschuss, das muss ich Ihnen sagen, ein Vertrauensvorschuss, auf dessen Einlösung wir beharren werden. Er ist mit der Erwartung verbunden, dass jetzt ein Prozess beginnt, in dem sich die Regierungsfraktion ernstlich und mit aller Energie daranmacht, die Reform zu starten, die Konzepte, von denen ich gesprochen habe, auch wirklich vorzulegen und dann ohne Hinsichtl und Rücksichtl und Ausflüchte umzusetzen.

 

Wir werden nicht dulden, dass hier Papier beschrieben wird, sich ein bisschen Staub darauf absetzt und in 10 Jahren entweder Häupl – könnte ja sein, das wäre dann das 20-jährige Jubiläum – oder jemand anderer in der Untersuchungskommission zum x-ten und y-sten Skandal sagen muss – und jetzt Zitat Häupl: „Es gibt nichts zu beschönigen. In Lainz wurden nur 20 Prozent der Beschlüsse von ’Hilfe im hohen Alter’ umgesetzt.“ – Ja, Frau Matzka-Dojder, ich weiß, das haben wir schon gehört. Ich sage es jetzt am Schluss, weil ich eben kooperativ sein möchte in diesem Punkt und weil ich möchte, dass wir in 10 Jahren eine Situation haben, dass wir auf die 100-prozentige Umsetzung der Vorhaben mit dem Pflegeheimgesetz zurückschauen können.

 

Ein Anfang ist gemacht. Ein Vertrauensvorschuss seitens der Grünen gegeben. Sollte er enttäuscht werden, können Sie mit unserem biblischen Zorn rechnen. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Römer: Danke. – Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Korosec. Ich erteile es ihr.

 

Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Seit mehr als 10 Jahren fordert die Opposition – und hier meine ich alle Oppositionsparteien – ein Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz. Und heute ist es so weit.

 

Ein kurzer Rückblick: Anlass war Lainz, die verheerenden Missstände im Juli 2003, mit all den Reaktionen, die bekannt sind und mit denen ich Sie gar nicht mehr länger strapazieren möchte. Am Anfang hat man gesagt, ein bedauerlicher Einzelfall. Ahnungslosigkeit hat sich auch breitgemacht. Es folgten viele Tage der Tatenlosigkeit, aber dann wurde gehandelt. Es wurde der Pflegeombudsmann Vogt eingesetzt, leider ohne rechtliche Konsequenzen, aber die Person Vogt hat natürlich einiges bewirkt. Es haben zwar die Oppositionsparteien all das schon jahrlang aufgezeigt, da hat man es nicht geglaubt, aber Vogt hat man es dann geglaubt. Das ist auch gut so. Ich meine, Hauptsache, man hat dann eben gehandelt. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, man hätte natürlich auch früher handeln können.

 

Es wurde die Untersuchungskommission eingesetzt, die allerdings dann einseitig eingestellt wurde, was wir

 

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